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Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition)

Titel: Vom Liebesleben der Stechpalme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Kolenda
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alleine,
um sein Privatleben zu zeigen. Mit Fotos, Frau Lem!«
    »Die haben
ihm wohl den Rest gegeben.«
    Plötzlich
hielt er inne, dann rief er erfreut: »Ich hab’s! Kochmann ist womöglich gar nicht
wegen der Berichte, sondern wegen dieser verfluchten Fotos wütend.«
    Nun rieb
er sich die Hände und schielte zu mir. »Und wir beide? Kommen wir uns näher?«
    »Später.
Kennen Sie zufällig den Fotografen dieses Bildes?« Ich zeigte ihm das Foto des Diebes.«
    »Selbstverständlich
weiß ich, wer das geschossen hat. Es gibt nur einen, der seine Bilder mit diesem
Zeichen versieht. Sehen Sie diese Eule?« Auf der Rückseite der Aufnahme war ein
Klecks, den ich erst jetzt als eine Eule erkannte.
    Er nannte
mir den Namen des Fotografen. Dessen Adresse wollte mir der Redakteur nicht geben,
aber wozu gab’s Telefonbücher.
    Dann erklärte
ich den eigentlichen Zweck meines Besuches. Er war enttäuscht, dass ich nur wegen
der Zeitungsannonce für Herrn Schöne gekommen war. Unermüdlich philosophierte er
darüber, ob man Kurts Anzeige nicht lieber anders verfassen sollte. Etwas fantasievoller.
Da ich diesbezüglich keine Befugnisse hatte, blieben wir bei dem Text: ›Ein privater
Antiquitätensammler sucht alte Holzskulpturen, bevorzugt Heiligenfiguren.‹ .
     
    Der Fotograf saß mit drei Kindern
am Tisch, auf dessen Mitte ein kleiner Erdbeerkuchen stand. Er habe gerne Besuch,
sagte er und bat mich, auf den Kuchen aufzupassen, so lange er den Tee in der Küche
zubereitete. Drei Augenpaare beobachteten jede Bewegung meiner Hände.
    »Sie will
den Kuchen nur für sich allein«, urteilte schließlich das kleinste Mädchen.
    »Nein, sie
muss teilen«, sagte das mittlere. »Wir sind schließlich auch noch da.«
    Das größte
Mädchen übte sich in Diplomatie. »Der gehört uns. Aber sie ist ein Gast. Und sie
wird ein Stück bekommen. Bestimmt fast die Hälfte.«
    »Wenn Mama
zurückkommt, dann essen wir jeden Tag nur süßes Gebäck«, drohte die Kleinste weinerlich.
    »Mama braucht
keinen Kuchen backen, du Idiotin«, herrschte die Größte sie an. »Wenn sie zurückkommt,
haben wir nämlich viel Geld. Sie wird jeden Tag einen, oder zwei, kaufen.«
    »Ich mag
gar keinen Erdbeerkuchen«, versicherte ich schnell.
    »Alle sagen,
dass sie keinen mögen, und dann mampfen sie uns alles weg.«
    »Ich nicht.«
    »Auch nicht,
wenn du vom Papa ein ganz großes Stück bekommst?«
    »Auch dann
nicht.«
    »Das werden
wir ja sehen. Erwachsene können nämlich ganz schön lügen.«
    Die Kleinste
schniefte, bereit, loszuheulen, falls ich mich doch als eine gemeine Kuchenfresserin
entpuppen sollte. Ich trank meinen Tee, lehnte brav den Kuchen ab, und nachdem die
Kinder zum Spielen in den Hof gegangen waren, zog ich die mittlerweile zerknitterte
Fotografie aus meiner Handtasche. »Kennen Sie den Mann mit der Narbe?«
    Mit breitem
Lächeln besah er sich das Bild. »Eine gute Aufnahme. Aber den Mann, den kenne ich
nicht. Oder doch! Warten Sie, ich hab’s gleich.« Er lachte. »Na, so was! Jetzt erkenne
ich ihn. Das im Hintergrund ist doch unsere Bibliothek. Jetzt habe ich es! Frau
Lem, nicht wahr? Valeska Lem, ein schöner Name. Ich habe eine Schwäche für klangvolle
Namen. Was wollte ich sagen? Ja, jetzt weiß ich es genau. Das war die Bibliothekseröffnung,
hier steht auch das Datum: 4. Juli 2001. Ich habe die Fotos auf Bestellung gemacht.
Eine Laientheatergruppe, die ein Märchen aufgeführt hat. Der Mann mit der Narbe,
das ist Edy! Als Dieb, der die Prinzessin klauen wollte. Hilft Ihnen das weiter?«
    »Doch, doch,
Sie haben mir sehr geholfen.«
    Er bedauerte,
dass ich nicht länger bleiben wollte, begleitete mich zur Tür und küsste zum Abschied
meine Hand. »Sie sind bei uns immer willkommen. Meine Mädchen mögen Sie sehr.«
     
    Dieser Tag brachte nicht nur Enttäuschungen.
Nachdem ich die Wohnung des freundlichen, alleinerziehenden Vater verlassen hatte,
erreichte mich ein Anruf von Jan. Er war gegen Kaution aus der U-Haft entlassen
worden. Wir verabredeten uns gleich in einem Café. Als ich dort ankam, wartete er
schon an einem Tisch in einer schummrigen Ecke. Hier waren wir allein, die übrigen
Gäste saßen draußen. Glücklich sah er nicht aus, er begrüßte mich mit einem flüchtigen
Kuss. Über das, was er gerade durchlebt hatte, wollte er nicht mit mir reden, das
sei Sache seines Anwalts. Nervös drückte er die Tasten seines Handys, dann sah er
mich strahlend an.
    »Worum geht’s,
Jan?«
    »Geschäfte.
Ich bekomme das

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