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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Branstner
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die Frauen in diesen Gegenden und wollte wissen, von welchem Aussehen sie seien. Statt einer Antwort langte Schwitznich in die Brusttasche und zog ein Bild seiner Frau hervor, die, wie wir eingestehen mußten, von ausnehmender Schönheit war.
    ›In diesem Dreh des Alls ist eine Frau schöner als die andere‹, erklärte Schwitznich, ›ganz im Gegensatz zu den Männern.‹
    Diese Selbsterkenntnis machte uns den Mann zwar um einiges sympathischer, verminderte aber unser Dilemma nicht im geringsten. Und als Satteltreu nach geraumer Zeit den Haufen Papiere zurückschob und den Kopf in die Hände vergrub, wußten wir, daß er keinen Fehler hatte entdecken können. Schwitznich oder so ähnlich war der leibhaftige Beweis der Zeitverschiebung, da half uns alles nichts.
    Während Satteltreu mit der Sichtung der Papiere beschäftigt gewesen war, hatten wir übrigen uns mit dem ärgerlichen Manne über seine weiteren Pläne verständigt und waren übereingekommen, ihn zu seinem Heimatplaneten zu bringen. Da wir unsere vorgesehene Reiseroute nur um einen kleinen Schlenker verändern mußten, machte uns das keine großen Umstände.
    Schwitznich kam vor lauter Dankbarkeit ins Schwatzen und überschüttete uns zu unserem Mißvergnügen mit allen Einzelheiten der von ihm erlebten Zeitverschiebung.
    ›Und ohne Sie‹, erklärte er immer wieder, ›hätte kein Mensch in der Welt davon erfahren, daß mein Experiment gelungen ist. Der Raketenfriedhof wäre mein Grab geworden. Und ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, da ich den zweiten Teil meines Beweises, nämlich den Rückflug antreten wollte. Auf diesem Wege aber will ich mein Leben noch einmal um das gleiche Zeitquantum verlängern, das ich auf dem ersten Teil meines Weges gewonnen habe.‹
    Wir konnten das alles noch immer nicht glauben, obwohl wir den leibhaftigen Beweis vor uns hatten und auch die Papiere in Ordnung waren, wie Satteltreu bestätigen mußte. Und eines Tages, wir waren inzwischen schon einige Wochen mit unserem unverhofften Gast auf dem Wege zu dessen Heimatplaneten, machte er eine Bemerkung, die uns aufhorchen ließ. Wir hatten sehr bald festgestellt, daß dieser Schwitznich an einer unter Wissenschaftlern verbreiteten Eitelkeit litt, nur war sie bei ihm besonders auffällig. Er gestand uns, daß er die Zeitverschiebung nicht um ihrer selbst willen, sondern um seinetwegen unternommen habe. Er hielt sich von der gegenwärtig auf seinem Planeten lebenden Generation für unverstanden, weshalb er sie überleben wollte, um seine großen Entdeckungen von der nächsten gedankt zu bekommen. Und seine genialste Entdeckung sei, so erklärte er, die der Trennung von Materie und Bewegung.
    ›Auf diese Weise‹, behauptete er, ›erhielt ich die nicht materiegebundene, reine und also verlustlose Energie, von wo aus es zum Perpetuum mobile nur noch ein Katzensprung ist.‹
    Das nun war ein noch größeres Unding als die Zeitverschiebung und machte uns den Mann neuerlich verdächtig. Satteltreu setzte sich wieder über die Papiere, während wir übrigen Schwitznich selber genauer unter die Lupe nahmen. Irgend etwas an ihm konnte nicht stimmen, und wir mußten noch vor der Ankunft auf seinem Heimatplaneten dahinterkommen. Andernfalls wäre unser Mechaniker, der schon immer ungeduldiger wurde, nicht davon abzubringen gewesen, sich wie der Graf von Gleichen eine zweite Frau aus der Fremde mitzubringen. Bei dem Charakter seiner ersten wäre das jedoch weniger glimpflich als bei seinem sagenhaften Vorgänger abgegangen. Also schuftete Satteltreu wie ein Galeerensklave, um in den Papieren einen Fehler zu entdecken, während wir, mit Ausnahme des Mechanikers, das verkannte Genie nicht aus den Augen ließen. Und bevor Satteltreu einen Fehler in den Papieren ausfindig machen konnte, begab sich mit Schwitznich selber etwas sehr Seltsames. Zunächst ging es kaum merklich vor sich, aber von Tag zu Tag wurde es augenfälliger, daß der Mann mit zunehmender Geschwindigkeit alterte. Und schließlich ging dieser Prozeß so schnell vonstatten, daß wir wahrhaftig dabei zusehen konnten. Seine dunklen Haare wurden von Minute zu Minute grauer und grauer und endlich ganz und gar weiß, sein Gesicht fiel ein, und sein schmächtig werdender Körper krümmte sich unter der rasch wachsenden Last des Alters. So grauenerregend dieser Vorgang aber war, so komisch war er auch. Da seine Kleider sich dem Altern ihres Trägers nicht anpaßten, sah er jetzt wie ein Opa im Konfirmationsanzug aus. Ihr könnt euch

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