Vom Dämon besessen
schwarzes Haar war mit Grau vermischt und begann,
dünn zu werden; sein kleiner Schnurrbart war mit militärischer Präzision gestutzt,
während seine kleinen, leicht blutunterlaufenen Augen einer unsichtbaren
Ordonnanz schweigende, aber scharfe Befehle zu erteilen schienen.
»Ich
bin Holman«, gab ich zögernd zu. »Sie sind Tyler Morgan ?«
»Natürlich«,
bellte er. »Haben Sie bereits die Polizei benachrichtigt ?«
»Lisa
bat mich, zu warten und es Ihnen zu überlassen«, sagte ich.
»Sehr
gut.« Seine Augen drückten gedämpfte Anerkennung aus.
Eine
Medaille würde Holman nicht gerade bekommen, aber wenn er sich weiter gut
hielt, würde er vielleicht das nächste Mal, wenn der General mit seinen
jüngeren Offizieren speiste, eine Einladung erhalten.
»Wo
ist die Leiche ?«
Da
war es wieder, dachte ich mordlustig — das große dynamische Genie, das die
Einzelheiten beiseite läßt und geradewegs zum Kern des Problems vorstößt. Wenn
ich noch länger den Kammerdiener dieser Napoleon-Imitation spielen mußte, würde
die Szene damit enden, daß ich ihm aus schierer Lust den Hals umdrehte.
Ich
führte ihn auf die Terrasse hinaus und wartete, während er sich über das Geländer
beugte und den winzigen Körper betrachtete, der einen unregelmäßigen Fleck auf
dem sauberen hellen Betonboden des Schwimmbeckens bildete.
Schließlich
richtete er sich wieder auf. Sein Rücken war steif wie ein Ladestock, während
er nüchtern die Verantwortung seines neuen Kommandos übernahm.
»Wie
ist das passiert ?« Der scharfe Ton seiner Stimme
drückte aus, daß ein wirklich fähiger Lieutenant in erster Linie vorbeugende
Maßnahmen ergriffen hätte.
Ich
berichtete ihm, was Toni mir erzählt hatte: Larry Gold hatte auf der Terrasse
herumgealbert; er war auf das Geländer gestiegen, hatte versucht, mit einem
Bein darauf zu balancieren, und war rückwärts abgestürzt.
»Junger
Idiot !« krächzte er. »Er ist natürlich tot !«
»Natürlich«,
sagte ich kalt und überlegte, daß es an der Zeit sei, mich selber bis zur
Ranggleichheit zu befördern.
»Die
Sache muß mit großer Diskretion behandelt werden .« Er
überlegte einen Augenblick lang tief. »Die Publicity wird gigantisch sein! Aber
mit Reportern werde ich fertig — mit der Polizei auch! Offen gestanden ist es
das Mädchen selbst, das mir Sorge macht, Holman. Ich meine, warum hat sie Sie
um Hilfe gebeten, nachdem der junge Idiot dort hinuntergestürzt war? Warum hat
sie nicht einen zu sich gebeten, der ihr nähersteht — jemanden, von dem sie
weiß, daß sie sich auf ihn verlassen kann — wie Naomi oder auch mich ?«
»Wahrscheinlich
wird sie einen ganz trivialen Grund haben«, sagte ich leichthin. »Vielleicht
kann sie Sie zum Beispiel alle beide nicht ausstehen ?«
»Was?«
Einen Augenblick lang konnte er nicht glauben, richtig gehört zu haben, aber
dann sah er mein Gesicht. »Mich können Sie beleidigen, wenn Sie wollen,
Holman«, krächzte er. »Aber lassen Sie Naomi aus dem Spiel. Ja? Sie hat ihr
ganzes Leben der Karriere dieses Mädchens gewidmet, und ich werde mir keine
grausamen und bösartigen Verleumdungen von Ihnen oder irgend jemandem sonst
bieten lassen !«
»Vielleicht
hätte sie dem Mädchen auch persönlich gelegentlich etwas Zeit widmen sollen ?« sagte ich. »Aber das ist nicht mein Problem, General, es
ist das Ihre — Ihrem eigenen Wunsch entsprechend. Bewältigen Sie es also mit
guter Haltung !«
FÜNFTES KAPITEL
A ls ich ins Schlafzimmer zurücktrat, stellte
ich fest, daß in meiner Abwesenheit einige Veränderungen vorgenommen worden
waren; das Zimmer war jetzt, bis auf das sanfte Licht der abgeschirmten
Nachttischlampe neben dem Bett, in Dunkelheit gehüllt. Als sich meine Augen an
die matte Beleuchtung gewöhnt hatten, sah ich Toni zusammengerollt und fest
schlafend auf dem Bett liegen, ihr weißes Négligé ordentlich und dekorativ um sie gebreitet.
Naomi Prostett stand vom Ende des Betts, wo sie gesessen
hatte, auf und kam auf Zehenspitzen, einen Finger an den Lippen, in der Pose
einer Krankenschwester auf mich zu.
»Ich
glaube, das beste für Toni ist, sich jetzt ein bißchen auszuruhen«, flüsterte
sie heiser. »Ein Glück, daß ich sie Helga mitnehmen ließ, als sie sich dieses
Haus gekauft hat und so entschlossen war, allein darin zu leben! Helga war seit
Jahren bei mir gewesen. Wissen Sie? Wunderbar tüchtig, absolut ergeben und eine
gute Freundin dazu.« Sie seufzte leise. »Manchmal glaube ich, wir
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