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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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glänzte dagegen sauber wie selten, ich stieg ein und fuhr los. Die Straßen
waren noch fast leer, als ich um 5 Uhr morgens zum Fluss hinunterfuhr.
    Es war nicht
schwer, die Tür zu öffnen. Die Papierstreifen, mit denen die Polizei die Tür versiegelt
hatte, hingen bereits lose herunter. Diesmal war ich bewaffnet mit Kurts kräftigem
Wanderstock. Wachsam schlich ich ins Zimmer hinein, wo die Erinnerung an Edys letztes
Zechgelage noch schwer in der Luft hing. Ich hielt mir die Nase zu und ging in den
Raum hinter der Küche. Es war die Speisekammer eines Liebhabers der gesunden, mediterranen
Lebensart: Nur Gemüse, Fisch und Öl. Von der Decke hingen Zwiebelzöpfe, Fischkonserven
mit ausgeblichenen Aufklebern stapelten sich in den Regalen. Große, verstaubte Flaschen
mit Speiseöl standen auf dem Fußboden. Eine muffige Staubwolke versuchte mir die
Sicht zu trüben, als ich die Zwiebelzöpfe zur Seite schob. Zwischen Sardinen in
Öl und Makrelen mit Gemüse entdeckte ich den eingezwängten Schuhkarton. Ich schaute
kurz hinein und klemmte ihn mir unter den Arm. Auf dem Weg zur Haustür hörte ich
draußen Schritte. Nur keine Panik, ich schlich in den Flur und stellte mich dicht
an die Wand. Diesmal wollte ich es sein, der zuschlug. Die vorsichtigen Schritte
machten direkt vor der Eingangstür halt. Ohne ein Geräusch stellte ich die Schuhkiste
ab und nahm Kampfstellung ein. Jemand bewegte die Klinke, ich hielt den Atem an.
Nichts passierte, ich riss mit der linken Hand die Tür auf, stürzte hinaus und ließ
meinen Stock durch die Luft sausen, verfehlte jedoch den Eindringling, der blitzschnell
kehrtmachte. Ich sah eine dunkle Gestalt, die flink im Gebüsch verschwand. Mit Kampfgeschrei
durchstöberte ich das Ufergebüsch und lief um das Haus herum. Keine weitere Spur,
also holte ich die Schuhkiste und ging zum Auto zurück.
    Pünktlich
um 8 Uhr ging ich in den Frühstücksraum hinunter. Kurt saß am Tisch.
    »Hast du
meinen Spazierstock irgendwo gesehen, Valeska?« Er klang besorgt, denn er pflegte
eine innige Beziehung zu seiner Krücke.
    »Da steht
er.« Ich zeigte zum Kübel neben der Tür mit dutzenden verschiedenartigen Stöcken.
    »Nein, da
habe ich schon nachgeschaut. Der mit Affenkopf ist nicht da!«
    »Ach der!
Der liegt noch im Auto. Ich habe ihn heute früh zum Spazieren mitgenommen.«
    »Willst
du nicht lieber den mit dem Löwenkopf aus Silber? Der Griff liegt besser in der
Hand.«
    »Nein, danke,
der Holzaffe ist ausreichend, ich wollte nur ordentlich zuschlagen, falls mich jemand
angreift, nicht gleich töten.«
    »Was? Wo
warst du heute früh?«
    »Ich? Ich
wollte den Sonnenaufgang sehen.«
    »Valeska.
Es tut mir leid wegen gestern. Ich war aufbrausend und ungerecht.«
    »Nein, mach
dir keine Vorwürfe«, widersprach ich heftig. »Du hast recht gehabt, ich verhalte
mich augenblicklich wie meine Dogge. Mit einem energischen Sprung starte ich, dann
werde ich langsamer, neugierig schaue ich mich in der Gegend um und lasse mich gerne
durch kleine Abenteuer ablenken. Kurzum, mein Weg zum Ziel ist zwar interessant,
doch er dauert zu lange. Vorausgesetzt, ich komme überhaupt ans Ziel.«
    »Ist es
denn so schlimm, ohne Hast zu handeln?«
    »Ja, sehr
schlimm sogar. Jetzt heißt es nicht länger zögern! Fix werde ich eine Geschichte
schreiben, in die Firma einsteigen und meine Beziehung festigen«, sagte ich und
spürte, wie meine normalerweise stark ausgeprägte Eigenschaft – schnell zu handeln
voll wilder Entschlossenheit – allmählich zurückkehrte.
    Seinen Gesichtsausdruck
konnte ich nicht deuten, seine Stimme klang betrübt. »Du meinst deine Beziehung
zu Jan?«
    »Welche
denn sonst? Ich weiß, woran es hapert, ich muss es nur zurechtbiegen. Die Papststatue
…«
    Halt, beinah
hätte ich mich verplappert, auf keinen Fall durfte ich zu viel erzählen. Ich würde
es allein schaffen und Jan helfen, sein Image des notorischen Betrügers loszuwerden.
Sonst hätten wir keine Ruhe, Inspektor Kowalski würde bei jedem ungeklärten Verbrechen
zur Hetzjagd auf ihn blasen. Unter solchen Umständen hätte unsere Beziehung keine
gute Zukunftsaussicht.
    Mich drängte
es zu neuen Taten. »Kann ich deinen Wagen haben, Kurt? Ich muss wegen einer Recherche
durch die Gegend fahren.«
    »Ja, natürlich«,
sagte er und legte einen Briefumschlag vor mich hin. »Ich bin auch auf der Suche.
Würdest du bitte die Anzeige in der Zeitungsredaktion im Städtchen aufgeben? Es
ist dringend, und ich habe heute keine Zeit dafür.

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