Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
zumindest an der Stelle, wo die Wand war, ehe sie zu einem weichen, nachgiebigen, grau getönten Energiewirbel wurde, der weder einladend noch abweisend, aber eindeutig faszinierend ist.
Palomas Warnung kreist immer wieder durch meinen Kopf: Du darfst unter keinen Umständen hindurchgehen. Du bist noch nicht so weit – und außerdem ist dafür später noch genug Zeit …
Doch es ist zu spät, um ihre Warnung zu beachten – wir sind bereits hindurchgegangen.
Das Erste, was ich registriere, ist die Dunkelheit.
Das Zweite, was ich registriere, sind die Dämonen.
Zwei riesige, bösartige Wesen mit den typischen Schwänzen, Hufen und Hörnern, wie man es erwartet, dazu obszön groteske Gesichter, eine Mischung aus Tier, Mensch und irgendeinem weiteren unidentifizierbaren Monster von einem Ort, den ich lieber nicht aufsuchen möchte.
Cade steht vor ihnen und begrüßt sie in einer altertümlichen Sprache, die ich nicht verstehe. Er präsentiert die Zigarette wie eine Art Opfergabe und wirft sie dem Größeren hin, der sie sich auf der Stelle in den Mund stopft und sie auf einmal verschlingt, mitsamt der Glut und allem, während das andere Monster mit unverhohlenem Neid zusieht. Ihr offenkundiger Hunger veranlasst mich, mich noch tiefer in Cades Gürtelschlaufe zu verkriechen, da ich annehme, dass
sie, wenn sie schon brennende Zigaretten fressen, auch nichts gegen eine Kakerlake einzuwenden hätten.
Cade hebt erneut zu sprechen an, aber seine Worte bleiben mir unverständlich. Aber was immer er auch gesagt hat, es bringt die Dämonen zum Lachen – falls man das, was diese hässlichen, klaffenden Mäuler mit den Reißzähnen tun, wenn sie sich weit öffnen und dann wieder zufallen, Lachen nennen kann. Nachdem sie noch ein paar weitere Worte gewechselt haben, nickt Cade ihnen zu und geht weiter. Sein Schritt hallt so laut, dass es klingt, als würden wir durch eine hohle Blechtrommel gehen. Erst etwas später, als ich mich ein bisschen weiter herauswage, kann ich mich umsehen und bestätigen, dass das mehr oder weniger zutrifft.
Wir befinden uns in einer langen Röhre von der Art, aus der man Abflussrohre baut. Cades Schuhsohlen knallen ungedämpft auf den Boden und erzeugen ein Geräusch, das so beunruhigend ist, so unangenehm, dass ich ganz erleichtert bin, als er aus dem Tunnel auf eine Fläche mit festem Lehmboden tritt, die den Eingang einer Höhle bildet.
Doch im Gegensatz zu der kleinen, spartanischen Höhle meiner Visionssuche ist diese hier groß und scheint sich endlos auszudehnen. Sie besteht aus mehreren Räumen – sehr gut eingerichteten Räumen, soweit ich sehe. Der, in dem wir momentan stehen, stellt wohl die große Eingangshalle dar.
Cade steckt zwei Finger in den Mund und pfeift lang und tief. Dann wartet er. Wartet auf … etwas. Ich habe keine Ahnung, wen oder was er hier sucht, aber ich mache mich auf weitere Dämonen gefasst.
Als ich jedoch einen Kojoten mit langer Schnauze und roten Augen auf ihn zurennen sehe, wundere ich mich kein bisschen. Natürlich ist El Coyote nicht nur ein Name – Kojote ist sein Geisttier, genau wie Rabe meines ist.
Kojote springt auf ihn zu, stellt die langen, spindeldürren Beine auf seine Brust und reibt schnuppernd die Schnauze an seinem Hals. Er stupst ihn an und schnüffelt an ihm, doch auf einmal, als ihm ein unbekannter Geruch in die Nase steigt, wendet er blitzartig das Gesicht zu mir um, fletscht die scharfen Zähne und knurrt.
Da ich keine Möglichkeit habe, mich zu verteidigen, vergrabe ich mich tief in Cades Gürtelschlaufe, wobei ich nur allzu gut weiß, dass sein durchtrainierter, harter Körper bestenfalls zu einem satten Knacken beitragen wird, falls der Kojote mich erwischt.
»Hey, wie geht’s meinem Jungen? Hm? Was macht mein Junge?« Cade drückt Kojotes Pfoten wieder zu Boden, krault ihm den Kopf und zaust ihm das Fell wie einem geliebten Haustier. Dann richtet er sich auf und klopft sich aufs Bein, um Kojote zu bedeuten, ihm zu folgen. Die beiden schlendern tiefer in die Höhle, bis sie zu einem Wohnzimmer kommen, wo Cade mit seinem Feuerzeug die Fackeln an den Wänden entzündet.
»Sie ist da«, sagt Cade und setzt sich auf ein niedriges rotes Samtsofa. Dann zieht er Kojote enger an sich und streicht ihm das Fell über der Stirn glatt. »Die, auf die wir gewartet haben, Daire Santos, ist endlich da.«
Kojote knurrt und faucht, als würde er es verstehen – oder vielleicht interpretiere ich auch zu viel hinein. Aber
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