Vom Himmel in Die Traufe
Diana, da wir in einem englischsprachigen Land leben.«
Am nächsten Tag holte Pekka die beiden Gefährten im Hotel ab und fuhr mit ihnen in den Hafen, dort stellte er seine Kollegen vor und führte sie in seine Arbeitsbaracke. Pekka hatte die Oberaufsicht über vierzig Gabelstapler und mehrere Containerkräne, Letztere waren ein Produkt der finnischen Kone AG . Wie er angekündigt hatte, wurden im Hafen unter großer Hektik Schafe verladen. Im Abstand von wenigen Minuten fuhren am Kai große Trucks vor, auf denen in zwei Ebenen übereinander kahl geschorene Fleischschafe standen. Hinter dem Truck wurden Zäune aufgestellt, und die Tiere wurden durch die enge Schleuse aufs Deck eines riesigen Frachtschiffes getrieben, wo die Mannschaft sie entgegennahm und sie entweder nach unten in den Laderaum oder auf die oberen Frachtdecks dirigierte. Im Inneren des Schiffes gab es Verschläge, in die jeweils zweihundert Schafe gepfercht wurden. Jedem Tier stand knapp ein halber Quadratmeter zur Verfügung, sodass es nur den Schwanz und den Kopf bewegen konnte. Der Zielhafen befand sich im Nahen Osten.
Pekka sagte, dass es wahrlich einfacher wäre, Lämmer fertig geschlachtet auf Kühlschiffen zu transportieren, aber die Abnehmer in den arabischen Ländern wünschten die Tiere lebend. Sie würden erst kurz vor der Mahlzeit nach religiösen Ritualen geschlachtet.
»Ihnen wird bei lebendigem Leibe die Gurgel durchgeschnitten.«
Immer neue Trucks trafen ein, um ihre blökende Fracht im Hafen zu entladen. Pekka erzählte, dass bis zum Abend achtzigtausend Tiere auf dem Schiff wären, dieses würde dann aufs offene Meer geschleppt, und von da würde es aus eigener Kraft weiterfahren. Der Bestimmungsort war Jordanien. Der Transport musste schnell gehen, denn die Tiere wurden unterwegs nicht gefüttert, sie konnten höchstens ein bisschen von dem Wasser auflecken, das auf den Stahlboden der Verschläge gespritzt wurde.
Hermanni und Ragnar errechneten aus Jux, dass es drei Tage und Nächte dauern würde, um sämtliche finnische Arbeitslose in diesem Tempo auf Schiffe zu verladen. Falls man die Leute beispielsweise nach Südamerika in ein eigenes Reservat transportieren wollte, ließe sich die ganze Operation innerhalb von zwei Monaten durchführen. Lena Lundmarks Reederei und Speditionsfirma würden dabei richtig reich werden.
26
Eine Woche später flogen sie auf die Cookinseln, die fast in der Mitte des Stillen Ozeans liegen. Die Inseln sind Mandatsgebiet von Neuseeland, und das Mutterland hält ihre Verteidigung und ihre Wirtschaft aufrecht, aber die örtliche Bevölkerung hat eine weitgehende Selbstverwaltung – eigene Gesetze, ein eigenes Parlament und sogar einen eigenen König.
Wie gewöhnlich vertrieben sich Hermanni und Ragnar ihre Zeit auf dem langen Flug damit, die Einzelheiten des Aufstandsplans zu diskutieren. Ragnar machte sich darüber Gedanken, ob Finnlands reguläre Armee wohl Panzer einsetzen würde, um die Truppen der Aufständischen niederzuschlagen. Im Allgemeinen wurden Bürgerkriege in Form von Guerillakämpfen geführt, in denen die schwere Ausrüstung zu unbeweglich war, als dass sie im Kampf gegen den mobilen, versteckt lauernden Gegner eingesetzt werden konnte.
Es ergab sich die Frage, wie sich die arbeitslosen Kämpfer verteidigen könnten, falls trotzdem Panzer in ihre Stützpunkte rollten. Die Armee der armen Leute hätte nicht die Mittel, sich Panzerabwehrwaffen anzuschaffen, zumindest nicht im Hinblick auf größere Kriegshandlungen. Ragnar musste an die Schreckensbilder aus den schweren Tagen des Winterkriegs denken, damals waren die Finnen gezwungen gewesen, die Angriffe der russischen Panzer sozusagen mit bloßen Händen abzuwehren. Sie hatten eine wirksame Sprengmethode entwickelt, eine Brandflasche namens Molotowcocktail, mit der sie die Panzer zerstörten. Aber selbst die hatten sie nicht immer zur Verfügung gehabt. Manchmal mussten sie auf trockene Birkenkloben zurückgreifen, die sie in eine der Raupenketten des Panzers steckten. Dadurch war die betroffene Seite des Wagens blockiert, er drehte sich auf der Stelle, und die Finnen konnten ihn mit Handgranaten sprengen.
Hermanni erzählte eine Geschichte vom Schmucken Jussi, der auf die ihm eigene ungenierte Art diese Abwehrmethode angewandt hatte, als er in den Fünfzigerjahren im Koreakrieg aufseiten der Roten Militärberater gewesen war. Die amerikanischen Panzer waren Furcht einflößende Gegner gewesen, und die Koreaner an der
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