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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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später alles erzählen. Aber momentan schien mir nicht der richtige Zeitpunkt dafür zu sein.
    Für diesen Abend reichte es mir an aufregenden Situationen. Auch wenn ich weiterhin meine Augen aufhalten wollte, ob Damonen oder ähnliche Monster meinen Weg kreuzten, so fand ich doch, dass ich mir einen geruhsamen Abend verdient hatte. Einmal im Leben wollte ich so tun, als ob ich eine ganz normale Mutter mit einem ganz normalen Leben in einer ganz normalen Stadt wäre.
    Diese Illusion hielt genau zwei Stunden und sechsunddreißig Minuten an. Danach kehrten Allie, Laura, Mindy und ich nach Hause zurück, nur um festzustellen, dass unsere Haustür sperrangelweit offen stand. Drei Polizeiautos parkten vor dem Haus, und ihre blauen, weißen und roten Lichter erhellten unserer Straße.
    Timmy!
    Panik ergriff mich, als ich die Wagentür aufriss und heraussprang, noch ehe Laura Zeit hatte, zu bremsen. Ich stürzte zur Tür und rief den Namen meines Jungen, während schreckliche Bilder durch meinen Kopf schossen.
    Ein Polizist in Uniform stand in unserer Tür und hielt die Hand hoch, um mich aufzuhalten. Ich schlug seinen Arm beiseite und rannte weiter, wobei ich beinahe Sylvia umgerissen hätte.
    »Es geht ihm gut«, sagte sie, legte mir ihre Hände auf die Schultern und sah mich an. »Es geht uns allen gut. Niemand ist verletzt. Bei euch ist eingebrochen worden. Es herrscht ein totales Chaos, aber niemand wurde verletzt.«
    »Wo ist er?«, wollte ich wissen. Es fiel mir schwer, ihr zu glauben, ehe ich nicht meinen Liebling mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Sylvia musste jedoch gar nicht antworten. Timmy kam schon im Schlafanzug auf mich zugerannt. Triumphierend hielt er ein Paar Handschellen hoch. »Mami, Mami! Ich bin ein Defektiv!«
    Ich hob ihn hoch und drückte ihn an mich. Für einen Moment schloss ich die Augen, um den Schrecken zu vergessen, der mich gepackt hatte. Allie, Laura und Mindy kamen nun ebenfalls ins Haus gerannt. Ich spürte, wie meine Tochter die Arme um uns beide schlang. Ihr leises Schluchzen brach mir beinahe das Herz.
    »Es ist alles in Ordnung«, beruhigte ich sie. »Es geht ihm gut. Alles okay.« Immer wieder wiederholte ich diese Worte. Vielleicht würde ich sie dann irgendwann ja selbst glauben.
    Nachdem ich meine Kinder eine halbe Ewigkeit lang festgehalten hatte, bat ich Allie, für einen Moment auf Timmy aufzupassen. Es schien ihm wirklich gut zu gehen. Meine Tochter jedoch sah genauso mitgenommen aus, wie ich mich fühlte. Und das war nicht verwunderlich. Sie und ihr Bruder hatten sich schließlich erst im vergangenen Spätsommer in einer lebensgefährlichen Situation befunden.
    Timmys Alpträume waren nach einer Weile verschwunden, aber ich wusste, dass Allie die Erinnerungen an jenen Abend noch immer quälten. Ich wusste auch, dass ich nichts anderes tun konnte, als sie wissen zu lassen, dass ich immer für sie da war, wenn sie mich brauchte. Wir müssen uns alle irgendwann unseren Dämonen stellen. Und jeder muss das auf seine Weise tun.
    In meinem Fall stellten natürlich viele dieser Dämonen eine greifbare Realität dar. Als ich im vergangenen September entscheiden musste, ob ich wieder in den aktiven Dienst wollte, quälte mich vor allem die Frage, was mit den Dämonen in San Diablo geschehen würde, wenn ich sie nicht jagte. San Diablo brauchte einen Jäger – so viel war klar. Die Stadt brauchte jemanden, der dazu ausgebildet war, das Böse zu bekämpfen. Jemanden, der auf der Seite des Guten stand.
    Doch in diesem Moment fragte ich mich, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte, als ich in die Forza zurückgekehrt war. War es klug von mir gewesen, mich wieder in Gefahr zu bringen? Wenn ich mit dieser Entscheidung einen Irrtum begangen hatte – war es dann inzwischen zu spät, ihn zu berichtigen?
    Ich wusste keine Antwort auf diese Fragen, vor allem nicht in diesem Moment, als meine Tochter voll Entsetzen unser durchwühltes Haus begutachtete. Timmy rannte währenddessen mit den Handschellen durch die Zimmer und jagte einen jungen blonden Polizisten, der für ihn belustigt die Rolle des bösen Buben spielte.
    »Was ist passiert?«, fragte Laura. Sie stand neben mir, nahm meine Hand und drückte sie sanft.
    Sylvia erzählte uns, wie sie etwas gehört hatte und aus dem Haus gerannt war, um zu sehen, was los war. Sie hatte das Blaulicht und die Polizeiwagen an unserem Ende der Straße entdeckt und sich einen Moment lang Sorgen gemacht, es aber eher für unwahrscheinlich

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