Vom Regen in die Traufe
Schweinereien wu r den nicht mehr geduldet.
» Sollte Hermanni nicht gehorchen, dann sag ihm, dass er in diesem Falle seiner Wege gehen und wieder in seine H ü tte zur ü ckkehren kann, um f ü r den Rest seines Lebens durch sein Guckloch von Fenster auf den stinkenden k ü nstlichen See zu starren. Mach ihm ein f ü r alle Mal klar, dass es so wie bisher nicht l ä uft. Ich bezahle keinem Mann seine Huren, das muss auch er kapieren. «
Ragnar erkundigte sich nach Lenas Befinden. Der Nichte ging es schon viel besser, auch wenn sie weiterhin eine Kr ü cke ben ö tigte. Sie k ü ndigte an, vielleicht sp ä ter zum Herbst hin Hermanni und Ragnar zu besuchen. Bis dahin sollte Herma n nis Erziehung schon gute Fortschritte gemacht haben.
Als sie aufgelegt hatte, dachte Ragnar gekr ä nkt, was f ü r ein strenges Weib seine Nichte doch war. Schrie und schimpfte und kommandierte ihren ä lteren Verwandten herum. He r manni w ü rde eine rechte Kratzb ü rste abbekommen. Mitleid hatte Ragnar allerdings nicht, jeder musste sein Kreuz selbst tragen.
In Helsinki besorgte Ragnar Flugtickets nach Kemi, und dann holte er Hermanni zum Kleiderkauf ab. Sie erwarben f ü r ihn ein Jackett und zwei Paar Hosen, dazu Schuhe, Hemden und Krawatten. Im Lederwarengesch ä ft Navara kauften sie einen Koffer.
Dort drinnen im Laden erz ä hlte Hermanni eine Geschichte vom spanischen B ü rgerkrieg, an dem auch der Schmucke Jussi – das Idol aller fliegenden Gesellen des Nordens – auf Seit en der Republikaner teilgenommen hatte.
» Ich glaube, es war die Provinz Navarra, dort fand ein gr o ß er Kampf statt, in dem die finnischen Freiwilligen fast bis zum letzten Mann fielen. Nur einige wenige kamen davon, indem sie den Feind aufhielten, damit die internationale Brigade den R ü ckzug antreten konnte und so der Vernichtung entging. « Der Schmucke Jussi hatte erz ä hlt, dass diese letzten Helden daf ü r mit Urlaub in Barcelona belohnt worden waren, aber sie hatten angefangen zu saufen, und als sie wieder in ihre Einheit zur ü c k gekehrt waren, hatten sie randaliert. Ein franz ö sischer Offizier hatte daraufhin das Todesurteil ü ber die M ä n ner verh ä ngt, und sie waren auf der Stelle erschossen worden.
Ragnar Lundmark hatte ebenfalls von dem Fall geh ö rt, hatte aber bisher nicht gewusst, dass auch der Schmucke Jussi am spanischen B ü rgerkrieg teilgenommen hatte. Und wieso hatte der dann jene Hinrichtung ü berlebt?
Hermanni erkl ä rte, dass Jussi, betrunken wie er war, im Freudenhaus in Barcelona ü bernachtet hatte und nicht rechtze i tig in der Kompanie zur ü ck gewesen war, um erschossen zu werden. Er hatte vom Schicksal seiner Kameraden erst am folgenden Tag erfahren.
» Der Schmucke Jussi hat erz ä hlt, dass bei diesem schli m men Ereignis sogar die Geier weinten, auch sie hatten einen Klo ß in der Kehle, als die finnischen Helden erschossen wu r den. «
Hermanni Heiskari h ä tte sich am liebsten einen protzig wi r kenden schwarzen Lederkoffer gekauft, der an den Kanten mit goldfarbenen Metallplatten beschlagen war, aber Ragnar Lundmark riet ab. Der Koffer war zwar gro ß und repr ä sent a tiv, aber gerade so ein Modell sollte sich der reiselustige Gentleman nie kaufen. Ger ä umig musste der Koffer schon sein, denn es mussten reichlich Garderobe f ü r die verschi e densten Anl ä sse und viele andere auf Reisen unentbehrliche Dinge hineinpassen, aber er sollte nicht zu angeberisch auss e hen.
» Diese Exemplare werden h ä ufig gestohlen. Wenn Sie einen teuren Koffer besitzen, m ü ssen Sie ihn st ä ndig im Auge beha l ten, und das kostet Zeit und Nerven. «
Sie w ä hlten also einen ger ä umigen Koffer in h ö chstens mit t lerer Preislage. Hermanni war ü berrascht, als Ragnar Lun d mark die Farbe Gelb vorschlug, denn die war zweifellos zie m lich grell und auffallend. Aber Ragnars Begr ü ndung leuchtete ein. Die grauen, blaugrauen und schwarzen Koffer waren f ü r ihre Besi t zer eine einzige Plage, und zwar deshalb, weil die meisten Koffer auf dieser Welt so aussahen.
» Dann unterscheidet man sie nicht in der Masse « , begriff Hermanni Heiskari.
» Eben drum. Man muss seinen Koffer erkennen k ö nnen, er muss von so auffallender Farbe sein oder irgendwie besonders aussehen, dass er unverwechselbar ist. Auf den F ö rderb ä ndern der Flugpl ä tze entdeckt man ihn dann schon von Weitem und kann ganz in Ruhe an das Band herantreten und ihn herunte r nehmen, ohne dass man erst umst ä ndlich
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