Vom Himmel hoch
sich, um nicht das Schicksal seines Vorgängers zu teilen, den Professor von diesem Vorfall zu unterrichten. Statt dessen brachte er Nummer 18 zurück in die Zelle, wo er außer den übrigen den in der Kleidung von Nummer 18 steckenden Pflegeroboter vorfand. Da er sich jedoch in den Gesichtern noch nicht auskannte, hielt er den Pflegeroboter für Nummer 18 und steckte Nummer 18, den vermeintlichen Pflegeroboter, dazu.
Doktor Nischel war inzwischen wieder einigermaßen zu sich und zu der Überzeugung gekommen, daß sein Verstand völlig in Ordnung sei. Daher verspürte er nicht die geringste Lust, in eine Heilanstalt übergeführt zu werden, und bot Nummer 18 an, sich an seiner Statt überführen zu lassen.
›Gib dich dort als Mensch aus‹, erklärte er, ›und behaupte gleich darauf, du seist ein Roboter. Und dann sagst du ihnen, du hättest das gleiche Spiel mit mir getrieben. Dann bin ich rehabilitiert.‹
›Wird gemacht‹, sagte Nummer 18, zog die Kleidung des Pflegeroboters, die er noch immer anhatte, aus und die des Arztes an. Der aber zog sich die Kleidung des Pflegeroboters über. Und als das Begleitkommando erschien, machte sich Nummer 18 guter Dinge auf den Weg. Doch auch diesmal gelangte er nicht aus dem Hause, denn es erschien die vom neuen Arzt hergebetene Frau des Buchhalters und fiel ihrem Manne um den Hals. Der bekam von der unverhofften Begegnung neuerlich einen Gedächtnisdefekt und konnte sich nicht mehr an sie erinnern.
Der neue Arzt, der sich noch immer in den Gesichtern nicht auskannte, sagte zu der Frau: ›Dies hier ist ein verrückter Arzt. Der Roboter, der mir Ihre Adresse nannte, befindet sich in der Zelle.‹
Er führte die beiden den Gang entlang und schloß die Zelle auf.
›Sehen Sie‹, sagte er und wies auf Doktor Nischel, der in der Kleidung des Pflegeroboters steckte, ›das ist Ihr Mann. Jedenfalls ist es der Roboter, der behauptete, daß Sie seine Frau seien.‹
›Um Gottes willen‹, rief die Frau, ›das ist doch ein ganz anderer!‹
›Sie lassen sich von der Kleidung irritieren‹, sagte der Arzt. ›Hier haben alle Anstaltstracht an, außer dem da, der ist noch neu.‹ Er wies auf den Pflegeroboter.
›Nein, so was‹, rief die Frau, ›der hat ja den Anzug meines Mannes an!‹
Der Arzt klappte den Mund auf, brachte aber kein Wort heraus. Er glaubte nicht anders, als daß es jetzt auch ihn packe und er mit dem nächsten Wort überschnappen müßte.
Doktor Nischel erkannte den Zustand seines Nachfolgers, und um ihm zu helfen, sagte er: ›Der Fall liegt doch ganz einfach. Zuerst hat Nummer 18 die Kleider vom Pfleger und dieser die von Nummer 18 angezogen, dann habe ich Nummer 18 meine Kleider gegeben und habe seine angezogen. Das waren aber die Kleider des Pflegers.‹
›Dann waren Sie das also‹, fragte der neue Arzt, ›der vorhin in der Kleidung des Pflegers zu seiner Frau wollte?‹
›Nein‹, sagte Doktor Nischel, ›das war Nummer 18.‹
›Und wer sind Sie?‹
›Ich bin Ihr Vorgänger.‹
Da riß dem neuen Arzt nun doch der Faden. Er wollte schon die Zellentür zuschlagen und alle Mann einsperren und die Frau von Nummer 18 dazu. Doch da hatte er einen Einfall und ließ sich, einen nach dem anderen, von allen die Hände vorzeigen. Er schaute ihnen gründlich auf die Finger und sortierte schließlich Nummer 11 und 15 und den Pflegeroboter auf eine und Doktor Nischel sowie Nummer 18 nebst dessen Frau auf die andere Seite. Damit aber hatte er erst einmal die Roboter von den Menschen geschieden.«
»Ich wußte bisher nicht«, unterbrach Wirsing die Erzählung Fontanellis, »daß sich Mensch und Roboter an den Fingern unterscheiden. Die Finger der Roboter, von denen hier die Rede ist, sind doch den menschlichen bis auf die Nägel genau nachgebildet.«
»Eben«, meinte Kraftschyk, »bis auf die Nägel.«
»Unser Schwerenöter«, sagte Fontanelli verärgert, »kann sich seine Weisheit wieder mal nicht verkneifen. Es waren in der Tat die Fingernägel, an denen der Nachfolger Doktor Nischels seinen Vorgänger und Nummer 18 identifizierte. Zwar sind die Fingernägel der Roboter denen der Menschen genau nachgebildet, da sie aber künstliche sind, wachsen sie natürlich nicht. Nummer 18 waren aber die Nägel ziemlich lang gewachsen. Und Doktor Nischel war noch eindeutiger zu erkennen, denn er hatte die Fingernägel abgekaut, was ein Roboter niemals tut. Also klärte sich alles auf. Doktor Nischel wurde wieder in sein Amt eingesetzt und unser Buchhalter in
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