Vom Himmel hoch
Banzer zusätzlich beeinträchtigt worden. In negativer Hinsicht.«
Sie unterbrach ihre Ausführungen kurz und versuchte
die Reaktion auf ihre Worte aus der Mimik der beiden Beamten zu lesen. Dann
wiederholte sie das, was Christoph und Große Jäger schon von den anderen
Mitarbeitern gehört hatten, bis sie erneut in ihrem Bericht stockte.
»Besonders der Kollege Volker Schwarz hat unter Banzer
leiden müssen. Sie haben ihn gerade kennen gelernt. Ein ruhiger,
zurückhaltender Mensch. Er leidet fürchterlich unter dem Gerede und Getuschel
der Leute, weil er sich nichts aus Frauen macht. Es war schon schlimm genug,
dass im Winter irgendjemand seinen Mantel vom Garderobenhaken nahm und
versteckte. Und als er dann zum Feierabend fragte, wo seine Kleidung wäre,
musste er sich anhören: ›Volker, du bist doch warm genug. Du brauchst keinen
Mantel.‹ Sie haben Recht, die Grenzen des Zumutbaren sind in der letzten Zeit
oft überschritten worden. Stört es Sie, wenn ich rauche?«
Christoph schüttelte den Kopf. Sie fingerte eine
Zigarettenpackung aus ihrer Handtasche und bot den beiden Beamten daraus an.
Beide verneinten, während Große Jäger seine eigene Marke aus der Tasche zog und
ihr Feuer gab. Sie zog an ihrer Zigarette und blies den Rauch zur Christoph
abgewandten Seite.
»Harald Banzer hat das alles noch gefördert. Er hat
versucht, jeden gegen den anderen auszuspielen. Wer nicht mitzog, musste um
seinen Arbeitsplatz fürchten. So ist es ihm nach und nach gelungen, die
Arbeitsatmosphäre negativ zu beeinflussen. Auch Herr Roth, obwohl er sich nie
etwas hat anmerken lassen, hat meiner Meinung nach darunter gelitten. Einmal
habe ich durch Zufall mitbekommen, wie Banzer mit Dürkopp telefoniert hat. Im
Glauben, unbeobachtet zu sein, ist er über Roth hergezogen und hat von
angeblichen Managementfehlern berichtet. Das Ganze sicher nur mit dem Ziel, den
Platz von Roth einzunehmen. Ganz besonders hat Harald Banzer einem ehemaligen
Mitarbeiter zugesetzt. Nachdem es dem Betrieb schlecht ging, mussten
Mitarbeiter entlassen werden. Unter denen, die nicht weiter beschäftigt werden
konnten, war auch ein tüchtiger Schlosser. Arno Kleinwächter. Der hat sich
selbständig gemacht.«
Sie sah eine Weile versonnen auf die Glut ihrer
Zigarette, bevor sie weitersprach.
»Seine Geschäfte laufen nicht gut. Er kämpft um seine
Existenz.«
Christoph versuchte sich an ein weiteres heikles Thema
heranzutasten.
»Wir haben gehört, dass Harald Banzer es auch im
Umgang mit Frauen an der nötigen Sensibilität vermissen ließ.«
Sie blickte etwas verlegen drein, schob ihre Brille
auf der Nase ein Stück empor.
»Das ist richtig. Mir selbst hat er auch nachgestellt.
Manchmal konnte er richtig charmant sein. Wenn er über diesen Weg nicht
weiterkam, bediente er sich einer Mischung aus Drohungen und Versprechungen.
Ich glaube, auf diese Weise hat er auch die kleine Ellen verführt.«
»Und Sie selbst?«
Sie sah Christoph selbstsicher an. »Ich bin zwar
ungebunden, habe es aber deshalb noch lange nicht nötig, mich jedem ungefragten
Antrag hingeben zu müssen. Auch nicht, wenn Harald Banzer der Meinung ist, eine
Frau in meinem Alter müsste Dankbarkeit zeigen, wenn ein Mann wie er ihr
Avancen macht. Neben den Frauengeschichten schien er aber auch gern gespielt zu
haben. Ich habe Gerüchte gehört, er wäre öfter zur Spielbank in Westerland
gefahren.«
»Können Sie uns zu guter Letzt etwas zum gestohlenen
Lkw oder zum Fahrer sagen? Haben Sie Herrn Bardolic heute schon gesehen?«
»Zum Fahrzeug kann ich nichts sagen. Damit habe ich
nichts zu tun. Aber Davor Bardolic hat ab heute Urlaub. Ich bin deshalb
informiert, weil ich die Urlaubsanträge bearbeite. Der Urlaub ist vor längerer
Zeit beantragt und ordnungsgemäß von Herrn Banzer genehmigt worden. Soll ich
Ihnen das Papier zeigen? Das gilt übrigens auch für Anders Sørensen, der
normalerweise an dem heute unbesetzten Schreibtisch sitzt.«
Christoph verneinte dankend.
Nachdem die Frau den Raum verlassen hatte, sah
Christoph seinen Kollegen an.
»Wir sind hier in eine Situation hineingeraten, die
uns Ärger bereitet. Durch ein Missverständnis befinden wir uns mitten im Verhör
zu einem ungeklärten Todesfall, obwohl wir den Lkw-Diebstahl aufklären wollen.
Bevor wir weitermachen, werde ich den Kriminalrat informieren.«
Kriminalrat Dr. Starke war der Leiter der
Bezirkskriminalinspektion in Flensburg und damit ihr direkter Vorgesetzter.
Doch Christophs Bemühen war
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