Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
versuchen würde, dich zu einer Dummheit zu überreden? Dass du da nicht mitmachen sollst?«
Als Alvin das alles nun wiederholte, fiel mir wieder ein, dass Marcus mir das alles gesagt hatte. »Ja.«
»Hast du ihm geglaubt?«
»Ich weiß es nicht mehr.«
»Joe?«
»Ich kann nicht schwimmen. Müssten wir denn viel schwimmen?«
»Ich brauche dich, Joe.«
Das hatte ich noch nie von ihm gehört, und daher hatte ich auch keine Ahnung, wie sehr es mir gefallen würde. Ich war noch nie auf einem Segelboot gewesen, und ich wusste gar nichts übers Meer. Ich wusste nicht, ob wir Wale fangen oder in einem Haus aus Schnee wohnen oder irgendwo im Dschungel einen Fluss hinuntertreiben würden, aber es war aufregend, mir vorzustellen, dass ich mit ihm um die ganze Welt segelte. Und ich glaube, wir hätten es wirklich auch gemacht, wenn wir ein bisschen mehr Zeit gehabt hätten.
»Ich brauche dich«, wiederholte Alvin. »Momentan bist du so ziemlich der einzige Mensch, den ich ertragen kann. Ich hatte in letzter Zeit einiges Pech.«
»Was ist passiert?«
»Sie ist weg.« Er legte die Hände über die Augen und zitterte plötzlich am ganzen Körper. Einen Augenblick lang dachte ich, er lacht, aber dann merkte ich, dass er schluchzte. Er versuchte, die Augen bedeckt zu halten, doch die Tränen liefen ihm unter den Händen hervor. Da weinte auch ich.
»Hör auf«, sagte er. »Nicht weinen, Joe.«
»Ich kann nicht anders.« Ich wischte mir das Gesicht ab und schnäuzte mich in eine Serviette, aber ich konnte nicht aufhören. Das passierte mir immer, wenn Alvin weinte, und ich konnte nichts dagegen tun. »Entschuldige«, sagte ich.
»Bitte hör auf damit. Ich ertrage es nicht.«
»Dann hör du auch auf. Hör auf zu weinen.«
»Du weißt ja gar nicht, warum du weinst.«
»Es ist nicht meine Schuld«, sagte ich. »Du hättest gar nicht erst damit anfangen sollen.«
»Okay, ich höre auf. Sofort. Verdammt, Joe.«
Alvin holte ein paarmal tief Luft und schaffte es, sich einigermaßen zu beruhigen. Ziemlich bald hörte ich dann auch auf. »Also gut, jetzt weint keiner mehr. Hast du schon mal gesehen, dass ich eine Zigarette rauche?«
»Nein.«
»Na, dann wirst du es gleich. Ich habe heute damit angefangen.« Schon bald hatte Alvin eine Zigarette im Mund. Er nahm eine Schachtel Streichhölzer vom Tisch. »Es heißt, eine Zigarette kostet einen eine Viertelstunde Lebenszeit, aber eine Sitcom dauert doppelt so lang, und trotzdem ist es eine gut verbrachte halbe Stunde. Was mache ich denn da?«, sagte er. »Ich habe ein total gutes Feuerzeug, warum reiße ich dann jetzt ein Streichholz an? Und warum an meinem Feuerzeug? Warum ein Streichholz an einem total guten Feuerzeug anreißen?«
Er stand auf. Ich wusste, dass er wieder auf den Stuhl steigen wollte, aber er merkte, dass das nicht gut wäre, also blieb er einfach am Tisch stehen, wiegte sich vor und zurück und schaute zu mir herab. »Ein Erwachsener sollte niemals ein Streichholz an einem Feuerzeug anreißen. Im Leben eines funktionstüchtigen Menschen ist dafür kein Platz. Es würde bedeuten, dass was völlig schiefgelaufen ist.« Er ließ sich irgendwie wieder auf seinen Stuhl fallen und zündete sich mit dem Feuerzeug die Zigarette an, zog daran, machte ein jämmerliches Gesicht und hustete mir den ganzen Rauch in die Augen. »Julia ist weg.«
»Wer?«
»Das Mädchen, Joe. Das Mädchen, mit dem ich weggelaufen bin. Sie hat mich verlassen. Letztlich war ich nicht stark genug, um sie zu halten.« Er hielt sich sein leeres Glas erst an das eine Auge, dann an das andere, bis er nicht mehr weinte. Seine Augen waren ganz rot und verquollen. Er versuchte zu lächeln. »Aber das hat auf jeden Fall auch sein Gutes. Angenommen, wir wollten irgendwann heiraten. Ich habe einen normalen Job. Wir nehmen einen Kredit auf, damit wir ein schöneres Auto kaufen können. Dann irgendwann fängt sie an, so wässrige Suppen zu kochen. Wir ziehen ein Kind mit einem vorhersehbaren Humor auf. Wahrscheinlich habe ich Glück, dass die Sache so entsetzlich schiefgelaufen ist.«
»Aber was ist denn passiert?«
Alvin schaute sich lange und wachsam um. Dann beugte er sich über den Tisch und flüsterte mir zu: »Ich bin ein bisschen auf Tilt.«
Das Restaurant. Der Cheeseburger. Die Kellnerin mit den komischen, sorgenvollen Augen. Auf der Straße war es danach dunkel und still. Alvin spähte, während er den Hund losband, den Gehweg auf und ab. »Tu mir einen Gefallen, Joe. Geh um die Ecke und
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