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Vom Baum Der Erkenntniss

Titel: Vom Baum Der Erkenntniss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Gutzkow
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pedantischer, als ein noch auf dem Arm getragenes Kind.
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    Verschiedenes zu Verschiedenem sucht der Sammlerfleiß, Verschiedenes zu Gleichartigem der Scharfsinn, Gleichartiges zu Verschiedenem der Witz, Gleichartiges zu Gleichartigem die Poesie.
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    Unsere besten Gedanken sind nicht diejenigen, die wir finden, wenn wir selbst suchen, sondern diejenigen, die wir finden, wenn wir andern Suchenden nachgehen.
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    Wir leben alle weit mehr unter dem Druck und dem Gesetz der Gattung, als wir glauben. Manche Menschen kommen aus dieser Abhängigkeit so zu sagen vom Centralnervengeflecht der Allgemeinheit nie mehr heraus. In unsrer ersten Entwicklung leben wir jahrelang nur im Charakter anderer Menschen, d. h. wir sprechen, denken und handeln nach Art derer, die uns erziehen, pflegen, die wir vorzugsweise lieben, bewundern lernten oder denen wir auch nur instinktmäßig folgen. Daß wir endlich ein kräftiges, ein eigenes Ich aussprechen können, ist leider erst meistentheils die Folge irgend eines außergewöhnlich herben Geschicks. Erst durch ein persönlichstes Duldenmüssen, durch ein gefahrvolles Angerufenwerden vom Geschick mit unserm eigenen Namen wird die Freiheit, das Bewußtsein des bisherigen Nachtwandlers geweckt. Das ist dann aber auch der Augenblick, mit dem wir für unsere Zukunft stehen oder fallen.Fallen nennen wir die Rückkehr in die Allgemeinheit, die Fortsetzung des Nachtwandelns, die Unbedeutendheit.
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    Von einem Irrthum erlöst, aber auch so recht von ihm erlöst zu sein, gewährt größere Freude, als eine Wahrheit gefunden zu haben.
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    Sicher auch dann würde, wie die Dichter sagen, ein Schauspiel für Götter gefeiert werden, wenn die Menschen in allen Lagen so handeln und immer so denken wollten, wie sie sich in Stammbüchern und Albums geben.
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    Tief glaubst du zu sein? Du bist nur schwerfällig.
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    Suchst du deinem Gemüthe die rechte Wärme des Lebens, so wählst du zuletzt doch nur den sichersten Weg, wenn du – dem Lichte folgst.
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    Schurken gehen ungern ins Theater, wenn sie auch die bewundernswürdige Virtuosität besitzen, sich die Spiegelbilder, die ihnen in erschreckender Treue dort entgegengehalten werden, durch allerhand Unähnlichkeiten, die sie entdecken, doch wieder vom Gewissen hinwegzuräsonniren.
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    Schön ist mir alles, was das, was es sein will, auf eine nicht störende Weise ist.
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    Tief ist der, der auch die schweigenden Menschen und Dinge so versteht, als wenn sie redeten.
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    Die Seele läßt sich aus ihren Schlummerbanden durch ein reines, frohes Leben, durch Anschauen der Natur, durch den Umgang mit guten Menschen lösen, der Geist aber nur durch den Geist.
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    Erwarte von deinem »Feuchtersleben« nicht allzuviel! Aus Lebensmaximen läßt sich kein Leben aufbauen. Nur ein Kitt sind sie, ein Mörtel zum Binden und Befestigen von Kräften, die anderweitig hergenommen werden müssen.
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    Verschiebe nur nicht das Ausspinnen eines Gedankens auf bessere, freiere Stunden! So kommt er dir nicht wieder, wie er im Augenblick des Entstehens da war.
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    Die Handschriftendeuter, die aus Schriftzügen auf unsern Charakter schließen wollen, würden ihre Kunstvervollkommnen, wenn sie lieber aus der Form unserer Schriftzüge auf unsere jeweilige Stimmung schlössen.
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    Warum rührt uns das Schöne? Es schmerzt uns seine Einsamkeit, sein unerwartetes Kommen, sein baldiges Vergehen.
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    Wir haben die der deutschen Sprache eigentümliche Bezeichnung einer »schönen Seele« bekanntlich zuerst von Goethe im »Wilhelm Meister« mit der bestimmten Hindeutung auf ein weibliches, sanftes, christliches Gemüth mit – herrenhuterischer Färbung erhalten. Sollte bei Bildung dieses Begriffs Goethe'n nicht eine Modernisirung des griechischen Kaloskagathos, die verbundene »Güte und Schönheit,« vorgeschwebt haben? K. G. Carus hat folgende Definition gegeben: »Unter dem Ausdruck einer »schönen Seele« pflegen wir eine eigenthümliche Reinheit und innere Großartigkeit der Fühlung im Gemüthe und der einfachen Klarheit im Erkennen und Wollen zu bezeichnen.« Sinnig sind die körperlichenMerkmale, die Carus von der schönen Seele angibt. Er spricht ihr eine Hand zu, die er die psychische nennt und die aus feinen, schlanken, verlängerten Fingern und ebenso verlängerten Nägeln bestehen soll. Es ist nicht gesagt, daß sich diese Hand immer nur bei solchen vornehmen Frauen findet, die in der trägen Beschaulichkeit ihrer Boudoirs mit einem feinen englischen

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