Vom Nehmen Und Genommenwerden
Zentimetern, der den Intimbereich markiert, in unseren Breiten von den meisten Menschen unbewusst eingehalten. Wird dieser Abstand unterschritten, fühlen wir uns unwohl, sind irritiert und ziehen uns zurück.
Der Tango ist ein sehr schönes Bild für den Umgang mit Grenzen. Mann und Frau kommen zusammen in der Absicht, während der Zeitdauer des Tanzes den Raum zu teilen. Jeder von beiden hat dabei seine eigene Aufgabe in diesem Spiel. Der Mann bereitet mit seiner starken, selbstbewussten Präsenz der Frau den Raum, sich völlig ihrer femininen Bewegung hinzugeben. Die Frau zeigt sich in ihrer ganzen sinnlichen Schönheit, im Schutz der maskulinen Kraft. Jeder bleibt in seiner Energie, doch sie treffen sich, um genau diese Unterschiede gemeinsam zu zelebrieren. Der Tango zeigt, dass Gegensätze noch eine andere Funktion haben, als zwischen zwei verschiedenen Polen zu trennen. Der Tanz verbindet die beiden Pole zu etwas, das gröÃer, schöner und intensiver ist als die Summe beider.
Was für jede Begegnung gilt, das gilt auch für das Begehren. Wer begehrt, der will die Grenzen des anderen stürmen, will die eigenen Grenzen verlieren und eins mit dem anderen werden. Doch Begehren kann nur aus der Polarität entstehen.
Im feurigen Lieben, so haben wir gesehen, leben wir das Prinzip der Polarität voll aus, ohne es infrage zu stellen. Wir lieben die Spannung, die sich aus den wundervollen Gegensätzen des Maskulinen und Femininen ergibt. Wir spielen bewusst und unbewusst mit den Grenzen zwischen dem Ich und dem Du, wir fordern Grenzüberschreitungen geradezu heraus, wir laden den anderen zu uns ein oder grenzen uns ab und pochen auf unsere Individualität. Das ist spannungsvoll und aufregend, und manchmal auch ganz schön anstrengend.
Im herzlichen Lieben sind wir uns der Gegensätze nicht nur bewusst, sondern setzen sie ein, um Eros und Leidenschaft zu entfachen. Wir tasten uns möglichst nahe an diese Grenzlinie heran, wir tun es in der Absicht und im Wissen, dass diese Linie nicht real ist. An der Grenzlinie erkennen wir, dass wir im anderen stets nur uns selbst lieben. Wir lieben den anderen nicht, obwohl er so schrecklich anders ist, sondern wir lieben ihn, weil er so wundervoll anders ist. Auch wenn es sich paradox anhört: Wir üben Abgrenzung, um den anderen besser lieben zu können. Doch die Qualität einer Partnerschaft zeigt sich tatsächlich darin, wie sehr jeder Partner er selbst bleiben und in Liebe sein kann: Genau das ist wahre Intimität.
Partnerschaft als Weg
Binden um der Liebe willen
Beziehungen verlaufen nie statisch, sondern sind glücklicherweise immer in Bewegung. Wir beziehen uns aufeinander, mal mehr, mal weniger, mal klammernd, mal mit sehr langer Leine, mal feurig, mal eher zaghaft, mal von ganzem Herzen, mal eher funktional. Das ist normal, richtig und gut.
Was uns aber immer wieder in Schwierigkeiten bringt, das sind unsere Vorstellungen davon, wie eine Beziehung sein sollte und wie sie sich anfühlen müsste. Wenn wir aber genauer hinsehen, erkennen wir, dass es nicht nur verschiedene Beziehungsformen, sondern auch verschiedene Beziehungsphasen gibt. Beziehungen sind und bleiben komplex, weil alles auf verschiedenen Ebenen zugleich passiert.
Im ewigen Kreislauf der Beziehungsphasen
Niemand ist zu Beginn einer Partnerschaft wirklich beziehungs- und liebesfähig. Dies lernen wir mit viel Geduld und Mut, wenn wir die verschiedenen Phasen Verliebtheit, Symbiose, »Komm â Geh«, »Zeus und Hera« und »Yin â Yang« zulassen und dadurch miteinander in die Tiefe gehen. Wieder geht es um Wandel, Loslassen und um die Auseinandersetzung mit unseren Ãngsten. Diese Beziehungsphasen gehen ineinander über, folgen nicht immer direkt aufeinander, können einander ablösen und auch im Verlauf einer Partnerschaft mehrmals aktiv werden. Es gibt Abschnitte, nach denen sich ein Paar zurücksehnt, denen es nachtrauert, und es gibt Phasen, die lieber gemieden oder als schmerzhaft empfunden werden. Jede dieser Phasen hat ihre ganz besonderen Herausforderungen und Chancen. Es ist wichtig, dabei im Fluss zu bleiben und anzunehmen, was ist.
Wir verändern uns ständig: Wir heiraten, bekommen Kinder, wechseln den Arbeitsplatz, ziehen um, werden entlassen, werden älter, werden krank und so weiter. Dieser ununterbrochene Wandel verlangt uns einiges ab. Schon beim feurigen Lieben haben wir
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