Vom Internet ins Ehebett (German Edition)
den letzten freien Tisch. Wir bestellten zwei Melange und zwei Stück Sachertorte mit Schlagobers. Und genossen mit stiller Heiterkeit das vornehme, leicht morbide Ambiente unter Ölgemälden und glänzenden Kristalllüstern.
Als wir wieder auf die Straße traten, fand Greg, wir hätten noch nicht genug Kaiserlich-Königliches gehabt – wir müssten noch mit einem Fiaker fahren.
»Meinst du wirklich?«
Von weitem sah ich die Reihe der Kutschen. Die Pferde mit ihren Scheuklappen, die kopfschüttelnd lästige Fliegen vertrieben. Ich hörte das Klappern der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster. Und ich blickte gerade noch rechtzeitig auf dieStraße, um über einen Haufen frisch gefallener Pferdeäpfel zu steigen.
»Natürlich meine ich das wirklich. Du warst es doch, die eine Stadtrundfahrt machen wollte. Und wie könnte man das in Wien besser als in einem Fiaker?«
Da hatte er allerdings Recht. Er führte mich zum Droschken-Parkplatz und versuchte, mit dem Fahrer den Preis für eine große Runde zu verhandeln.
»Schauen S’, gnä’ Herr«, sagte der Kutscher. Er war sichtlich ein Wiener Original mit ärmelloser Weste über einem karierten Hemd. Eine Melone saß etwas zu eng auf seinem runden Schädel. »Wir haben hier Fixpreise. Dafür zeig’ ich Ihnen meine Heimatstadt von der schönsten Seite. Also, nehmen S’ die Frau Gemahlin bei der Hand und los geht’s!«
Auch wenn ich nicht die Frau Gemahlin war, Greg tat grinsend, wie ihm geheißen. Er reichte mir die Hand, und ich kletterte kichernd auf das Fahrzeug. An so einem schönen Tag war das Verdeck natürlich zurückgeklappt. Wir saßen nebeneinander, der Kutscher breitete vorsorglich eine leichte, nach Pferd duftende, karierte Decke über unsere Beine. Dann sprang er auf den Kutschbock und ließ die Peitsche in der Luft knallen. Das Gefährt setzte sich gemächlich in Bewegung. Da saßen wir nun dicht nebeneinander unter einer Decke. Ich konnte seinen warmen Oberschenkel durch meine Jeans spüren. Ujuijuijui: Wann war es das letzte Mal gewesen, dass mir ein Mann so nah war? Wenn ich nicht wieder erröten wollte, war es an der Zeit, meine Gedanken auf banalere Dinge zu lenken.
»Ich bin noch nie mit einem Fiaker gefahren«, sagte ich daher, »ist doch ein wenig peinlich: Wir benehmen uns wie Touristen.«
»Wir sind Touristen«, stellte Greg grinsend richtig.
Die Kutsche rumpelte um eine enge Hausecke. Ich wurde gegen Gregs Brust gedrückt. Er legte seinen Arm um mich. Und so saßen wir dann einmütig nebeneinander. Wir redeten nicht viel, weil wir mit Schauen beschäftigt waren. DerKutscher erklärte uns die Geschichte der Gassen, durch die wir fuhren, und wer in ihren Häusern gewohnt hatte. Wien ist voller Geschichte. Ich vergaß, dass mir die körperliche Nähe zu Greg Neuhof unpassend erscheinen sollte, und genoss unsere Fahrt in vollen Zügen. An seine breiten Schultern gekuschelt, fühlte ich mich geborgen. Und voller Neugierde, was die nächsten Tage und die wunderschöne Stadt für mich bereithielten.
Als uns der Kutscher zum Ausgangspunkt zurückgebracht hatte, meldete sich der Hunger. Wir hatten den ganzen Tag noch nichts Richtiges gegessen. Greg kannte ein Wirtshaus in der Nähe, das für seine Wiener Schnitzel bekannt war. Natürlich war ich einverstanden. Wenn ich schon in Wien war, dann musste es auch ein Wiener Schnitzel sein. Obwohl ich mir sonst nicht viel aus Kalbfleisch machte. Wir bestellten zwei Portionen. Ich hatte kurz überlegt, auch eine Suppe zu bestellen, denn mein Hunger war wirklich enorm. Doch als die Schnitzel serviert wurden, war ich froh, es nicht getan zu haben. So etwas hatte die Welt noch nicht gesehen! Das Fleisch hauchdünn geklopft, die Panade goldgelb. Das Schnitzel hing an allen Seiten über den ohnehin schon großen Teller.
Greg lachte laut auf, als er mein erschrockenes Gesicht über diese Riesenportion sah: »Nun zeig mal, was du kannst«, er ließ sich seinen ersten Bissen schmecken.
Also, wenn ich länger in Wien bliebe, dann würde ich sicher in Windeseile zehn Kilo zulegen. Zuerst die hervorragende Torte, jetzt dieses exzellente Schnitzel. Wie sollte ich da je widerstehen können?
»Findest du nicht auch, dass Joggen eine gute Idee wäre? Morgen, noch vor dem Frühstück? Hast du den Park gegenüber von unserem Hotel gesehen? Ich bin sicher, dass es sich dort gut laufen lässt.«
Ich lachte: »Kannst du Gedanken lesen? Ich habe mir gerade gedacht, dass hier das Essen viel zu gut schmeckt! Da ist es
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