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Vom Geist der Dorsai

Vom Geist der Dorsai

Titel: Vom Geist der Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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also waren bis auf weiteres die Befehle, die aufgrund der neuen Lage erteilt werden“, fügte Charley in unverändertem Tonfall hinzu. „Ich möchte die Angehörigen dieser Streitkräfte daran erinnern, das bisher noch nichts über die Identität der Mörder von Kommandeur Graeme bekannt ist. Die zivile Polizei unternimmt alles in ihrer Macht Stehende, um Licht in diesen Vorfall zu bringen. Und Ihre Offiziere sind der Auffassung, daß für den Augenblick nichts weiter getan werden kann, als ihnen all unsere Unterstützung zu gewähren. Es besteht der Verdacht, daß eine hiesige verbotene politische Gruppierung, die als Blaue Front bekannt ist, die Verantwortung für den Mord trägt. Wenn das zutrifft, müssen wir darauf achten, zwischen jenen Bewohnern dieser Welt zu unterscheiden, die an Kommandeur Graemes Tod tatsächlich die Schuld tragen, und der großen Mehrheit unbeteiligter Zuschauer.“
    Er verstummte.
    Die vielen tausend Männer waren völlig still.
    „Also gut, Brigademajor“, sagte Charley und blickte vom Podium auf den ranghöchsten Offizier in der Formation hinab. „Lassen Sie Ihre Männer wegtreten.“
    Der Brigademajor, der wie alle anderen auch vor dem Podium gestanden hatte, drehte sich auf dem Absatz um.
    „Aach-tung!“ rief er; das Mikrofon auf dem Podium nahm seine Stimme auf, und die Lautsprecher wehten sie über die angetretenen Soldaten hinweg so wie zuvor die Worte Charleys. „Wegtreten!“
    Die Formation rührte sich nicht. Hier und dort scharrten Stiefel in den Reihen, dann standen die Soldaten wieder völlig regungslos. Für einen langen Augenblick hatte es den Anschein, das sonst nichts weiter passieren würde, daß sich Charley und die Söldner vor ihm bis zum jüngsten Tag schweigend gegenüberstehen würden – dann begann irgendwo inmitten der langen Reihen ein einzelner, unmelodiöser Baß zu singen.
     
    „Es war ihnen fremd die Treue …“
     
    Sofort fielen andere Stimmen mit ein.
     
    „Die Ehre von Soldaten …
    Die einst aus Furcht vor Reue,
    Richteten Oberst Jacques Chrétien als Renegaten,
    Um als Wahrheit darzustell’n die Lüge,
    Die Truppe habe sie verraten …“
     

     
    Und plötzlich sangen sie alle in den langen Reihen vor uns. Es war ein Lied über einen jungen Oberst, der vor hundert Jahren, als Dorsai noch am Anfang gestanden hatte, hingerichtet worden war. Eine Stadt auf Neuerde hatte einen Kontrakt mit einer Dorsai-Streitmacht abgeschlossen und dabei insgeheim die Absicht verfolgt, sie gegen einen so überlegenen Feind ins Feld ziehen zu lassen, daß sie ganz sicher völlig aufgerieben wurde – auf diese Weise wollte man sich die Bezahlung für die in Anspruch genommenen Dienste ersparen und dem Gegner gleichzeitig erheblichen Schaden zufügen. Dann aber hatten die Dorsai den Feind dennoch geschlagen, und die Stadt sah sich gezwungen, trotzdem zu bezahlen. Um dem aus dem Weg zu gehen, kamen die Verantwortlichen auf die Idee, den befehlshabenden Offizier der Dorsai der Konspiration mit dem Feind anzuklagen, und sie beschuldigten ihn, er habe sich bestechen lassen und nehme nun den Sieg in einer Schlacht in Anspruch, die nie ausgefochten wurde. Der Betrug war gut eingefädelt. Und vielleicht wäre er sogar erfolgreich gewesen, wenn sie nicht den Fehler gemacht hätten, den befehlshabenden Offizier zu arrestieren, um ihre Lüge damit zu untermauern.
    Es war ein Lied, gegen das ich zu einem anderen Zeitpunkt und unter anderen Umständen keine Einwendungen gehabt hätte. Jetzt aber gewann ich plötzlich den Eindruck, daß es an meine Adresse gerichtet war – all die Soldaten des Expeditionskorps sangen es nur für Pel, Moro und mich. Zuvor war ich mir auf dem Podium hinter Charley ap Morgan beinah unsichtbar vorgekommen. Jetzt waren die Augen aller Uniformierten vor uns auf uns gerichtet – auf uns Zivilisten, die wir jenen ähnelten, von denen Jacques Chrétien hingerichtet worden war … auf uns, die wir von Santa Maria stammten und somit denen glichen, die Kensie Graeme erschossen hatten. Es war, als blicke man einem riesenhaften Raubtier ins Maul, das uns jederzeit verschlingen konnte. Wir starrten hinab, unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren.
     
    Und auch Charley ap Morgan regte sich nicht.
    Auch er stand ganz still und wartete, bis die Soldaten alle Strophen des Liedes gesungen hatten:
     
    … Ein Viertel von Rochmonts kämpfender Truppe,
    Ein Dorsai-Bataillon,
    Wurde fortgeschickt allein,
    Um in Helmuthstiefe zu sterben in Hohn.
     
    Doch

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