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Vom Dämon besessen

Vom Dämon besessen

Titel: Vom Dämon besessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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scharfe Licht von
Scheinwerfern enthüllte deutlich jede Einzelheit.
    Eine
bemitleidenswert kleine Gestalt lag fast in gerader Linie unter mir mit
ausgestreckten Gliedern auf dem Rücken und bildete einen unregelmäßigen dunklen
Fleck auf dem reinen weißen Betonboden des Schwimmbeckens. Für eine
unbehagliche Sekunde bildete ich mir ein, der graue Klecks von der Größe eines Zehncentstücks — der Larry Golds Gesicht sein mußte — ,
starrte mit vorwurfsvollem Ausdruck in den blicklosen Augen zu mir empor.
    »Sie
haben wirklich genau den richtigen Zeitpunkt erwischt, um das Schwimmbecken
auslaufen zu lassen und es zu reinigen, nicht ?« sagte
Toni zitternd.
    Ich
richtete mich langsam auf und merkte, daß die leichte Brise völlig nachgelassen
hatte und alles still war. Selbst das Mädchen neben mir schien vorübergehend zu
einer weißen Marmorstatue erstarrt zu sein, und der einzige Laut, der aus dem
Schlafzimmer drang, war Larry Golds Stimme, die unentwegt dieselben idiotischen
Texte sang, ein hilfloser Sklave der mechanischen Tyrannei des Plattenspielers,
ausgelöst durch eine winzige Vorrichtung, die für dauernde Wiederholung sorgte.
    Unsre Liebe schien der Himmel zu sein—wie kommt es,
daß ich jetzt um dich wein’?
    Die
Stimme hielt einen Augenblick lang inne, und ich bildete mir ein, das schwache
Klicken zu hören, mit dem der Tonabnehmer wieder zum Beginn der Platte
zurückschwenkte. Neben mir schauderte Toni plötzlich und wandte sich vom
Geländer ab.
    »Ich
wußte gleich, daß er tot war, als ich hinunterblickte und ihn auf dem Boden des
Schwimmbeckens liegen sah«, sagte sie mit dumpfer leerer Stimme. »Aber je
länger ich dastand und auf ihn hinuntersah, desto mehr begann ich zu hoffen, er
sei doch nicht wirklich tot, nur vielleicht verletzt. Ich dachte, wenn ich mich
die ganze Zeit völlig auf ihn konzentrierte, könnte ich ihn vielleicht dazu
bringen, einen Arm oder ein Bein zu bewegen, damit ich wüßte, daß er nicht...«
    »Wann
ist es passiert ?« fragte ich.
    »Vor
langer Zeit.« Sie zuckte hilflos die Schultern. »Mir kommt es vor, als seien es
tausend Jahre .«
    »Wie
lange hat es gedauert, bis Sie mich anriefen, nachdem es geschehen war ?« fragte ich beharrlich.
    »Ich
erinnere mich nicht .«
    »War
es sehr lange, nachdem Lisa und ich das Haus verlassen hatten? Nachdem Sie
miteinander gerauft hatten ?«
    »Ich
weiß es nicht, Rick .« Sie schüttelte in wilder
Verzweiflung den Kopf. »Ich schwöre Ihnen, ich weiß es nicht .«
    »Okay,
schon gut«, sagte ich. Dann nahm ich ihren Arm und schob sie vom Geländer weg
auf die offene Glastür zu.
    In
dem vergleichsweise hellglänzenden Licht im Schlafzimmer sah ich, daß ihr
Gesicht eine starre weiße Maske war, in der die Augen wie zwei dunkle Flecken
saßen. Ich brachte sie dazu, sich auf den mit weißem Satin bezogenen Stuhl
neben der Kommode zu setzen, suchte nach dem Ort, wo sie den Alkohol
aufbewahrte, und flößte ihr einen tüchtigen Schluck reinen Scotchs ein. Sie
nickte, als ich sagte, ich müsse sie für kurze Zeit verlassen, sei aber in fünf
Minuten zurück.
    Ich
ging zur Eingangstür hinaus, ließ sie offenstehen, um zu vermeiden, Helga beim
Zurückkommen erneut zu stören, wanderte um das Haus herum und stieg die zum
Schwimmbecken führende Treppe hinunter.
    Larry
Gold lag auf dem weißen Betonboden am seichten Ende des Beckens. Ich sprang
hinein und betrachtete ihn genau. Er war natürlich tot; es wäre ein Wunder
gewesen, wenn er den gut zwanzig Meter tiefen Sturz auf den Beton überlebt
hätte. Die Übelkeit erregenden feuchten dunklen Flecken, die über den gesamten
Boden des Schwimmbeckens verspritzt waren, waren ein stummer Beweis dafür, daß
kein Wunder geschehen war.
    Sein
Gesicht war verzerrt, der Mund noch immer wie zu einem lautlosen
Entsetzensschrei geöffnet, und in den blaßblauen Augen lag ein Ausdruck erstarrter Furcht. Das lange weizenblonde Haar war von
Blut verkrustet, und ich empfand ein dumpfes Gefühl der Dankbarkeit, daß nicht
ich es war, der die Leiche wegtransportieren mußte. Ich blieb ein paar Sekunden
lang stehen und starrte auf ihn hinab, und dann kam mir der Gedanke, daß irgend etwas nicht stimmte, aber ich wußte nicht recht, was.
Das Ganze entwickelte sich rapide zu einer dieser Situationen, die einen rasend
machen können — wie zum Beispiel jener, daß man sich auf einen Namen, den man
an sich kennt, besinnen muß, während der Besitzer des Namens abwartend vor
einem steht — und ich

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