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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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Müll. Das ist so eine Sache.«
    Mein zukünftiger
Geschäftspartner schaffte es, mir über den Tisch hinweg mit der ausgestreckten Hand
aufmunternd auf die Schulter zu klopfen. »Elektromüll ist Gold wert. Aus jedem Kühlschrank
kann man bis zu 50 Złoty rausholen. Ausschlachten und verkaufen – Plastik für Blumentopfproduzenten,
Glas für Glashütten und so weiter. Denk bloß an Friedhöfe, Valeska.«
    »Aber warum?
Mir geht’s gut.«
    »Nicht so!
Die Friedhofspflege. Da braucht man immer Plastikeimer, Plastikharken, Plastikspaten.
Wir produzieren das Zeug hier und du verkaufst es in Deutschland. Was sagst du dazu?
Bist du dabei?«
    Hilfe suchend
sah ich zum Mann im gold-weißen Gewand. Er lächelte milde. Meine erste Million schien
abgesegnet. Ich sah mich bereits vor einer Reihe Plastikgießkannen am Friedhofseingang
sitzen und ›memento mori!‹ vor mich hinmurmeln. Im Sommer gar nicht schlecht, da
würde ich entspannt dem Vogelgezwitscher zuhören oder über die Gräber hüpfende Kaninchen
beobachten. Und nebenbei haufenweise Gießkannen verkaufen. Aber was mache ich im
Winter, wenn alles zugeschneit ist? Dann könnte ich vielleicht nach Griechenland
fahren und bei milderen Temperaturen vor dortigen Friedhöfen sitzen.
    »Ich bin
dabei, Griechenland im Februar, die blühenden Orangenbäume, das würde mir gut gefallen.«
    Er sah mich
merkwürdig an. »Früher hast du mehr Alkohol vertragen. Wir reden später darüber.«
    Weitere
Diskussionen fand ich unnötig, ich prostete ihm zu. »Auf die Gießkannen! Übrigens,
mit deinem alten Leben ist Schluss, oder?«
    »Was meinst
du?«
    »Zeitungskioske
überfällst du nicht mehr?«
    Eine beiläufige
Handbewegung. »Längst verjährt. Eine blöde Jugendsünde. Heute bin ich wer in dieser
Stadt. Morgen bin ich bei unserem Bürgermeister eingeladen. Zu seiner Sommerparty.
Alle, die in der Stadt etwas gelten, werden da sein. Du musst unbedingt mitkommen.
Du hast doch Zeit, oder?«
    Zeit hatte
ich, in der Tat, aber die Erinnerung an die rauschende Ausstellung im Museum und
die pochenden Kopfschmerzen danach war noch nicht verblasst.
    »Mal sehen«,
ich beugte mich über mein Notizbuch und blätterte die leeren Seiten durch. »Tja,
es wird schwierig. Termine über Termine. Ich muss für eine Zeitung recherchieren
und Geschichten schreiben.«
    »Worüber?«
    »Liebe.«
    »Hähä. Ich
verstehe.«
    »Nein, ich
schreibe nicht für ein Pornomagazin.« Geduldig erklärte ich, welche Art von Geschichten
ich meinte.
    Die Ansprüche
meiner Frauenzeitschrift versetzten ihn in Erstaunen, er kratzte sich am Kopf. »Schwierig,
so etwas zu finden. Ehrliche Menschen und tiefe Gefühle, ganz selten. Aber …, warte
mal. Ich hab’s. Ich kenne eine Frau, die ihren Mann über alles liebt, nach Kräften
unterstützt und garantiert nie etwas Unrechtes gemacht hat. Eine Heilige. Die Frau
des Bürgermeisters.«
    In mein
Notizbuch schrieb ich: ›Gefühl und Macht. Ein liebendes Herz im Bürgermeisteramt.‹Der Titel klang nicht schlecht. Ich brauchte nur noch Einzelheiten. »Ich möchte
diese außergewöhnliche Frau unbedingt kennenlernen.«
    »Gar kein
Problem. Du begleitest mich morgen, ich bin mit dem Bürgermeister und seiner Frau
befreundet. Dein Reisebegleiter – wie heißt er noch? – kann auch mitkommen. Und
jetzt die nächste Flasche.«
    Nachdem
wir noch eine weitere, die letzte, verkostet hatten, erhob sich mein Partner, machte
schwankenden Schrittes einen Bogen um den Tisch herum, erreichte schließlich meine
Stuhllehne und hielt sich an ihr fest. »Möchtest du mein Schlafzimmer sehen? Echt
Mahagoni, Spiegelwand, Doppelbett, verschiede Extras.«
    Kokett warf
ich den Kopf nach hinten und kicherte. »Nur wenn du mich über die Türschwelle trägst.
Wie damals.«
    Schwer ließ
er sich in einen Sessel sinken und brütete über meinen Vorschlag. Kurz murmelte
er einige unverständliche Sätze, legte den Kopf auf den Tisch und schlief ein. Fassungslos
schleifte ich den untauglichen Liebhaber auf eine Schlafliege, rief ein Taxi und
kehrte in meine Pension zurück.

4.
     
    Am nächsten Tag hatte ich wieder
meine Probleme mit dem Konsum. Während gestern zu viel getrunken worden war, ging
es diesmal um Verweigerung des Essens. Ben lag auf der Seite, mit steif ausgestreckten
Beinen, und sah zu, wie ich sein Essen zubereitete. Ich schüttete eine Trockenfuttermischung
in einen Eimer, vermengte sie mit Wasser und stellte den Brei direkt vor seine Schnauze.
Sofort schloss er die Augen und

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