Vom Tod verführt: Roman (German Edition)
ertastete den steinernen Kopf von Fred, unserem » Haustier«– einem Gargoyle, wie man sie als Wasserspeier auf alten Kirchen findet. Fred war eine rund neunzig Zentimeter hohe geflügelte Katze aus Granit. Er hatte eine Vorliebe für den schimmernden Zauber entwickelt, was in Momenten wie diesem recht lästig war.
Ich schob mich um seinen steinernen Körper herum, bis der Weg wieder unter meinen Füßen aufleuchtete. Die schimmernden Steine führten direkt auf die Treppe zu.
Obwohl ich nur ein Stockwerk hinaufsteigen musste, protestierten meine schmerzenden Muskeln. Als ich endlich die Tür erreichte, fühlte sich mein Körper an wie ein überdehntes Gummiband. Der Schwesternanzug klebte an meiner schweißbedeckten Haut. Ich hatte Mühe, den Schlüssel ins Schloss zu schieben. Als ich den Türknauf drehte, spürte ich wieder diese Kälte über meinen Nacken kriechen. Der Geist?
Ich wandte mich blitzschnell um.
Er stand direkt hinter mir, doch ich sah nur seinen schimmernden Umriss, bevor er erneut verschwand. Was ist da nur los?
Stirnrunzelnd öffnete ich die Tür, spürte, wie die Abwehrzauber über meinen Körper glitten, als ich eintrat.
PC , mein treuer Freund und Begleiter, der sich vor Kurzem auch als recht kostspielig erwiesen hatte, begrüßte mich, indem er mit dem Schwanz wedelte und ein begeistertes Jaulen ausstieß. Chinesische Schopfhunde waren an guten Tagen auf eine niedliche Art pathetisch, doch nun, da eins seiner Vorderbeine in einem blauen Gipsverband steckte, wirkte er einfach nur bedauernswert.
Ich hob ihn ungeschickt hoch, denn meine eigene Schiene behinderte mich dabei. » Tut mir leid, dass ich so spät dran bin«, sagte ich, als er mir das Kinn leckte. » Aber schau mal, wir sind nun beide geschient.«
Nun ja, das war kein wirklich überzeugendes Argument. Ich setzte ihn wieder ab und beobachtete, wie er herumhumpelte. Dafür jedoch, dass er sich das Bein erst vor einer Woche gebrochen hatte, bewegte er sich ganz toll. Mit Magie unterstützte Medizin heilte eben schnell. Schon in ein paar Tagen sollte ihm der Gips abgenommen werden– lange bevor der Arzt im Krankenhaus seine Zustimmung geben würde, dass es bei mir so weit war.
Ich schaute PC noch ein Weilchen zu, dann wandte ich mich wieder zur Tür und drehte den Schlüssel im Bolzenschloss. Meine Abwehrzauber waren mit dem Schloss verbunden und summten leise. Meine Gedanken kehrten zu dem Geist zurück.
Ob die Abwehrzauber ihn draußen halten? Sie waren nicht speziell dafür gemacht, Geister auszuschließen. Geister bestanden hauptsächlich aus Willenskraft und Energie. Wenn er mir etwas Böses wollte, würden sie ihn draußen halten. Im Leichenschauhaus hatte er zwar versucht, mir etwas zu sagen, doch nun verbarg er sich jedes Mal, sobald ich ihn bemerkte. Was wollte er? Und warum, zum Teufel, verfolgt er mich?
4. Kapitel
R aus aus den Federn!«, befahl eine schrecklich fröhliche Stimme, während die Zugangstür zu meiner Wohnung geöffnet wurde.
Ich zog mir das Kissen über den Kopf. » Wenn du kein sexy Kerl bist, der mir Kaffee bringt, kannst du gleich wieder verschwinden!«
» Ganz so übel bin ich nicht«, sagte Caleb, mein Vermieter und guter Freund. » Und das hier könnte tatsächlich frisch aufgebrühter Kaffee sein. Schwarz, ohne Zucker.«
Ich schob das Kissen etwas zur Seite, sodass ich aus müden Augen zu ihm hinaufblinzeln konnte. » Bist du meine gute Fee?«
Seine Lippen zuckten. Er bückte sich, um meinen Morgenmantel vom Boden aufzuheben, und warf ihn mir zu.
» Steh auf!«, sagte er in gespielter Empörung, doch ich konnte das Lachen in seiner tiefen Stimme hören.
Die » gute Fee« war ein Insider-Gag zwischen Caleb und mir, da er tatsächlich zum Feenvolk gehörte.
» Wie spät ist es denn?«, fragte ich, während ich mich auf meine Knie hockte und den Morgenmantel überzog.
» Viertel vor neun.«
Ich stöhnte auf. Ich hatte keine vier Stunden geschlafen. Als ich nach Hause gekommen war, hatte ich noch meinen Ring aufladen müssen, dann hatte ich Stunden damit verbracht, im Internet nach einer Erklärung für das Verhalten von Bethanys Schatten zu suchen.
Und ich hatte auch hinsichtlich der Glyphen auf Colemans Leiche nachgeforscht– oder was auch immer als Colemans Leiche galt. Da gab es all diese volkstümlichen Geschichten über das Feenvolk, also Elfen und andere magiebegabte Wesen, wie sie Sterbliche entführten und an deren Stelle eine Illusion zurückließen, etwas Lebloses, Holz oder
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