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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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wohin es sich auch wandte, große Flächenräume darboten. Diese Vorstellung war nicht illusorisch, sondern sie trat ins Leben, als später andere russische Heere von mehreren Seiten gegen das französische vordrangen; allein für jeden gegebenen Zeitabschnitt des Feldzugs war doch die Basis des russischen Heeres nicht ebenso groß, sondern sie war hauptsächlich in den Straßen vorhanden, auf welche der ganze Traktus der Transporte zum Heer und von demselben zurück eingerichtet war. Diese Beschränktheit verhinderte z. B. das russische Heer, nachdem es sich bei Smolensk 3 Tage geschlagen hatte, den weiter nötig gewordenen Rückzug in einer anderen Richtung als auf Moskau anzutreten und sich, wie man vorgeschlagen hatte, plötzlich gegen Kaluga zu wenden, um den Feind von Moskau abzuziehen. Eine solche veränderte Richtung wäre nur möglich gewesen, insofern sie lange vorgesehen war.
    Wir haben gesagt, daß die Abhängigkeit von der Basis mit der Größe des Heeres extensiv und intensiv wächst, was an sich verständlich ist. Das Heer gleicht einem Baume; aus dem Boden, worauf er wächst, zieht er seine Lebenskräfte; ist er klein und ein bloßer Strauch, so kann er leicht verpflanzt werden, dies wird aber schwierig und immer schwieriger, je größer er wird. Ein kleiner Haufe hat auch seine Lebenskanäle, aber er schlägt leicht Wurzel, wo er sich befindet, nicht so ein zahlreiches Heer. Wenn also von dem Einfluß der Basis auf die Unternehmungen die Rede ist, so muß allen Vorstellungen immer der Maßstab zugrunde liegen, welchen die Größe des Heeres angibt.
    [327] Ferner ist es in der Natur der Dinge, daß für das augenblickliche Bedürfnis die Ernährung, für das allgemeine Bestehen durch längere Zeiträume aber die Ergänzung wichtiger ist, weil die letztere nur aus bestimmten Quellen fließt, die erstere aber auf mannigfaltige Weise beschafft werden kann; dies bestimmt wieder den Einfluß näher, welchen die Basis auf die Unternehmungen haben wird.
    So groß nun dieser Einfluß sein kann, so muß man doch nie vergessen, daß er zu denjenigen gehört, welche viel Zeit brauchen, ehe sie eine entscheidende Wirkung haben, und daß also immer die Frage ist, was in dieser Zeit geschehen kann. Der Wert der Operationsbasis wird also bei der Wahl einer Unternehmung von vornherein selten entscheiden, er wird es wenigstens nur dann, wenn man das Unmögliche fordert. Die bloße Schwierigkeit, welche von dieser Seite entstehen kann, muß mit den andern wirksamen Mitteln zusammengestellt und verglichen werden; oft sinken diese Hindernisse vor der Kraft entscheidender Siege.
Sechzehntes Kapitel: Verbindungslinien
    Die Straßen, welche von dem Standpunkte einer Armee aus nach denjenigen Punkten zurückgehen, in welchen sich ihre Unterhalts- und Ergänzungsquellen hauptsächlich vereinigen, und die sie in allen gewöhnlichen Fällen auch zu ihrem Rückzug wählt, haben eine doppelte Bedeutung; einmal sind sie Verbindungslinien zur beständigen Alimentierung der Streitkräfte, und dann Rückzugsstraßen.
    Wir haben in dem vorigen Kapitel gesagt, daß eine Armee, ungeachtet sie bei der jetzigen Verpflegungsart sich hauptsächlich aus der Gegend ernährt, in welcher sie steht, mit ihrer Basis doch als ein Ganzes angesehen werden müsse. Die Verbindungslinien gehören zu diesem Ganzen, sie machen den Zusammenhang zwischen der Basis und der Armee aus und sind als soviel Lebensadern anzusehen. Lieferungen aller Art, Munitionstransporte, hin- und herziehende Detachements, Posten und Kuriere, Hospitäler und Depots, Munitionsreserve, Administrationsbehörden sind Gegenstände, die diese Straßen unaufhörlich bedecken und deren Gesamtwert von entscheidender Wichtigkeit für das Heer ist.
    Diese Lebenskanäle dürfen also weder bleibend unterbrochen werden, noch zu lang und beschwerlich sein, weil immer etwas von der Kraft auf dem langen Wege verlorengeht und ein siecher Zustand des Heeres die Folge davon wird.
    In der zweiten Bedeutung, nämlich als Rückzugsstraßen, konstituieren sie im eigentlichen Sinn den strategischen Rücken des Heeres.
    In beiden Bedeutungen kommt es bei dem Wert dieser Straßen auf ihre Länge, ihre Anzahl, ihre Lage, nämlich ihre allgemeine Richtung und [328] ihre Richtung nahe bei der Armee, ihre Beschaffenheit als Straße, die Schwierigkeit des Bodens, das Verhältnis und die Stimmung der Einwohner und endlich auf ihre Deckung durch Festungen oder Hindernisse der Gegend an.
    Aber nicht alle

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