Vom Himmel hoch
vergeblich. Dr. Starke war
nicht erreichbar. Daraufhin nahm Christoph Kontakt zur Leiterin der
Mordkommission auf und erklärte ihr die Situation.
»Wie hat sie reagiert?«, wollte Große Jäger wissen.
Christoph fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. »Sie
hat mit dem Kriminalrat gedroht, wenn wir durch unser – ihrer Ansicht nach –
unbedachtes Vorgehen Spuren verwischen. Es wäre nicht unsere Aufgabe, im
Mordfall zu recherchieren.«
»Sollen wir die Vernehmungen abbrechen? Wir würden den
Leuten unter diesen Umständen einen zeitlichen Vorsprung verschaffen, und sie
könnten sich untereinander abstimmen«, brummte Große Jäger. »Nichts liegt uns
ferner, als hier die Mordkommission zu spielen.«
Dann grinste er breit. » Mich interessiert ganz
bestimmt nicht, wie der Tote vom Himmel gefallen ist.« Er stand auf und ging
zur Tür. »Ich muss mal für kleine Königstiger.«
*
Mommsen sah einen kurzen Moment aus dem Fenster auf
den wolkenlosen Himmel. Zu gern wäre er jetzt durch die Stadt geschlendert, vom
Marktplatz durch die Krämerstraße über die neu gestaltete Hafenstraße, wo an
schönen Sommertagen die Touristenrallye stattfand, bis zum Ende des
Binnenhafens und von dort durch die Altstadt wieder zurück. Und wenn man nicht
durch die Wasserreihe mit dem Storm- und dem Puppenmuseum zurückging, sondern
in die nördlicher gelegene Altstadt auswich, begegnete man auch kaum Fremden.
In diesem Areal hatte sich heute Morgen der Überfall
auf Ulla Habelmeyer ereignet.
Mommsen hatte Fingerabdrücke gefunden, die er noch
einmal mit denen der Frau vergleichen würde. Die Ergebnisse seiner
Tatortuntersuchung waren bereits auf dem Weg zur Kriminaltechnik.
Jetzt galt es abzuwarten, ob die Fingerprints in der
Zentraldatei gespeichert waren und dadurch Hinweise auf die Identität des
Täters gewonnen werden konnten.
Durch das Klingeln des Telefons wurde Mommsen aus
seinen Gedanken gerissen. Am anderen Ende der Leitung vernahm er die Bassstimme
von Polizeidirektor Grothe.
»Die Luftsportgruppe am Flugplatz Husum hat den
Verlust eines Fallschirms gemeldet. Ich würde Sie mit einer solchen Lappalie nicht
behelligen«, kam »der Chef« direkt zur Sache, »aber eventuell gibt es einen
Zusammenhang mit Ihrer Leiche, die vom Himmel gefallen ist. Kümmern Sie sich
drum.«
Ohne ein weiteres Wort beendete Grothe das Gespräch.
Da immer noch kein Dienstfahrzeug zur Verfügung stand,
setzte Mommsen sich in seinen Mini und fuhr durch das für Fremde oft
irritierende Gewirr von Einbahnstraßen Richtung Flensburg am Fliegerhorst
vorbei, um nach einigen Kilometern von der Bundesstraße rechts nach Schwesing
abzubiegen.
Der Flugplatz Husum war Teil des ehemaligen NATO -Stützpunktes. Man hatte durch das
Ziehen eines Zaunes die Landebahn verkürzt, damit das ursprünglich militärische
Areal halbiert und geglaubt, dass der jetzt zivile Teil als Luftlandeplatz der
einheimischen Wirtschaft Impulse verleihen würde. Bisher war es bei der
Hoffnung geblieben.
Mommsen fuhr am noch militärisch genutzten Areal
vorbei und bog dann auf die holprige Betonpiste ab, die nach einigen Kurven zum
Platz vor dem Tower führte. Ein weißer Turm mit einer Hütte in Miniaturausgabe
war alles, was den Flughafen Husum ausmachte.
Von einem barackenähnlichen flachen Gebäude winkte ihm
ein kräftiger weißhaariger Mann zu. Als Mommsen hielt, trat die imposante
Erscheinung an den Wagen und öffnete die Tür, bevor er aussteigen konnte.
»Moin. Se sünd de Jung vun den grön Klöterbüxen ut
Husembro?«, fragte er.
»Jo! S-timmt, wenn Se domit de Kripo meen däh.«
»Heff ik mi all dacht. Werner Matthiesen is min Navn.
Ik speel her de Macker, de wo no’n Rechten kieken däh.«
»Haben Sie die Polizei angerufen?«
Matthiesen grinste. »Nu ward dat wohl offischiell. Dör
mütt wi Hochdütsch snacken, wat? Ja, ich habe Ihre Kollegen informiert.«
Mommsen war inzwischen ausgestiegen.
»Seit dem vergangenen Jahr kümmere ich mich um den
Laden hier. Ich war bei einem großen Industriebetrieb in Leck beschäftigt und
habe jetzt etwas mehr Zeit für meine privaten Vergnügungen. So bringe ich meine
organisatorischen Erfahrungen hier ein. Wir sind die Luftsportgruppe Husum. Ein
Haufen flugbegeisterter Verrückter. Und gelegentlich hüpfen einige unserer
Mitglieder auch mal aus’m Flugzeug.«
»Sie meinen, sie springen mit dem Fallschirm ab?«
Matthiesen sah Mommsen mit einem spitzbübischen
Lächeln an. »Glaubst du Döspaddel, die jumpen so
Weitere Kostenlose Bücher