Vom Regen in die Traufe
ß na h me. Dort wurde alten Holzf ä llern beigebracht, wie man ein Lage r feuer anz ü ndet. Ich wandte die Zaubertricks der alten Lappen an, und schon brannte das Feuer. «
Ragnar wollte mehr ü ber diese Tricks der Einheimischen wissen. Hermanni verriet ihm, dass man trockene Holzscheite zu einem Kegel aufschichtete, f ü nf Liter Benzin dar ü bergoss und ein brennendes Streichholz hinterherwarf, und da musste es dann schon mit dem Teufel zugehen, wenn der Zauber nicht wirkte.
In dem Kurs war auch der Service am Kunden Thema gew e sen. Die Teilnehmer waren darauf vorbereitet worden, als vielseitige Wildmarkf ü hrer den Touristen drau ß en in der Natur ein exotisches Programm zu bieten, im Bedarfsfall sollten sie auch eine lappische Nojde oder, falls Kinder dabei waren, den Weihnachtsmann spielen. An den Abenden hatten die Kurstei l nehmer entsprechende kleine Sketche einge ü bt, um sich die Inhalte besser zu merken.
Hermanni war an den gemeinsamen Abenden gern als Weihnachtsmann aufgetreten, war er doch der ä lteste Teilne h mer des Kurses und somit f ü r die Rolle pr ä destiniert gewesen. Die anderen hatten die ü bliche Frage nach dem Alter des Weihnachtsmannes gestellt, und Hermanni hatte gean t wortet, dass er mittlerweile schon tausend Jahre auf dem Buckel hatte. Nun, und welche Geschenke hatte der Wei h nachtsmann in alten Zeiten an die Kinder verteilt?
» Mich ritt der Teufel, und ich fing an, all die Geschenke der Jahrtausende aufzulisten, die die finnischen Kinder erhalten hatten. Ich erkl ä rte, dass der Weihnachtsmann w ä hrend der Kreuzz ü ge noch jung gewesen war, und trotzdem waren aus Schweden reichlich westliche Geschenke ü ber das Meer nach Finnland gebracht worden, mehr, als man sich dort gew ü nscht hatte. Viele Finnen hatten ihren Kopf eingeb üß t, ehe das Volk den neuen Glauben und die Weihnachtsbotschaft angeno m men hatte.
Hermanni Heiskaris Weihnachtsmann war mit seinen G e schenken auch an den Tagen des gro ß en Unfriedens und vor allem w ä hrend des Keulenkrieges unterwegs gewesen, als Hu n derte M ä nner wie die Bullen im Schnee abgeschlachtet wurden. Und erst die internationalen Weihnachtsfeste im Drei ß igj ä hr i gen Krieg mit all den dazugeh ö rigen Geschenken! Der finnische Weihnachtsmann war mittendrin gewesen, als durch das ganze achtzehnte Jahrhundert hindurch Intrigen gesponnen und Land geraubt wurde, und auch in den hundert Jahren unter russ i scher Herrschaft war er aktiv gewesen. Es gab Jahre des Todes, in denen der Weihnachtsmann zum Fest mit der Sense e r schien. Dann im zwanzigsten Jahrhundert erlebte er den roten Aufstand und den wei ß en Terror, die Pferderevolte, die Revolte von M ä nts ä l ä , die Fettrevolte …, und schlie ß lich folgten der Winterkrieg, der Fortsetzungskrieg, die Gebietsabtretungen, die Evakuierungen, die Reparationen, der gro ß e Frieden und die Sprachlosigkeit der Kekkonen- Ä ra.
» Ich forderte die anderen sogar noch auf: Kommt, singt ein Lied f ü r den Weihnachtsmann! Und ich stimmte an: Morgen, Kinder, wird's was geben … Aber es kam keine richtige Wei h nachtsstimmung auf. «
Man hatte Hermanni die Weihnachtsmannmaske herunte r gerissen und ihn aufgefordert, den Mund zu halten. Im A b schlusszeugnis des Kurses waren seine Leistungen in den F ä chern Kooperationsf ä higkeit und k ü nstlerisches Einf ü hlung s verm ö gen nicht sehr positiv bewertet worden. Zum Mittag a ß en die beiden M ä nner in einem Restaurant in Kemij ä rvi die » Bo t schaft der vier Winde « : Man servierte ihnen eine gro ß e ovale Schale, darin lag an einem Ende ger ö steter Lachs, es folgten zur Mitte hin mehrere Schneeh ü hner, daneben Bratenst ü cke vom Rentier und schlie ß lich am anderen Ende noch ein halbes Dutzend Fleischb ä llchen vom B ä ren.
Ragnar Lundmark w ä hlte zum Appetitanregen einen Koskenkorva, obwohl, wie er fand, auch ein d ä nischer Aquavit, zum Beispiel Aalborger, ausgezeichnet gepasst h ä tte. Die Wahl des Getr ä nkes zum Essen war problematischer, denn in Kem i j ä rvi gab es keine besonders gro ß e Auswahl an kr ä ftigen – aber nicht zu schweren – Rotweinen. Ragnar h ä tte liebend gern einen Rotwein aus der Region Medoc getrunken, speziell Ch â teau Lafite-Rothschild, der nach seinen Erfahrungen wirklich vorz ü glich war. Wie dem auch sei, er akzeptierte den vom Restaurant empfohlenen Bordeaux, einen Ch â teau St.-Emilion von 1993. Hermanni Heiskari kostete den Wein und erz ä
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