Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
brauchte? Keine Ahnung, aber ich wusste, dass der Fluss jetzt nur noch ein Fluss war. Ich frage mich, ob man mein Auto bergen kann. Und was sie über die Schäden denken werden. Im Haus meiner Tante war ich kaum in der Lage gewesen, eine blaue Kugel in meiner Hand erscheinen zu lassen, aber vor ein paar Minuten hatte ich genug Energie sammeln können, um ein Auto in Stücke zu reißen.
Und selbst das hätte vielleicht nicht gereicht, wenn der alte Fischer nicht in der Nähe gewesen wäre.
Ich wandte mich ihm wieder zu. „Vielen Dank“, sagte ich. „Ich kenne nicht mal Ihren Namen.“
Er lächelte ein freundliches, offenes Lächeln. „Raimer. Hilery Raimer.“
„Den Namen werde ich mir merken.“
Er nickte und sah wieder zum Fluss. „Wollen Sie mal was Komisches hören? Sie werden glauben, ich bin verrückt …“
„Ich bin die Letzte, die irgendjemanden für verrückt halten würde“, sagte ich mit einem schwachen Grinsen.
Er schnaubte. „Das Komische war … ungefähr fünf Minuten bevor Ihr Wagen in den Fluss gestürzt ist, habe ich hinter der Biegung geankert. Niemand hätte Ihren Wagen abstürzen sehen, und selbst wenn ich es gehört hätte, wäre ich niemals rechtzeitig bei Ihnen gewesen.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber ich hätte schwören können, dass eine Frau nach mir gerufen hat.“ Er warf mir einen unsicheren Blick zu.
„Reden Sie weiter“, drängte ich ihn.
Er zuckte die Achseln und versuchte die Sache herunterzuspielen. „Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich einfach zu lange in der Sonne gewesen. Aber ich hätte schwören können, dass ich eine Frau habe schreien hören: Hey, alter Mann, schwing deinen knochigen Arsch zu der Brücke. Meine Wichte … Gefahr !“ Er lachte kopfschüttelnd. „Haben Sie schon mal von einem Schutzengel gehört, der Gartenzwerge sammelt?“
Ich lachte ebenfalls – während mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Meine Wichte?
Oder meine Nichte ?
27
Sobald ich auf eigene Verantwortung das Krankenhaus verlassen hatte, ließ ich mich von Jill zum Pflegeheim bringen, damit ich nach meiner Tante sehen konnte. Die Worte des Anglers gingen mir nicht mehr aus dem Kopf, während ich mit meiner Marke in der Hand am Empfang und den Schwestern vorbeistürzte und jedem die Zähne zeigte, der Anstalten machte, sich mir in den Weg zu stellen.
Aber als ich ihr Zimmer erreichte, bekam ich den Schreck meines Lebens.
„Wo ist sie?“ Ich wandte mich von Tessas leerem und frisch gemachtem Bett ab und starrte die Schwesternhelferin an, die mir nachgeeilt war. Unbeschreiblicher Schmerz drohte, wie eine Woge über mir zusammenzuschlagen, während ich in Gedanken schnell die Möglichkeiten durchging, warum Tessa nicht in ihrem Bett lag.
„Ich habe doch versucht, es Ihnen zu sagen“, keuchte die Schwesternhelferin. „Sie ist auf eine andere Station verlegt worden.“ Das junge Mädchen biss sich auf die Lippe und zögerte.
Mein aufsteigendes Entsetzen raubte mir schlicht den Atem. „Wo ist sie? Lebt sie noch?“
Die Schwesternhelferin nickte, was eigentlich nur beruhigend wirken sollte. „Sie brauchte eine intensivere Pflege, als sie sie hier bekommen kann.“
Ich fixierte das Mädchen. „Wird sie jetzt beatmet?“
Ich hatte mich geistig schon auf diese Möglichkeit eingestellt, weil ihr Körper immer mehr verfallen war, aber es war immer noch ein harter Schlag, als die Schwesternhelferin seufzte und nickte.
„Ja. Erst seit ein paar Stunden. Wir haben versucht, Sie anzurufen, aber es ist niemand rangegangen.“
„Mein Telefon ist nass geworden“, untertrieb ich drastisch und ziemlich benommen. „Ich muss zu ihr.“
„Natürlich“, murmelte die junge Frau. „Hier entlang bitte.“
Sie führte mich in den dritten Stock in einen Bereich des Pflegeheims, der eher wie ein Krankenhaus aussah, mit piependen Monitoren und Schläuchen und einer Atmosphäre völliger Hoffnungslosigkeit. Sie zeigte mir einen Raum, in dem noch drei andere Patienten lagen, alle waren jeweils durch einen Vorhang voneinander getrennt.
Ich weiß nicht, wie lange ich dort stand und darum kämpfte, mir klarzumachen, dass dies tatsächlich der Körper meiner Tante war und nicht nur ein verwesendes Stück Fleisch. Das Einzige, was noch entfernt an Tessa erinnerte, war ihr blonder Wuschelkopf, und selbst ihr Haar schien schlaff und leblos an ihrem Schädel zu kleben.
Schließlich ging ich die paar Schritte zu ihrem Bett und zwang mich, ihre schlaffe Hand zu ergreifen.
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