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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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ist aber pleite. Es sei denn, eine Horde fetter
russischer Millionäre wird in den nächsten Tagen hier absteigen. Die hiesigen Männer
wollen lieber infolge ihrer Dickleibigkeit früher sterben als sich mit der Weißkäse-Tomaten-Diät
zu Lebzeiten zu bestrafen.«
    Wir plauderten
noch eine Weile und schließlich krabbelte die Dame hinter dem Tresen hervor und
klopfte an eine Tür mit der Aufschrift ›Privat‹. Sie steckte den Kopf zur Tür hinein,
zog ihn schnell wieder heraus und winkte mich heran.
    »Sie dürfen
rein«, flüsterte sie. »Und wie gesagt: sehr behutsam.«
    So nachdrücklich
musste sie mir das wirklich nicht sagen, ich hatte nicht vor, mich wie ein Trampeltier
zu benehmen. Und schon gar nicht inmitten der vielen zerbrechlichen Gegenstände,
mit denen das Zimmer vollgestellt war. An den Wänden drängten sich dicht an dicht
Bilder und Fotos. Auf dem Boden stand Porzellan der Sorte, das man gewöhnlich in
Vitrinen aufbewahrte, um es dort vor Besuchern zu schützen, die es entweder kaputt
machen oder mitgehen lassen könnten. Alix Robotka kam mir entgegen, ihre weiße Bluse
war zerknittert, ihre Haare zerzaust. Einige unbedeutende Worte flogen zwischen
uns hin und her, bis ich den wohlüberlegten Satz aussprach: »Ich freue mich, in
meinem Magazin über die Hochzeit deines Bruders berichten zu dürfen.«
    Sie setzte
sich hinter den weiß lackierten Schreibtisch, wies mir einen sterilen weißen Sessel
zu und sagte ärgerlich: »Es wird keine Hochzeit geben.«
    »Wieso nicht?«
    »Darum nicht.«
Sie hob den Deckel einer weißen Porzellandose, die auf ihrem Schreibtisch stand,
und bot mir Pralinen an. Als ich dankend ablehnte, fischte sie eine weiße Kugel
aus der Dose und aß sie schnell auf.
    »Was ist
passiert? Hat dein Bruder kalte Füße bekommen?«
    So hastig
langte sie nach der nächsten Praline, dass sie mit ihrem Wappenring an den Rand
der Porzellandose stieß. »Am besten, wir lassen das Thema.« Sie steckte sich gleich
zwei Pralinen in den Mund, legte den Deckel auf die Schale zurück und stöhnte: »Immer,
wenn ich mich aufrege, stopfe ich mich mit dem Zeug voll.«
    »Halb so
schlimm. Kurt findet fast alle Macken liebenswürdig. Ihr werdet ein tolles Paar.«
    Ihre Augen
leuchteten auf. »Kurt! Kurt von Schöneberg. Ja, er ist meine letzte Option. Nein,
was erzähle ich. Nicht meine letzte, ich meine nur, was für ein Glück, dass wir
uns getroffen haben. Er ist sehr verliebt in mich oder irre ich mich? Was meinst
du, Valeska?«
    »Doch, er
mag dich sehr.«
    »Er würde
mich auch heiraten, oder?«
    »Ja, doch.
Ich glaube schon, dass …« Ich brach ab. Komisch. Der Gedanke, dass Kurt heiraten
würde, gefiel mir nicht besonders.
    Sie schielte
auf die geschlossene Pralinendose. »Ist seine Familie vermögend? Ich meine, das
interessiert mich gar nicht, aber wo hat er sich bis jetzt vor den Frauen versteckt?
Ein reicher Mann mit diesem Namen und immer noch alleinstehend, seltsam.«
    »Geschieden«,
korrigierte ich. »Und wer sagt, dass er im Geld schwimmt? Nicht jeder Bewohner des
Bezirkes Schöneberg ist reich. Im Gegenteil …«
    »Was?«,
unterbrach sie mich. »Er ist doch Kurt von Schöneberg , oder?«
    »Stimmt.
Ich bin auch Valeska Lem von Schöneberg. Wir wohnen im selben Hinterhaus. Ich wegen
der niedrigen Miete, Kurt, weil er sein Image des unbestechlichen Privatdetektivs
aufrechterhalten muss. So ein harter Kämpfer um die Gerechtigkeit muss in einem
trostlosen, schäbigen Büro amtieren. Beine auf dem Tisch, eine Whiskyflasche griffbereit
in der Schreibtischschublade. Wenn du auf solch harte Männer stehst, Alix, dann
ist Kurt genau der Richtige. Aber erst in ein paar Monaten. Er muss noch seine Lizenz
erwerben.«
    Ihre Mundwinkel
fielen herunter. So etwas wirkt nicht vorteilhaft, das macht Gesichter nicht gerade
jünger. Im Augenblick war ihr das anscheinend völlig egal.
    »Ein Privatdetektiv?
Kurt von Schöneberg ist kein von Schöneberg. Haha«, lachte sie auf. Mit verbittertem
Gesichtsausdruck schloss sie: »Noch eine Pleite! Unser Schloss wird nie fertig.«
    Abermals
griff sie zu ihren Beruhigungspralinen. Deckel auf, Deckel zu. Das Kauen beruhigte
sie. Sie zeigte mit dem Finger, an dem Schokoladenkrümel klebten, auf die Wände
mit den alten Gemälden. »Und wo soll ich jetzt die Porträts unserer Vorfahren unterbringen?
Diese Gangster haben mich an den Bettelstab gebracht.«
    Endlich
waren wir bei meinem Thema angelangt, ich öffnete die Handtasche und wühlte darin.
»Dein

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