Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
Ihnen?«
Er runzelte die Stirn, die Schatten unter seinen Wangen wurden schärfer. » Miss Craft, obwohl ich überzeugt bin, dass Sie dank Ihrer reizenden Persönlichkeit vielen Menschen lieb und teuer sind, gibt es dennoch jemanden, der Sie umbringen möchte. Haben Sie eine Ahnung, wer das sein könnte?«
Ich erstarrte. Kälte kroch meinen Rücken hinauf. » Der Sheriff glaubt, dass es etwas mit dem Holliday-Verfahren zu tun haben könnte.«
» Das ist eine Möglichkeit. Wer ist Ihr Klient? Wer wusste davon, dass Sie heute mit diesen beiden Schatten Verbindung aufnehmen wollten?«
Ich schüttelte seine Hand ab und stieg aus dem Auto. Die Liste derjenigen, die wussten, dass ich im Leichenschauhaus war, war nicht lang: die Cops, die mich mitgenommen hatten, John, Tommy, Falin und natürlich Casey– vielleicht noch mein Vater, falls sie ihm davon erzählt hatte.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass einer von ihnen in die Menge vor der Zentralen Polizeibehörde gefeuert hatte. Nein, dieser Schuss musste etwas mit dem Holliday-Verfahren zu tun haben. Irgendein Idiot wollte nicht, dass ein Schatten in den Zeugenstand trat.
» Danke fürs Mitnehmen, Detective«, sagte ich und schlug die Tür zu.
Unglücklicherweise hielt ihn das nicht davon ab, seine zu öffnen.
Er stieg aus. » Wer hat Sie engagiert? Zwingen Sie mich nicht, die richterliche Erlaubnis einzuholen, Ihre Kundenliste zu beschlagnahmen.«
Noch mehr Drohungen? Okay, ich hatte mich in seinen Fall eingemischt. Na und?
Ich wandte mich um, um ihm im schönsten Juristenjargon ein paar Fakten hinsichtlich meiner Schweigepflicht gegenüber Klienten und einem Zeugnisverweigerungsrecht um die Ohren zu hauen. Doch die Worte erstarben mir auf den Lippen, als mir ein kalter Wind unter die Haare im Nacken fuhr. Dabei lag die Temperatur immer noch um die fünfunddreißig Grad, kein Lüftchen wehte, das die Nacht hätte abkühlen können.
Ich wirbelte herum, gerade noch rechtzeitig, um die schimmernden, karobedeckten und herabhängenden Schultern und eine Brille mit breit eingefassten Gläsern zu sehen, bevor der Geist gänzlich verschwand. Es war derselbe, dem ich bereits im Leichenschauhaus und im Krankenhaus begegnet war. Jetzt war er hier. In meinem Vorgarten.
Ich öffnete meinen Schild ein winziges bisschen, gerade weit genug, dass meine Schattensicht meine normale Sicht überlagerte, ohne sie zu ersetzen. Als sich der Verfall über den Vorgarten legte, schien das Gras sowohl frisch und grün als auch vertrocknet und braun. Doch den Geist konnte ich nirgends entdecken. Er hat sich wieder ganz weit zurückgezogen.
Ich schloss meinen Schild wieder, blickte stirnrunzelnd auf die Stelle, wo der Geist eben noch gestanden hatte. Mir war vage bewusst, dass Detective Andrews irgendetwas sagte. Ich winkte ihm kurz, dann steuerte ich auf den Weg zu, der zu meiner Wohnung führte.
» Miss Craft!«
» Gute Nacht, Detective!«, sagte ich, und am liebsten wäre ich die Einfahrt hinaufgerannt. Glücklicherweise folgte er mir nicht.
Ich ging an der vorderen Tür vorbei. Ich hatte die Einzimmerwohnung über der Garage gemietet, und die hatte einen separaten Eingang. Ein Pfad aus Trittsteinen wand sich um das Haus. Über dem Weg lag ein Zauber, der ihn sanft schimmern ließ. Als ich auf den ersten Stein trat, leuchtete der nächste auf. Diesen Zauber hatten meine Mitbewohner mir im vergangenen Jahr zum Geburtstag geschenkt, als sie begriffen, wie sehr meine Schattensicht meine Nachtsicht einschränkte. Ich war ihnen viel dankbarer dafür, als sie ahnten.
Die Straßenbeleuchtung reichte nicht bis zu dieser Seite des Hauses, und da ich nicht vorgehabt hatte, so lange fortzubleiben, hatte ich die Lampe über dem Eingang nicht eingeschaltet. So waren die schimmernden Steine meine einzige Lichtquelle.
Ich bog um die Ecke, ging zwei Schritte und blieb dann abrupt stehen. Ich war nicht mehr weit von der Treppe entfernt, die hinauf zu meiner Wohnung führte. Doch auf dem nächsten Stein konnte ich nur einen schmalen Streifen Licht erkennen. Ich blinzelte. Irgendetwas, was dunkel genug war, um das magische Schimmern zu absorbieren, bedeckte den Stein. In dem schwachen Lichtschein konnte ich zwei Pfoten mit bösartig langen Krallen erkennen.
» Ich hab dir doch schon so oft gesagt, du sollst mir den Weg nicht versperren«, sagte ich.
Der Pfad verblasste, und ich stand in völliger Dunkelheit– jedenfalls empfanden meine geschwächten Augen es so. Ich streckte die Hand aus und
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