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Vom Baum Der Erkenntniss

Titel: Vom Baum Der Erkenntniss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Gutzkow
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einzelnen unwiderstehlichen Reiz zu fesseln vermögen. Den gemeinen Mann vielleicht durch gute Küche, den Genius durch ein reizendes schalkhaftes Lächeln mit stets sichtbar werdenden Perlenzähnen.
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    Durch die Ehe werden weit mehr die Männer als die Frauen enttäuscht. Nur verhindern unsre Institutionen, daß die ersteren davon soviel Aufhebens machen können, wie die letzteren.
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    Eine schmerzliche Enttäuschung ist es, wenn man sich ein weibliches Wesen ausgeschmückt dachte mit allen Reizen innerster Anmuth, mit Empfindungen, ganz würdig, Liebe und Phantasie herauszufordern, mit einer Unschuld des Herzens, die dem vollen Zauber der äußeren Schönheit entspricht und man findet dann bei näherem Erkennen ein kleinliches, endliches, leidenschaftliches, eitles, durch und durch geringfügiges Wesen und Streben.
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    Das ist so ungroßmüthig in einer nicht glücklichen Ehe, daß man darum, weil man sich einander näher als zu andern Menschen gerückt ist, dem nächsten Angehörigen die Ausbrüche von Ungeselligkeit und Leidenschaft zu empfinden gibt, von denen die Fernstehenden verschont bleiben.
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    Die Klagen der Männer über die christliche Welt, die unsere Frauen aus dem Sklavenzwinger entließ und sie zu Genossinnen, ja Gebieterinnen unseres eigenen Lebens machte, müssen verstummen, wenn man die Bewährungen einer edeln Weiblichkeit sieht, eine Tochter, dieihren Eltern die Sorgen der Existenz erleichtert, eine Gattin, die dem Unglück keine Entstellung des Bildes ihres Gatten gestattet, eine Wittwe, die mit dürftigen Mitteln die Würde ihres Namens behauptet und ihren Kindern den verlornen Vater ersetzt.
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    Man empfiehlt in hundert und aber hundert Erziehungsschriften das Nachdenken und bei Männern, die ohnehin durch ihren Beruf und die Regung ihres Blutes gewappnet sind gegen die Zukunft, was sie auch bringe, ist dies wol auch die richtige Aufforderung. Kraft und Weisheit sollen sie sich aus der Vergangenheit holen. Frauen aber sollte man zum Vordenken erziehen. Es gibt auf dem Schädel des Menschen, abschüssig nach dem Hinterkopf zu und vom Organ der Verehrung aus, eine Stelle, die Gall das Organ der Vor- und Voraussicht genannt hat. Bei den meisten Frauen geht es dort gar flach abwärts. Wer im Glück aufwächst, keine Elternsorge sah, wem frühzeitig immer Das zu Theil wurde, was ihm nothwendig erschien, der lernt jene Voraussicht selten kennen, die sich denn auch bei weiblichen Charaktern da nur bildet, wo theilsangeborene Anlage stattfindet, theils in aktiver Veranlassung weise, in passiver unruhige, widerspruchsvolle, unbestimmt handelnde Eltern frühzeitig die Kinder zwangen, die Sorgen des Hauses mit auf sich zu nehmen, ja nicht selten allein durchzuführen und bei Zeiten die Führer und Lenker in der Familie zu werden. Je geregelter aber die Eltern, desto mehr müssen sie bedacht sein, bei ihren Kindern dem Hang zur Sorglosigkeit zu steuern. Sorglosigkeit nennen wir hier jenen Mangel an Phantasie, der sich ein nächstes Bedürfniß nicht als gegenwärtig vorstellen kann. Wem diese Gabe der Voraussicht fehlt, muß ihn nicht jedes Eintreffende überraschen? Frauen dieser Art sind wirtschaftlich und haben doch keine Eintheilung. Sie sind den Tag über rastlos und finden doch nie eine Befriedigung ihrer Mühe. Jedes Kleinste, das sie bei etwas Phantasie und voraussichtlicher Combination erwarten mußten, befremdet sie: jedes Kleidungsstück, dessen Natur es ist, allmählig abgenutzt zu sein, erbittert sie. Sagte ihnen da die Voraussicht, wie die Umstände es mit sich bringen, daß eine Lücke eintritt, sähen sie innerhalb eines begrenzten Horizonts diese Lücken allmählig entstehen, sähen sie mit ergebener Toleranz in die sich von selbst verstehenden Thatsachen der Zukunft, siewürden nicht durch das Eintreffen derselben ewig aufgeregt werden. Diese Frauen sind unfähig, einen Gesellschaftsabend zu ordnen. Sie sehen nichts, was doch kommen muß, keinen Zwischenfall, keine an sich außerordentliche, aber für gewöhnlich immer eintretende Störung. Sie laden zu Tisch; es fehlt an Ordnung sowohl wie an Reichlichkeit. Der sinnige Fernblick, der sich schon jedes Kommende als gegenwärtig ausmalen kann, ist bei ihnen nicht angeleitet worden, Umstände, die vom Willen unabhängig sind, mit in Rechnung zu bringen.
    Wenn man in der Erziehung der Frauen von Verinnerlichung des Gefühls spricht, so geben die Weisheitslehrer dazu Anleitungen, die auf ein gründliches Zurechtlegen des

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