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Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Vom Internet ins Ehebett (German Edition)

Titel: Vom Internet ins Ehebett (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Berg
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vermeiden, um ja keine dunklen Brösel zwischen die Schneidezähne zu bekommen. Denn dies nahm jedem Lächeln die Erotik. Säße ich hier mit Wolfram, dann würde ich viel mehr darauf achten, dass ich aufrecht saß und keinesfalls die Beine übereinander schlug. Und ich hätte Panik, ob der Lippenstift, den ich vor meiner Abreise achtlos aufgetragen hatte, nicht doch rote Ränder auf meinen Schneidezähnen hinterlassen hatte. Mit Greg war mir das alles egal. Ich lehnte bequem in meinem Sitz, ich lachte schallend, und hätte ich Lippenstift auf den Zähnen, dann würde er mich wohl darauf aufmerksam machen. Und ich würde ihn wegwischen. So einfach war das mit »Mr. Wrong«. Und richtig gemütlich. So kurzweilig hatte ich mir meine Reise nicht vorgestellt.
    Dann erzählte Greg von seinen Reisen in alle Erdteile. Er war in China gewesen und auch in Südamerika. Und er hatte eine Zeit lang bei den Aborigenes, den Ureinwohnern Australiens, gelebt. Dabei hatte er die Architektur alter Kulturen studiert. Und umfangreiches Wissen zu den verschiedenen Lebensweisen sammeln können. Dabei hatte er zu seinerÜberraschung festgestellt, dass es etwas gab, was alle Kulturen vereinte: das Streben nach Harmonie. Und diese Erkenntnis hat ihn zu Feng Shui gebracht. Ich spürte, dass ihm diese Wissenschaft wirklich ein Anliegen war. Nichts Aufgesetztes, das er nur deshalb in sein Programm aufgenommen hatte, weil es modern war. Gregor Neuhof schien überhaupt ein Mann zu sein, der genau wusste, was er wollte. Und jetzt wollte er etwas zu trinken.
    »Was hältst du davon, wenn wir den Speisewagen suchen, Rosi? Es sind noch gute zwei Stunden bis Wien.«
    Hintereinander kämpften wir uns durch die Abteile. Wir hatten Glück: Es war ein wirklicher Speisewagen, nicht eines dieser modernen Stehbuffets. Und wir fanden obendrein einen freien, weiß gedeckten Tisch für uns allein.
    »Die Herrschaften wünschen?«, fragte der Kellner.
    Man merkte es, wir näherten uns der ehemaligen Kaiserstadt.
    Der Lautsprecher knarrte: »Meine Damen und Herren. Wir erreichen in Kürze Linz-Hauptbahnhof!« Die Stimme krächzte. Dann knarrte es wieder.
    »Warst du schon einmal in Linz?«, fragte mein Gegenüber und rührte Zucker in seinen Kaffee. Ich schüttelte den Kopf.
    »Da solltest du unbedingt einmal hinfahren«, sagte er zu meinem Erstaunen, »die Stadt ist ein Geheimtipp. Die haben dort ein ganz tolles Museum, das ›Lentos‹. Es wurde für seine Architektur in der internationalen Fachpresse gewürdigt. Ich hab mir das Haus natürlich sofort angesehen. Es liegt direkt an der Donau und hat eine transparente Glashülle, die in der Nacht abwechselnd in den verschiedensten Farben beleuchtet wird. Ein absoluter Wahnsinn.« Seine Hände beschrieben die kantigen Umrisse des Gebäudes. Es lag so viel Begeisterung in seiner Stimme, dass mir warm ums Herz wurde. Ich mochte es, wenn sich Menschen für etwas begeistern konnten. Wenn sie ihrer Freude Ausdruck verliehen – das fand ich mitreißend. Das war umso vieles schöner als eine Unterhaltung mit Leuten, die sich über alle Dinge erhaben fühlten oder annichts wirklich Interesse zeigten. Dieser Greg gefiel mir immer besser. Es hätte mir große Freude bereitet, wenn wir Freunde werden könnten. Natürlich fiel mir in diesem Augenblick einer meiner Lieblingsfilme ein. Wie sagte dort Harry zu Sally: »Männer und Frauen können nie Freunde werden. Der Sex wird ihnen immer im Weg stehen.« Das war natürlich ausgemachter Blödsinn.
    »Und jeden September findet dort die Ars Electronica statt«, hörte ich Greg weiter erzählen. »Hast du davon wirklich noch nichts gehört? Es geht um Computer-Animationen und moderne Medien. Mit einem multimedialen Open-Air-Konzert, der ›Klangwolke‹, die durch den gesamten Park an der Donau schallt. Großartig. Ich werde im September sicher wieder dort sein – komm doch einfach mit!«
    Ich musste lachen. Wie spontan er mich in seine Pläne einbezog. Ich konnte mir gut vorstellen, dass es da jemanden gab, der von dieser Idee ganz und gar nicht begeistert war. Ich beschloss, Frau Neuhof zu verdrängen und mir ihren Mann für die nächsten vier Tage auszuleihen. In allen Ehren natürlich. Rein freundschaftlich.
    Obwohl: Ich sah zu Greg hinüber. Er lehnte in seinem Sessel und blickte auf die Landschaft, die in schnellem Tempo an unseren Fenstern vorbeizog. Das Lächeln der Begeisterung war noch nicht von seinen Lippen verschwunden. Er hatte sehr schöne Lippen, nicht schmal

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