Vom Himmel hoch
meine Frau tot ist‹, erklärte er, ›fühle ich mich wie neugeboren und fange jetzt alles von neuem an. Und da wir gerade in eine bewohnte Gegend geraten sind, will ich mich gleich hier nach einer neuen Frau umsehen. Womöglich fahre ich besser, wenn ich mir eine Frau von einem fremden Stern nehme.‹
Wir waren, wie ihr euch denken könnt, von dieser Eröffnung wie vor den Kopf geschlagen und sannen ernstlich auf Abhilfe. Es schien sich jedoch alles gegen uns verschworen zu haben, denn bevor wir auch nur die leiseste Idee davon hatten, wie wir den Mann von seinem Wahne befreien konnten, wurde er auf ganz unverhoffte Weise vollends darin bestärkt.
Unsere ›Dschunke‹ näherte sich einer Anhäufung von Wracks, die wir bald als einen Raketenfriedhof erkannten, innerhalb dessen sich jedoch noch Leben zu regen schien. Unser Pilot steuerte die ›Dschunke‹ näher heran, bis wir ein ziemlich kleines, aber noch unbeschädigtes Raumschiff ausmachen konnten, das wohl versehentlich auf den Raketenfriedhof geraten war und nun verzweifelt versuchte, wieder herauszukommen. Der Pilot schien jedoch die Nerven verloren zu haben und manövrierte so ungeschickt, daß sein Schiff endlich rettungslos eingeklemmt war.
›Den werden wir wohl rüberholen müssen‹, meinte Satteltreu und funkte sogleich ein Hilfsangebot hinüber. Das Angebot wurde angenommen, wir setzten unsere ›Dschunke‹ so nahe wie möglich an das havarierte Schiff heran und warfen den Himmelshaken aus. Alsbald wurde, auch der Ausstieg des Schiffes geöffnet, und ein Mann kroch heraus. Er gab uns ein Zeichen, daß er sich allein befinde und weiter nichts zu retten sei. Also holten wir ihn schleunigst ‘rüber und erledigten, sobald er in unserer Mitte stand, die nötigen Formalitäten wie Feststellung des Namens, der Herkunft, des Atems, des Schwerkraftpegels und dergleichen. Der Mann hieß Schwitznich oder so ähnlich – da er sehr zischend sprach, konnten wir ihn schlecht verstehen –, arbeitete auf dem Gebiet der Astrophysik und war auf dem Rückweg zu seinem Heimatplaneten. Und da er unsere Luft atmen konnte und eine dem irdischen Schwerkraftpegel nahekommende Anziehung gewohnt war, hatten wir zunächst weiter keinen Ärger mit ihm. Allerdings machte er einen sehr erschöpften Eindruck, weshalb wir die übrigen Fragen aufhoben und uns bis dahin mit seinem Anblick begnügten. Der nun war ziemlich nichtssagend, wenn man von der Art absah, in der der Mann eine Aktentasche krampfhaft unterm Arm geklemmt hielt, selbst dann noch, als wir ihn auf ein Lager genötigt hatten. Unser Mechaniker, der seine erste Raumfahrt unternahm und noch keinen außerirdischen Menschen gesehen hatte, machte aus seiner Enttäuschung kein Hehl.
›Wenn die Frauen hier auch solche Quarkgesichter haben‹, meinte er, ›warte ich lieber noch ein Weilchen. So käsekuchig können sie ja nicht überall sein.‹
Der Himmel möge uns verzeihen, wenn wir den Frauen dieser und aller übrigen Himmelsgegenden Quarkgesichter wünschten. Wie ihr euch jedoch denken könnt, ging unser Wunsch nicht in Erfüllung. Und leider war das noch nicht das schlimmste. Als unser Schwitznich oder so ähnlich wieder zu Kräften kam, eröffnete er uns mit geheimnisvoller Stimme, daß er eine ungeheure Entdeckung gemacht habe. Ihr könnt euch schon denken, was das für eine Entdeckung war: die der Zeitverschiebung. Wir trauten unseren Ohren nicht, doch Schwitznich erklärte, daß er den Beweis in der Tasche habe. Er zog einen Haufen beschriebener Papiere aus der Aktenmappe, den er als Dokumentation eines faktisch vollzogenen Experiments bezeichnete.
›Und das Experiment‹, rief er feierlich, ›bin ich selber! Ich habe mich in der Mitte meines Lebens auf den beschleunigten Weg ins All gemacht und müßte jetzt in hohem Alter und kurz vor dem Tode stehen. Doch wie Sie selber sehen, bin ich noch ein Mann in den besten Jahren.‹
Das nun war, auch wenn er noch so käsekuchig aussah, nicht zu bestreiten. Wir standen wie die begossenen Pudel da, und Satteltreu machte sich, nachdem wir uns einigermaßen von dem Schlage erholt hatten, über die Papiere her, um sie auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Er konnte es einfach nicht fassen und hielt diesen Schwitznich für einen üblen Scharlatan. Unser Mechaniker hingegen vergaß im Handumdrehen seine Abneigung gegen den Mann, klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter und fragte ihm ein Loch in den Bauch. Natürlich brachte er, sobald es anging, das Gespräch auf
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