Vom Dämon versucht - Rowland, D: Vom Dämon versucht
Ich zitterte, als ich die Leere spürte. Komm schon, Tessa , sprach ich in Gedanken mit ihr. Ich weiß, dass du irgendwo da draußen bist. Du musst zurückkommen. Es ist wirklich Zeit, dass du wiederkommst. Schließlich spürte ich eine sanfte Hand auf meiner Schulter, und als ich aufsah, stand zu meiner Überraschung Jill neben mir. Dann begriff ich, dass sie schon die ganze Zeit bei mir war und schweigend und regungslos gewartet hatte, um mir die Zeit zu geben, die ich brauchte.
„Komm jetzt, Kara“, sagte sie sanft. „Du musst nach Hause fahren. Es ist ein langer Tag gewesen. Hier wird gut für sie gesorgt.“
Ich sah sie einige Sekunden lang an, dann nickte ich und ließ Tessas Hand zurück auf die Bettdecke gleiten. Ich wusste, ich sollte mich von Mr. Raimers Bemerkung ermutigt fühlen, denn offensichtlich geschah irgendetwas mit Tessa. Vielleicht war sie bereits auf dem Weg zurück. Aber ich spürte nur das verzweifelte Bedürfnis, irgendeinen Fortschritt zu sehen, nur ein Zucken, weil sie etwas mitbekam. Stattdessen blickte ich nur auf ihren dahinsiechenden Körper, der sicherlich nicht mehr lange durchhalten würde.
Als ich den Raum verließ, fühlte ich mich unglaublich leer und schwer. Ich ging den Flur hinunter zum Lift, doch plötzlich fuhr ich herum und lief zum Schwesternzimmer.
„Meine Tante stirbt nicht!“, knurrte ich die Schwester hinter dem Tresen an. „Haben Sie mich verstanden? An ihrem Bett hängt keine Anweisung, dass sie nicht wiederbelebt werden soll. Falls sie irgendwelche Probleme bekommt, werden Sie verdammt noch einmal alles in Ihrer verdammten Macht Stehende tun, um sie am Leben zu erhalten. Haben Sie das kapiert?“ Ich spürte Jills Hand auf meinem Arm, aber sie zog mich nicht weg. Wahrscheinlich wollte sie nur sichergehen, dass ich lediglich jemanden anschnauzte und nicht noch aggressiver wurde, um meine Worte zu unterstreichen.
Ich widerstand dem Drang, meine Worte zu wiederholen. Es würde doch nichts nützen, das war mir klar. Sollte sie einen Herzstillstand erleiden, würde wahrscheinlich die normale Routine eingeleitet, aber niemand würde sich besondere Mühe geben. Es würde ein gut gemeinter, aber unangebrachter Versuch sein, meiner Tante und mir die qualvolle Warterei auf das unvermeidliche Ende zu ersparen.
Ich blickte Jill an. „Ich möchte nach Hause.“
Sie nickte und führte mich davon.
28
Ein lautes Hämmern gegen meine Haustür riss mich aus dem womöglich tiefsten Schlaf meines Lebens. „Das soll wohl ein Scherz sein“, stöhnte ich, während ich mir das Kissen über den Kopf zog. Ich brauchte Schlaf. Und ich hatte ihn mir verdient.
Drei Sekunden später trommelte wieder jemand gegen die Tür. Ich hob eine Ecke meines Kissens an und warf einen verschlafenen Blick auf meinen Wecker, der mir zeigte, dass es neun Uhr morgens war. Okay, dann hab ich eben zwölf Stunden geschlafen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich nicht noch mehr Schlaf verdient habe. Besonders nach dem fürchterlichen Tag, den ich hinter mir hatte.
Ich seufzte, als erneut gegen die Tür geschlagen wurde. Ich brauchte gar nicht erst zur Tür zu gehen, um zu wissen, wer es war. Es gab nur einen einzigen Menschen, der sich die Mühe machen würde, hier rauszufahren, um mich anzubrüllen. Und ich hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass er brüllen würde. Leise fluchend schwang ich mich aus dem Bett und stöhnte, als sich sofort jeder einzelne blaue Fleck, jede Schramme und jeder gezerrte Muskel meldete. Ich tappte zur Haustür und zog sie auf, ohne vorher einen Blick durch den Spion zu werfen.
„Dein Auto ist von einer verdammten Brücke gefallen, und du hältst es nicht einmal für nötig, mich anzurufen?“
Ich blinzelte in die Morgensonne und sah Ryan vor mir stehen. Sein Gesicht war wutverzerrt, und eine kleine Ader zeichnete sich auf seiner linken Schläfe ab. Er wirkte nicht, als würde er gleich die Beherrschung verlieren. Das war schon längst geschehen.
„Mein Handy ist nass geworden“, sagte ich. Ich hatte durchaus drüber nachgedacht, ob ich ihn anrufen sollte. Ganz kurz. Aber ich hatte einfach nicht mehr die emotionale Kraft aufbringen können, die ich dafür benötigt hätte, besonders da unser letztes Gespräch nicht unbedingt ein angenehmes Ende gefunden hatte.
Er gab einen erstickten Laut von sich. „Dein Handy ist …“ Seine Hand schloss sich um sein eigenes Telefon, und einen kurzen verrückten Moment lang glaubte ich, er würde es
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