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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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Nähkurs, Yoga und einen Entzug dran anhängst, dann sieht’s in
der Tat nicht schlecht für dich aus.«
    Edy trank
sein Glas auf ex. »Was willst du von mir wissen?«
    »Du hast
erzählt, dass du über alles, was im Städtchen passiert, Bescheid weißt. Stimmt das?«
    »Ja.«
    »Warum musste
die Bürgermeisterwahl wiederholt werden?«
    »Die Wahlzettel
waren ungültig, alles war angekreuzt.«
    »Wieso?
Aus purer Freude, mehrere Kästchen ankreuzen zu dürfen? Im Gegensatz zu früher?«
    »Nicht so
negativ, Valeska. Damals hatten wir zwar eine sehr überschaubare Perspektive, dafür
aber keine Zukunftsängste. Und jetzt? Den schlimmsten Manchesterkapitalismus!«
    »Warum zog
Czarnecki seine Kandidatur zurück?«
    Mit tiefer
Zuneigung betrachtete er sein Wodkaglas. »Czarnecki hätte das Rennen mühelos gemacht,
denn er war ein braver Ehemann, ein Vorzeigekatholik und erfolgreicher Geschäftsmann.
Und erst seine Wahlversprechen: Aus dem Riesengebirge wollte er eine Reiseregion
wie die Alpen machen, und aus dem Städtchen hier das St. Moritz des Ostens. Privat
war er ein Musterknabe. Kurz vor der Wahl hat er geheiratet und ließ sich nach jeder
Sonntagsmesse vor der Kirche mit seiner Frau und ihren unzähligen Neffen fotografieren.
Man liebt solche Politiker.«
    »Warum hat
er dann nicht weitergemacht?«
    »Offiziell
das Übliche. Er wollte lieber mit seiner Frau Canasta spielen, statt tagtäglich
die umliegenden Telefonzellen feierlich zu eröffnen.«
    »Ist er
ein so leidenschaftlicher Kartenspieler?«
    »Nein.«
    »Also?«
    »Bist du
bereit, für die Antwort zu bezahlen?«
    »Aber Edy,
das haben wir schon hinter uns. Du bist nicht mein Typ, es tut mir leid.«
    »Geld nehme
ich auch.«
    »Wofür denn?«
    Mit der
Antwort ließ er sich Zeit, er goss Wodka in sein Glas, roch daran und kniff vergnügt
die Augen zusammen. »Für Informationen über ein kleines Missgeschick bei Czarnecki.«
    »Sprich
deutlicher, Edy.«
    »Ich weiß
alles.«
    »Wirklich?
Das bezweifle ich.«
    »Doch, doch.«
    Nun stellte
ich die wichtigste Frage: »Wer hat die wertvolle Papstskulptur aus der Garage von
Jan Linde geklaut?«
    Er prustete
los. »Vorausgesetzt, es war kein Betrug seitens Linde, nicht wahr?«
    Bevor ich
zustimmen konnte, erhob er sich von seinem Sessel und bahnte sich einen Weg zwischen
etlichen Kisten zur Küche. Ich hörte eine Tür knarren und zuschlagen. Kurze Zeit
später kehrte Edy mit einem Schuhkarton unterm Arm und einer Wolke aus Knoblauch
und Fisch zurück. Keuchend wankte er zu seinem Sessel und klopfte auf den Deckel.
»Hier drin liegt die Antwort.«
    Der Aufkleber
›Größe 44‹ löste sich vom Karton und blieb an Edys Hosenbein hängen.
    »Schuhabdrücke
vom Tatort?«, fragte ich.
    »Mehr als
das.« Er hob den Deckel hoch. Zum Vorschein kam das, was man üblicherweise in einem
alten Schuhkarton aufbewahrte: alte Notizbücher, Fotos, Schnürsenkel, Knöpfe. »Valeska,
das ist mehr wert als 5.000 Euro. Für dich sagen wir vier. Aber nur, weil ich dich
mag.«
    »Gar nicht
zu viel für den brisanten Stoff. Willst du für die Knöpfe nicht noch was extra draufschlagen?«
    Geschickt
fischte er sie heraus und warf sie nach hinten auf sein Bett. Eine graue Katze sprang
wie ein Blitz unter der zerknüllten Bettdecke hervor und zum Fenster hinaus.
    »Also, was
ist? Mein letztes Wort. Nur 3.000 Euro, und du kannst nebenbei nach Belieben in
den Abgründen zerstörerischer Leidenschaften wühlen.«
    »Für das
Vergnügen brauche ich nur eine Illustrierte zu kaufen, für drei Euro.«
    »Da steht
aber nichts über dir bekannte Personen drin. Noch nicht.«
    »Weißt du,
wer die Papstskulptur geklaut hat oder nicht?«
    Edy stöhnte,
trank einen weiteren Schluck und sah mich nachdenklich an. »Wieso willst du das
wissen? Jan Linde kommt früher oder später aus dem Knast. Er hat gute Anwälte. Ich
mag dich, Valeska. Mach lieber eine Kreuzfahrt um die Welt und vergiss die ganze
Geschichte.«
    »Eines Tages,
ja. Jetzt noch nicht.«
    »Dann kaufe
es.« Edy klopfte auf den Karton. »Was ist? Mein Angebot ist zeitlich begrenzt. Ich
habe andere ernsthafte Interessenten.«
    »3.000 Euro?
Woher soll ich die nehmen, Edy?«
    Zu meinem
Erschrecken führte er mir etwas vor, was wie das Vorstadium des Delirium Tremens
aussah. Krampfhaft schüttelte er sich, trommelte auf die Brust, die Tränen rannten
ihm das Gesicht herunter. Erst als glucksende Geräusche seiner Kehle entsprangen,
war ich mir sicher: Edy lachte.
    »Du wohnst
doch seit

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