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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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Kurt.
    »Das tut
nichts zur Sache! Hübsch oder hässlich, egal.«
    »Ganz Ihrer
Meinung. Es kommt auf den Charakter an.«
    Der Inspektor
sah ihn misstrauisch an. »Haben Sie mir wirklich nichts verschwiegen, Herr Schöne?«
    Auf Kurts
Stirn bildeten sich Denkfalten. »Lassen Sie mich nachdenken. Doch, da ist etwas.
Wir haben eine Pause gemacht, bevor wir die verdächtige Stelle erreichten. Circa
30 Minuten Aufenthalt. Obwohl wir schon eine Stunde zuvor gerastet hatten. Ich will
nicht darüber spekulieren, aber der Hund hat anscheinend eine Blasenschwäche.«
    »Ben ist
eine gesunde, kluge Dogge«, giftete ich zurück.
    »Die gesundheitlichen
Beschwerden Ihrer Dogge sind für die Polizei unwichtig.« Inspektor Kowalski tupfte
mit einem zerknüllten Taschentuch seine Stirn ab. »Ist Ihnen noch etwas aufgefallen,
unmittelbar in der Nähe des Unfallorts, Herr Schöne?«
    »Jawohl,
die betrunkenen Radfahrer.«
    »Nein!«,
schrie der Inspektor. »Nicht schon wieder!«
    »Eine rasende
Bäuerin.«
    »Nein!«
    »Was wollen
Sie denn genau wissen?«, fragte ich. »Worauf wollen Sie hinaus?«
    »Ich stelle
hier die Fragen, Frau Lem. Also, was noch?«
    »Über das
Wetter wollen Sie sicher nichts wissen, oder?«
    Er schoss
hinter dem Tisch hervor. »Ich danke Ihnen. Und jetzt gehen Sie! Bitte!«
    »Liebend
gerne, wir sind eh spät dran. Beim Bürgermeister werden wir bereits erwartet.«
     
    *
     
    Die Gartenparty des Bürgermeisters
stand unter keinem guten Stern.
    Der Himmel
war wolkenverhangen und der Grillwurstlieferant noch nicht eingetroffen. Die meisten
Gäste standen gelangweilt um ein Bierfass herum und zapften Bier. Unsere Ankunft
brachte frischen Wind in die Gesellschaft. Eine kleine Gruppe gebildeter Biertrinker
versammelte sich um Kurt, der gleich einen Vortrag über die strengen Reinheitsgebote
der deutschen Bierbrauer hielt. Jan begrüßte mich überschwänglich, mit keinem Wort
erwähnte er den gestrigen Abend. Stolz stellte er mir seine Freunde vor. Ich lernte
zwei Tankstellenbesitzer kennen, drei Devotionalienhändler, etliche Kleinunternehmer
und eine Schneiderin, die einen Bekleidungsladen für russische Windhunde aufmachen
wollte und gerade die Nachfrage testete. Als ich mich als Doggenbesitzerin zu erkennen
gab, leuchteten ihre Augen, weil sie glaubte, mich als neue Kundin gewinnen zu können.
Im Namen meiner wenig modebewussten Dogge lehnte ich ab. Auf seiner Haut trug Ben
nur seine hübschen schwarz-weißen Flecken und ab und zu unhübsche Flöhe. Diesmal,
Magenbeschwerden vorschützend, trank ich nur Wasser. Denn wie es die Sitte des Landes
vorschreibt, musste ich mit jedem meiner neuen Freunde anstoßen. Eddy Cop winkte
mir von weitem mit einem Bierkrug zu. Die ›wandernde Chronik der Stadt‹ machte ihrem
Spitznamen alle Ehre, blitzschnell und geräuschlos wie eine Ringelnatter bewegte
er sich zwischen den Anwesenden und war in jeder Gruppe und bei jeder Plauderei
dabei. Die meisten Gespräche kreisten um den Unfalltod von Roman Czarnecki. Manche
waren der Meinung, dass er den Tod nicht verdient hatte. Die anderen ließen verlauten,
dass er sich dadurch viele Scherereien erspart hätte, denn die letzte Anklage wegen
einer Bauaffäre hätte ihm spätestens im Herbst das Rückgrat gebrochen. Einige Männer
sorgten sich um seine junge Witwe. Wanda, das zarte, unerfahrene Wesen! Wie würde
sie es schaffen, so ein großes Unternehmen allein weiterzuführen? Sie würde bestimmt
Hilfe brauchen, einen starken männlichen Arm. Ein junger Mann sagte, dass er bereit
wäre, ihr zur Seite zu stehen. Ein anderer äußerte die gleiche Absicht. Die beiden
Herren blickten sich feindselig an.
    Jan zog
mich weg, deutete auf eine hochschwangere Frau und flüsterte: »Da ist sie. Unsere
großartige Mutter. Die Frau des Bürgermeisters.«
    Watschelnden
Schrittes näherte sie sich uns. Mein edler Ritter Jan eilte ihr entgegen, küsste
galant ihre Hand und zeigte auf mich. »Ich möchte Ihnen meine, wie soll ich sagen,
äh, meine neue Geschäftspartnerin vorstellen.«
    Die Frau
nickte mir freundlich zu. Die Heldin meiner ersten Liebesgeschichte. Wie konnte
ich es anstellen, dass sie mir von sich erzählte? Der Zufall kam mir zu Hilfe. Der
Bürgermeister, ein Mann mit besorgtem Gesicht, betrat eine provisorische Bühne und
riss die Hände hoch. Wie auf Kommando schaute seine Ehefrau zu ihm auf. Sehen konnte
ich es nicht, ahnte jedoch, dass sich in ihrem Blick Liebe und Hingabe spiegelten.
    Vertraulich
senkte ich meine Stimme.

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