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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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um deine Kohle, nicht wahr? Schau bitte nach, ob meine Sachen da drin sind,
ich kann mich nur schlecht umdrehen.« Meine Handtasche war da, unversehrt, das Geld
war noch drin. »Bitte, Kurt, nimm es.«
    Verlegen
steckte er die Scheine in die Hosentasche. »Das meine ich gar nicht, das Geld ist
unwichtig. Ich mache mir Sorgen um dich.«
    »Ja, ja«,
murmelte ich. »Also, wo sind wir stehen oder liegen geblieben? Ich war doch verabredet
mit, mit …«
    »Mit dem
Journalisten«, half Kurt mir.
    »Natürlich,
wie heißt er noch?«
    »Edy Cop.«
    »Stimmt,
ja. Ist er auch hier?«
    »Womöglich
unten, in der Leichenhalle. Leider nicht zwecks Recherche.«
    Eine aufkeimende
Erinnerung boxte sich ihren Weg durch meinen Kopf. Sehr schmerzhaft. Kurt streichelte
behutsam meine Hand.
    Die mollige
Besucherin von nebenan beugte sich über meinen Nachttisch und griff nach einem leeren
Marmeladenglas. »Das brauchen Sie wohl nicht. Der Herr hat ja keine Blumen mitgebracht.«
    »Aber ich
bitte Sie. Ich habe Pralinen mitgebracht.«
    »Pralinen?
Lecker. Darf ich kosten?«
    Müde nickte
ich ihr zu. »Lassen Sie sich es schmecken, Gnädigste.«
    Um nicht
sehen zu müssen, wie sich das Monstrum schmatzend und grunzend über meine Pralinenschachtel
hermachte, schloss ich die Augen.
     
    Als ich die Augen wieder öffnete,
stand Inspektor Kowalski neben meinem Bett und machte ein verdrießliches Gesicht.
»Liebe Frau Lem. Das Wiedersehen mit der Heimat zu feiern ist eine schöne Sache,
aber gleich so eine wüste Alkoholorgie zu veranstalten, also wirklich …«
    »Sie haben
ja keinen leisen Schimmer davon, was ich gestern durchgemacht habe«, protestierte
ich schwach.
    »Oh doch.
Das Protokoll habe ich bereits durchgelesen.«
    »Da steht
sicher nicht alles, ich erinnere mich wieder genau an wichtige Details. Es ist Folgendes
passiert …«
    Der Inspektor
winkte eine Krankenschwester herbei. »Ein Stuhl wird sofort benötigt, ich muss eine
Zeugenbefragung durchführen.«
    Gehorsam
eilte die Schwester hinaus und kam mit einem Stuhl zurück. Kowalski zückte ein Notizbuch
aus seiner Hosentasche. »Frau Lem, ich höre.«
    »Am Nachmittag
betrat ich das Haus von Edy.«
    »Waren Sie
mit ihm verabredet?«
    »Ja!«
    »Geschäftlich
oder privat?«
    »Jetzt notieren
Sie: Edy wollte mir Unterlagen zeigen, die den wahren Dieb der Papstskulptur entlarven.«
    »Verstehe«,
sagte der Inspektor liebenswürdig. »Denn wenn die Polizei im Dunkeln tappt, schütteln
Journalisten, die sich als Amateurdetektive verdingen, wichtiges Beweismaterial
förmlich aus dem Ärmel. Fahren Sie fort, Frau Lem.«
    »Als ich
ins Zimmer kam, saß Edy Cop tot in seinem Sessel.«
    »Sie kommen
also herein, sagen: Aha, Edy ist tot. Und weiter?«
    Edys Gesicht,
entspannt, fast glücklich in der Stunde des Todes, tauchte aus der Tiefe meiner
Erinnerung auf, meine Stimme zitterte. »Jemand wollte verhindern, dass wir uns treffen.«
    »Verstehe,
Eifersucht als Motiv.«
    »Edy und
ich? Nein.«
    »Sofort
korrigiert. Kein Mord aus Leidenschaft. Und dann?«
    »Dann bin
ich rausgegangen, um Hilfe zu holen.« Es entstand eine Pause. Krampfhaft durchsuchte
ich mein Gedächtnis.
    Inspektor
Kowalski half mir dabei. »Welche Hilfe haben Sie im Gebüsch am Ufer erwartet?«
    »Wieso?
Ich wollte gar nicht dorthin.«
    »Das glaube
ich Ihnen aufs Wort. Sie sind jedoch rausgegangen, vielleicht um frische Luft zu
schnappen?«
    Es war nicht
einfach, aber ich beherrschte mich, um nicht zu schreien. »Nein, im Flur bin ich
bewusstlos geschlagen worden.«
    »Ach je,
warum denn das?«
    »Der Mörder
von Edy befand sich immer noch im Haus.«
    »Bravo,
sehr scharfsinnig beobachtet.«
    »Aber das
Entscheidende, Herr Inspektor: Edy hat mir ein paar Stunden zuvor einen Schuh…,
ich meine, einen dicken Aktenordner mit Informationen über die ungeklärten Diebstähle
der letzten Jahre gezeigt. Der schlaue Edy wusste zum Beispiel, wer die Papststatue
geklaut hatte.«
    »Aber selbstverständlich,
Frau Lem. Und den Ordner wollte er Ihnen aus purer Freundschaft überlassen.«
    »Nein, ich
war bereit, dafür zu zahlen.«
    »Das auch
noch.«
    »Sehen Sie
da keinen Zusammenhang, Inspektor?«
    »Jetzt,
wo Sie es mir so deutlich vor Augen führen, muss ich aufrichtig überlegen. Die Polizei
ist auf die Hilfe von Berliner Amateurdetektiven, die ihren Urlaub hier verbringen,
stark angewiesen.«
    Meine Augen
sprühten Funken vor Empörung. Jedenfalls wünschte ich mir, dass es so wäre. Meine
Stimme gewann ihre gewöhnliche

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