Vom Mensch zum Vampir
dass Adam ihn auf gar keinen Fall gehen lassen würde, um ein normales Leben zu führen.
„Wie soll es jetzt weiter gehen?“, fragte er mit monotoner Stimme und bereitete sich innerlich auf das Unumgängliche vor.
„Oh, du mein Engel. Endlich muss ich mein wahres Ich nicht mehr vor dir verbergen! Und wenn du erst einmal so bist wie ich, kann uns nichts und niemand mehr trennen. Ich bin so glücklich, dass du es selbst eingesehen hast, dass wir zusammen gehören!“, meinte Adam erfreut und tänzelte leichtfüßig wie ein liebestoller Narr durch den Raum.
„Versteh das nicht falsch. Ich habe das nur gesagt, um Bessy Bouvier zu retten, denn sie hat mit alledem nichts zu tun. Ich habe meine Wahl getroffen. Töte mich!
Gleich hier und jetzt, denn lieben werde ich dich nie!“, rief Ardric wütend aus und riss sich demonstrativ das Hemd vom Leib. Zum Vorschein kam sein athletischer Körper, der seinesgleichen suchte. Unter seiner samtenen Haut, die noch den würzigen Geruch zahlloser Sonnenbäder gespeichert hatte, spannten sich kräftige Muskeln. Ardric war stets ein Kind der Sonne gewesen und ließ selten eine Möglichkeit aus, dem griechischen Sonnengott Helios mit seinem nackten Körper zu huldigen.
„Hier, nimm mich! Und wenn du mich wirklich so sehr liebst wie du es behauptest, dann mach schnell und lass mich nicht leiden“, bat er ihn. Ardric breitete seine Arme aus und schloss die Augen. Er wollte nicht, dass das Gesicht des Vampirs das Letzte war, was er sehen würde, während er seines Lebens beraubt wurde.
Keine drei Herzschläge später spürte er die kalten Finger von Adam, wie sie über seine bebende Brust glitten und jeden Millimeter seines entblößten Oberkörpers erkundschafteten.
Vor lauter Ekel bekam er eine Gänsehaut, die Adam jedoch falsch interpretierte. Für ihn war es nur ein weiterer Ansporn, seinem Engel das Geschenk des ewigen Lebens zu vermachen und seinen Todeswunsch nicht zu erfüllen.
Voller Zärtlichkeit umschloss er Ardrics zitternden Körper und genoss die Wärme, die er ausstrahlte. Er kostete die Intimität, die dieses Vorhaben mit sich brachte, in vollen Zügen aus. Sein wild schlagendes Herz war wie Musik in seinen Ohren. Er fühlte den beschleunigten Puls nach, der sich am Hals bemerkbar machte, indem er mit seinen Lippen leicht über die Haut strich. Ardrics Haut schmeckte salzig vom Schweiß, denn es war eine laue Sommernacht. Die Nacht, in der Ardric Donovans junges Leben enden sollte.
Nachdem Adam dann endlich seine Fangzähne in dem Fleisch seines Opfers vergraben hatte, sog Ardric die Luft scharf ein, denn der Vampirkuss schmerzte mehr, als er es zuvor vermutet hatte. Er hörte wie der Nachtwanderer, teils gierig schmatzend und teils lustvoll stöhnend sein Blut trank und spürte, wie er von Sekunde zu Sekunde schwächer wurde. Als langsam seine Lebensgeister entschwanden, sackte er in sich zusammen und sank gemeinsam mit Adam zu Boden. Wie zwei Liebende beim Liebesakt lagen sie ineinander verschlungen auf dem kalten Steinboden.
Dann spürte er, wie Adam plötzlich von ihm abließ. Ardric wusste nicht, was dies zu bedeuten hatte. Er konnte fühlen, dass er sich bereits an der Schwelle zum Tode befand.
Doch weshalb beendete Adam nicht sein Werk?
Eine metallisch schmeckende Flüssigkeit befeuchtete seinen Mund.
Was war das?
„Ich habe die Wahl schon damals getroffen, als ich dich zum ersten Mal erblickt habe. Ich wusste, dass du der Meine bist. Und nun trink mein Engel, trink“, hauchte ihm Adam ins Ohr, während er ihm zärtlich die vom Schweiß verklebten Strähnen aus der Stirn strich. Und dann wurde Ardric bewusst, dass die metallisch schmeckende Flüssigkeit Adams Blut war. Er wollte sich dagegen wehren und das Blut ausspucken, doch sein Körper hörte nicht mehr auf seine Befehle. Mit allerletzter Kraft richtete er bittere Worte des Abschieds an seinen Mörder und Schöpfer.
„Das werde ich dir niemals verzeihen!“, wisperte er mit seinem letzten Atemzug und glitt endgültig ins Jenseits hinüber.
*****
Etwas stimmte nicht. So konnte sich auf gar keinen Fall der Tod anfühlen.
Oder etwa doch?
Ardric wusste nicht, wo er sich befand. Weder konnte er Wärme, noch Kälte spüren, noch sich selbst, und doch war er da und hatte ein Bewusstsein. Er war verwirrt und versuchte, sich an irgendetwas zu erinnern. Doch alles, was er zustande brachte, war das Gesicht einer Frau, das ihm fürchterlich bekannt vorkam. Immer wieder blitzte das Gesicht in
Weitere Kostenlose Bücher