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Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Titel: Vom Internet ins Ehebett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Berg
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zusehends. Gruppenweise drängten die Gäste herein. Wir mussten auf unserer Bank eng zusammenrücken, weil sich noch zwei Blondinen neben uns quetschten. Fünf junge Männer standen am Tresen. In grauen Anzügen mit Krawatte. Jeder hatte eine Hand in der Hosentasche, die andere umfasste ein Whiskyglas. Wir beobachteten sie eine Weile schweigend und mussten schließlich beide grinsen.
    »Die erinnern mich an ein altes Lied von Helmut Qualtinger. Ich weiß nicht, ob du das Lied kennst, Rosi. Qualtinger war ein österreichischer Schauspieler, ein Original. Im Film ›Der Name der Rose‹ hat er mitgespielt, wenn du dich erinnerst. Den dicken Mönch.«
    Ich erinnerte mich schemenhaft. Es war schon Jahre her, dass ich diesen Film gesehen hatte.
    »Etwa in den 60er-Jahren hat er gesungen, auch auf Schallplatten. Und eines seiner bekanntesten Lieder ging in etwa so: ›Der Papa wird’s schon richten‹ – was soviel heißtwie alles regeln – ›Der Papa wird’s schon richten, das gehört zu seinen Pflichten, dazu ist er ja da!‹« Er lachte laut auf, und ich lachte mit.
    »Wie war’s bei dir, als du so alt warst wie die Typen an der Bar? Während deiner Studentenzeit. Hat dein Vater alles gerichtet?«, fragte Greg.
    Das war ein weiterer Grund zum Lachen: »Mein Vater hat sich aus dem Staub gemacht, als ich zwölf Jahre alt war. Da ich ihn vorher nicht oft gesehen hatte – er war Fernfahrer und meist zwischen Deutschland und Sizilien unterwegs – war sein Abgang kein großer Verlust. Mutter meinte, er habe sie ohnehin die ganze Zeit betrogen – an jedem Rastplatz eine andere Geliebte. Ich weiß es nicht, es hat mich auch nicht interessiert. Vor ein paar Jahren kam dann ein Brief von einer unbekannten Frau, die uns seinen Tod mitteilte. Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen, mit meinem Bruder Heinrich«, fügte ich noch hinzu. »Da war keiner, der auch nur irgendetwas für mich ›gerichtet‹ hätte. Außer meinem Onkel Alfred, wenn du den dazuzählen willst. Der hat mir jeden Sommer erlaubt, bei ihm in der Gastwirtschaft zu jobben. Und so habe ich mir genug Geld fürs Studium verdient. Denn von der staatlichen Unterstützung allein hätte ich nicht leben können.« Dann fragte ich ihn nach seinen Eltern.
    »Wir haben zu Hause einen kleinen Tischlereibetrieb, den mein älterer Bruder übernehmen wird. Mein Vater, hat zwar zum Studium dazugezahlt. Für meine Reisen durch ferne Länder hatte er jedoch kein Verständnis. Für mein Interesse an fremden Kulturen und Feng Shui schon überhaupt nicht. Also habe ich auf dem Bau gearbeitet, sooft sich die Gelegenheit bot. Das hat immer eine schöne Summe Geld eingebracht. Ich lernte das Basiswissen für mein Studium. Und ich ersparte mir das Fitnesscenter.« Er grinste und nippte an seinem Martini.
    Ich schaute verstohlen auf seine Oberarme. Immer noch gut trainiert, der Mann. Obwohl er sicher längst nicht mehr auf einer Baustelle schuftete.
    Dann wurde es doch zu laut, um sich zu unterhalten. Also saßen wir schweigend nebeneinander. Tranken in stillem Einvernehmen unsere Cocktails und beobachteten die Leute. Ich fühlte mich großartig. Ich musste schon einige Jahre zurückgehen, wenn ich mich erinnern wollte, wann ich mich das letzte Mal so gefühlt hatte: so attraktiv, so eins mit mir und der Welt. So begehrenswert.
    Da spürte ich plötzlich Gregs Blick, der nachdenklich auf mir ruhte. Ich wandte mich ihm zu, und wir schauten uns in die Augen. Ich wollte sofort den Blick wieder abwenden. Aber als ich Gregs Ausdruck in seinen dunklen Augen sah, verharrte ich unbeweglich und hielt die Luft an. In seinem Blick lag so viel Zärtlichkeit, so viel Wärme und …
    »Hätten Sie vielleicht Feuer für mich?« Eine wohlmanikürte Hand hatte meinen Oberarm ergriffen. Ich fuhr herum. Da saß meine blonde Nachbarin, eine unangezündete Zigarette zwischen den Lippen. Ihre linke Hand vollführte Bewegungen, als wolle sie ein imaginäres Feuerzeug zum Brennen bringen. »Meines hat gerade den Geist aufgegeben.«
    Ich bedauerte. Ich war Nichtraucherin und hatte kein Feuerzeug.
    Ich bedauerte noch etwas anderes und das noch viel mehr: Als ich mich wieder Greg zuwandte, saß er neben mir als hätte es seinen Blick von vorhin nicht gegeben. Er winkte den Kellner heran. Wir bestellten ein zweites Getränk, und als der Kellner wieder an unseren Tisch kam, nutze Greg die Gelegenheit, auch gleich die Rechnung zu bezahlen.
    »Du bist eingeladen.« Ich dankte ihm, und wir prosteten uns zu. Nun

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