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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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waren prall und fest, wie frisch geerntet. Er ließ seine Hände von ihren Früchten abfallen und führte sie höher, ihren Hals hinauf, bis zum Haar. Er griff in die dichten Büschel, in ihr Fell und presste dabei seinen Oberkörper an ihren. Er machte ihr klar, dass er nicht ihr Untergebener war, sondern gleichberechtigt. Sie hatte gekeucht wie ein gejagtes, in die Enge getriebenes Tier. Später hatte sie mal gesagt: »Ich hab bei dir keinen Ausweg gesucht, sondern einen Eingang.« Er fand ihre Vergleiche übertrieben. Er drückte sich nicht so aus wie sie. »Ich bin nicht dumm. Eher clever«, hatte er erwidert. »Du bist anders«, hatte sie festgestellt. Und das Andersartige gefiel ihr.
    Das war der Beginn ihrer Geschichte gewesen. Keine Worte, sondern drängende Taten. Doch seit einigen Tagen bekam er sein Schicksal einfach nicht zu fassen. Es entschlüpfte ihm zwischen den Fingern, Fingern, die sich in Almuts Möse vergraben hatten und dort feststeckten, wie in einem luxuriösen Gefängnis. Eine ganze Weile brütete er über seinen Tagen und Nächten. Plötzlich war sein Leben verschwunden. Am 15. Dezember desselben Jahres verschwand sein Name von der Bildfläche des städtischen Lebens. Er verschwand aus der Firma, kam nicht mehr in seine billige Wohnung zurück, galt als vermisst.
    Seitdem lebt er im Keller des Hauses, das sie mit ihrem Mann bewohnte und genoss mit ihr einen Rausch aus Sex. Ihre Finger nehmen ihn hart ran. Ihre Hand prallt an seiner Erektion ab. Sie nimmt ihn in die Mangel, lacht kehlig auf und schiebt sich ihn hinein. In der Tiefe ihres Geschlechtsorgans glaubt er zu verstummen. In einer Abfolge von verschiedenen Phasen lernt er zu gehorchen, obwohl er genau das nie wollte. Er vögelt sie sanft, wild, hart, unnachgiebig, immer dann, wenn sie will. Und sie will oft. Sie ist attraktiv, was ihren Körper anbelangt, aber er weiß nicht, was mit ihrer Seele ist. »Du bist ein Parasit, der den Wirt nicht besser macht, nicht mehr werden lässt, sondern nur anders«, hatte sie zu ihm gesagt. »Schlaumeier«, hatte er entgegnet und mit der Zunge geschnalzt. Und dann hatte er sie geküsst.

Achtzehn

    Es war kurz vor fünf in der Früh. Draußen zwitscherten die Vögel laut und vergnüglich den Tag ein. Ich setzte mich im Bett auf und knipste die Lampe neben mir an. Eher mechanisch als reiflich überlegt, schnappte ich mir eins der Bücher über Physik, die ich mir gestern, gleich nachdem ich von Almut weggefahren war, in der Bücherei in der City ausgeliehen hatte. Seit meinem letzten Gespräch mit Mark dürstete es mich nach Antworten, die ich vielleicht in einem Physikbuch finden konnte. Ich hoffte insgeheim sogar, einen Anhaltspunkt über Existenzen außerhalb des Gewöhnlichen zu finden. Einen Hinweis auf Geistwesen.
    Ich schlug das Buch irgendwo auf und las über die Illusion einer Matrix, in der wir anscheinend lebten. » Wir sind nicht nur die Summe der Moleküle, die sich zu unserem Körper zusammengefunden haben. Die Hilflosigkeit, die uns manchmal zu überkommen scheint, ist nur eine Illusion. « Ich schob das Buch von mir weg und grübelte, dann zog ich es wieder zu mir heran und las weiter. Ich erfuhr etwas über luzide Qualitäten, die uns dazu befähigen, im Traum selbstständig zu agieren, sozusagen Regie zu führen, anstatt uns irgendeine Traumhandlung aufdrücken zu lassen. Galt das nur für unsere Träume oder auch für unser wahres Leben? Das, was wir tagtäglich, sozusagen in echt und vor allem im Wachzustand durchlebten. Und war das, was wir das wahre Leben nannten, – die Stunden, die wir bei klarem Verstand über die Bühne brachten –, überhaupt das wahre Leben. Oder war selbst das nur ein Traum? Lebten wir ununterbrochene Träume und vermuteten nur, dass etwas davon das richtige, das einzig wahre Leben sei?
    In der theoretischen Physik waren wiederholt Versuche unternommen worden, eine sogenannte Weltformel aufzustellen, mit der das gesamte Universum berechenbar sein sollte.
    Burkhard Heim, ein Schüler des Nobelpreisträgers Werner Heisenberg, hatte eine physikalisch-mathematische Struktur ausgearbeitet, die genau diesen Anforderungen gerecht wird. Er entdeckte die einheitliche Massenformel, was so viel bedeutete wie die von allen Physikern gesuchte, große Vereinheitlichung.
    In den Büchern, die ich die nächste Stunde bis kurz nach sechs durchsah, ging es unter anderem um die Aufdeckung von Einfluss-Strukturen, die auf den Menschen unbewusst einwirken. Eine

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