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Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)

Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)

Titel: Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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unterscheiden.
    Ich blicke dem Jungen in die Augen – seine eisblauen Augen  – und sehe, wie sich meine verwahrloste Erscheinung in etwas Strahlendes verwandelt, etwas Leuchtendes.
    Die Verheißung des Ichs, das ich sein kann.
    Sein werde.
    Aber nur, wenn ich das hier durchstehe.
    Ich stelle den Fuß fest auf den Boden, habe es satt, mich von Halluzinationen und Träumen beherrschen zu lassen. Bin bereit, die Linie zu überschreiten und ihm den hoffnungsvollen Blick auszutreiben, als das Beutelchen so fest gegen meine Brust zu schlagen beginnt, dass ich zusammenzucke.
    Unwillkürlich stolpere ich rückwärts, weg von dem Jungen, weg von Valentina, die erneut einen schrecklichen Schrei ausstößt, während Django zu mir eilt und ich in seinen Armen lande. Sein dunkler Blick brennt sich in meinen und erfüllt mich mit der väterlichen Liebe und Hingabe, die ich all die Jahre vermisst habe. Der Moment hält an, dehnt sich aus und lässt Hoffnung in mir aufwallen, nur um von einem bösartigen, heißen Luftstoß beendet zu werden, einem schrecklich heulenden Wind, der einen Wust von schwarzen Federn auf uns herabregnen lässt – Vorboten eines riesigen Raben mit violetten Augen, der von oben herangeschwebt kommt.
    Ich kämpfe.
    Schreie.
    Ringe wie der Teufel darum, mich zu befreien.
    Doch es hat keinen Zweck. Django ist zu stark. Und als Valentina noch eingreift und mich an den Füßen packt, muss ich mich geschlagen geben.
    Die beiden arbeiten zusammen, arbeiten gegen mich und lassen zu, dass Rabe mit seinem Schnabel meine Haut durchbohrt
und all meine Knochen durchbeißt. Er zerrt mir die Eingeweide heraus, die Organe, das Herz – und dann reißt er mich systematisch in Stücke.
    Es dauert nicht lange, bis sich die anderen Geisttiere zu ihm gesellen und mitmachen. Valentinas Waschbär, Esperantos Fledermaus, Marias Pferd, Diegos Affe, Mayras Wildkatze, Gabrielas Eichhörnchen, Pianns roter Fuchs und dazu ein riesiger, tobender Jaguar, von dem ich vermute, dass er zu meinem Großvater Alejandro gehört. Selbst Palomas blauäugiger Wolf ist hier – und sie haben auch meine restlichen Vorfahren mitgebracht. Mehrere Generationen von Santos bilden einen Kreis um mich herum und sehen mit stumpfer Faszination zu, wie ich in Stücke gerissen werde.
    Ganz egal, wie sehr ich auch flehe, wie sehr ich auch bettele, weine und verlange, dass sie aufhören – es fällt auf taube Ohren. Der Junge ist verschwunden, und diejenigen, die noch da sind, ignorieren mich geflissentlich.
    Es dauert nicht lange, bis es aus mit mir ist. Mein Körper wurde in Fetzen gerissen, die nun verstreut daliegen. Meine Lebenskraft schwindet, während ein stetiger Blutstrom zu Boden fließt und sich mit der Erde vermischt – und eins wird mit dem Berg.
    Meine Energie verschmilzt mit der der Erde, bis alles, was von mir noch übrig ist – meine Seele, mein Geist, mein Wesen  –, mit dem heiligen Lied des Bergs belohnt wird:
    Ich bin beständig und stark
Ewig – unvergänglich
Eine Quelle von Schutz und Trost
Kraft und Weitblick
Halt dich an mich, wenn du dich verirrt hast
und ich gebe dir Orientierung
    Die Worte wirbeln unaufhörlich um mich herum, doch es ist zu spät, als dass sie mir noch etwas nutzen könnten.
    Ich bin nicht mehr als ein dünner Hauch Energie.
    In den Augen der Welt bin ich bereits tot.

Zweiundzwanzig

    E in sanftes Kitzeln huscht über meine Nase und stupst zart gegen deren Spitze, so dass ich es über die Lippen und übers Kinn verfolge, bis ich es an der Kuhle unten an meinem Hals erwische. Ich schlage ein Auge auf und blicke in grellem Lichtschein auf eine einzelne schwarze Feder – eine Rabenfeder  – in meiner Hand.
    Instinktiv weiß ich, dass sie von meinem Raben stammt – dem Raben, der mich in Fetzen gerissen hat. Ich springe auf und sehe mich mit klopfendem Herzen um, während in meinem Kopf die Erinnerung an meine entsetzliche Zerstückelung aufblitzt.
    Ich habe einen Krieg hinter mir.
    Habe einen Kampf gekämpft, von dem ich sicher war, ihn verloren zu haben.
    Ja, das Einzige, was nicht hierhergehört, das Einzige, was nicht von Anfang an hier war, ist diese einzelne schwarze Feder  – herbeigetragen vom Wind, der in dieser Höhle tobte.
    Mein Bein ist komplett geheilt, mein Gips ist nirgends zu sehen.
    Die weiße Grenze ist völlig unberührt, und meine schwarze Tasche steht ordentlich in der Ecke, genau wie ich sie zurückgelassen habe. Und die Stelle in der Mitte, wo die Geisttiere mir das

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