Vom Geist der Dorsai
Mitbürgern zu berichten, daß er wohlauf und damit einverstanden ist, von Ihnen in Haft genommen zu werden“, sagte Amanda. „Oder wollen Sie, daß der ganze Distrikt spontan zu den Waffen greift?“
Er starrte sie finster an. Und während er sie anblickte, begann er erneut zu husten. Als der Anfall vorüber war, nickte er.
„Er wird in einer guten Stunde landen. Sollen wir Ihnen einen Platz herrichten, wo Sie solange warten können?“
„Wenn es noch eine Stunde dauert, dann fahre ich jetzt in die Stadt und erledige einige Dinge. Würden Sie bitte den Wachtposten am Landeplatz eine Nachricht zukommen lassen, so daß ich Ihre Soldaten passieren kann?“
Er nickte.
„Fragen Sie nach Leutnant Estrange“, sagte er.
Sie ging hinaus.
Als sie wieder in der Stadt war, stellte sie fest, daß Ekrams Gleiter noch immer vor dem Haus von Marie Dureaux stand. Sie parkte ihr eigenes Fahrzeug daneben, trat durch die Hintertür ein und suchte die Küche auf.
Dort traf sie auf Ekram, der sich in der Spüle die Hände wusch. Als er hörte, wie sich die Tür hinter ihm öffnete, warf er einen Blick über die Schulter.
„Marie?“ fragte Amanda.
„Marie ist tot.“ Er wandte sich wieder dem Becken vor ihm zu.
„Und Sie sind noch immer hier in der Stadt.“
Er legte die Seife fort, drehte sich zu ihr um und trocknete sich die Hände mit einem Geschirrtuch ab.
„Berthe Haugsrud ist tot“, sagte er. „Bhaktabahadur Rais ist tot. Fünfzehn weitere Personen liegen im Sterben. Die junge Marte Haugsrud ist krank. Im Lager sind bisher fünf Soldaten gestorben; dreißig weitere werden den heutigen Tag kaum überleben, und den meisten der anderen geht es schlecht.“
„Also gehen Sie“, sagte Amanda.
„Gehen? Wie könnte ich jetzt gehen? Dieser Truppenarzt weiß, daß etwas vor sich geht. Es gibt nur nichts, was er in dieser Hinsicht unternehmen kann. Er wäre ein inkompetenter Vollidiot, wenn er nicht wüßte, daß irgend etwas vor sich geht, insbesondere, da sie Nachrichten von anderen Truppeneinheiten der Besatzungsmacht erhalten haben – nicht von vielen, aber selbst einige wenige reichen hier völlig – bei denen sich das gleiche abspielt. Sie haben sich bisher nur deswegen keine großen Sorgen gemacht, weil unsere Leute zuerst davon betroffen wurden. Wenn ich jetzt davonlaufe, dann …“ Er brach ab. Sein Gesicht war von Erschöpfung und sprießenden Bartstoppeln gezeichnet.
„Sie gehen“, sagte Amanda. „Das ist ein Befehl.“
„Zur Hölle mit Befehlen!“
„Cletus landet in einer Stunde. Sie waren die ganze Nacht über in der Stadt und dazu drei Stunden am Tag. In drei weiteren Stunden wird es zu offenen Kampfhandlungen kommen. Verschwinden Sie von hier; ziehen Sie sich in die Berge dort drüben zurück, und bereiten Sie sich darauf vor, Verwundete zu behandeln …“
„Die Kinder …“ Er schwankte ein wenig hin und her. „Kinder … Kinder und Gewehre …“
„Gehen Sie?“
„Ja.“ Seine Stimme klang dumpf. Er schritt steifbeinig an ihr vorbei und trat durch die Hintertür hinaus. Amanda folgte ihm und sah, wie er mit der von Erschöpfung verursachten Unbeholfenheit in seinen Gleiter kletterte, ihn vom Boden hochsteigen ließ und dann aus der Stadt heraussteuerte.
Amanda kehrte ins Innere des Hauses zurück, um festzustellen, ob es irgend etwas gab, das sie noch für die gestorbene Marie tun konnte. Doch das war nicht der Fall. Dann ging sie wieder hinaus und suchte das Haugsrud-Heim auf, um zu versuchen, Marte dazu zu überreden, mit ihr zusammen die Stadt zu verlassen – jetzt, da Berthe tot war. Aber die Türen waren verriegelt, und Marte gab keine Antwort, obwohl Amanda sie durch ein Fenster auf der Couch im Wohnzimmer sitzen sehen konnte. Amanda versuchte mehrmals und auf verschiedene Weise, ins Haus zu gelangen, aber inzwischen begann die Zeit knapp zu werden. Schließlich gab sie ihr Bemühen auf und flog in Richtung Landeplatz.
Sie kam beinah zu spät. Als sie Leutnant Estrange ausfindig gemacht und von ihm die Erlaubnis erhalten hatte, den Landeplatz zu betreten, war bereits eine Zubringerfähre niedergegangen, die das Sonnenbanneremblem der Exotischen Welten trug. Cletus stieg gerade aus. Eine Fahrzeugkolonne und eine bewaffnete Eskorte warteten schon auf ihn.
Er trug eine Seitenwaffe, die man ihm sofort abnahm. Dann wurde er in Richtung des zweiten Stabswagens der Kolonne abgeführt.
„Ich muß mit ihm sprechen!“ wandte sie sich mit Nachdruck an Estrange. „Hat man
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