Vom Umtausch ausgeschlossen
zehntausend Armani-Tüten. Sie fuchtelt ihrer Freundin vor dem Gesicht herum und fasst dann in eine der Tüten - und holt ein Marmeladenglas mit Armani-Etikett heraus.
Ich falle fast vom Glauben ab. Armani-Marmelade? Von Armani gibt es Marmelade?
Vielleicht hat in Mailand alles ein Designer-Etikett! Vielleicht gibt es Zahnpasta von Dolce & Gabbana. Und Tomatenketchup von Prada!
Ich wusste, dass mir diese Stadt gefallen würde!
Ich gehe weiter und beschleunige den Schritt im Takt mit der in mir aufkommenden Vorfreude. Ich kann die Läden förmlich spüren. Es liegt was in der Luft. Es wimmelt nur so vor Designertragetaschen. Die Luft wird ganz schwer von dem vielen teuren Parfüm. Ich kann das Klicken von Kleiderbügeln auf Stangen und das Auf- und Zuziehen von Reißverschlüssen förmlich hören ...
Und dann, auf einmal, bin ich da.
Ich stehe am Anfang eines langen, eleganten Boulevards, auf dem sich so viele ultraschicke, konsequent in Designerware gekleidete Menschen tummeln wie nirgends sonst auf der Welt. Braun gebrannte Frauen, die ihre Modelfiguren in Pucci-Drucke gehüllt und auf Pucci-Absätzen stolzierend neben einflussreich aussehenden Herren in makellosen Leinenanzügen spazieren führen. Eine junge Mutter in weißer Versace-Jeans und mit rot geschminkten Lippen schiebt einen mit Leder bezogenen Kinderwagen von Louis Vuitton vor sich her. Eine blonde Frau in einem braunen Minirock mit Kaninchenpelzsaum hält sich ein zum Rock passendes Handy ans Ohr und zerrt ihren kleinen, von Kopf bis Fuß in Gucci gekleideten Sohn hinter sich her.
Und... die Läden! Laden an Laden an Laden!
Ferragamo. Valentino. Dior. Versace. Prada.
Regelrecht eingeschüchtert wage ich mich langsam vorwärts. Das hier ist der totale Kulturschock. Wie lange ist es jetzt wohl her, seit ich in einem Laden war, in dem nicht ethnisches Kunsthandwerk und Holzperlen verkauft wurden? Ich komme mir vor, als hätte ich eine monatelang Hungerkur hinter mir und würde mich jetzt direkt mit Tiramisu mit einer doppelten Portion Sahne verwöhnen.
Jetzt sehen Sie sich doch nur mal den irren Mantel da an. Und hier, die Schuhe.
Wo fange ich denn jetzt am besten an? Wo soll ich überhaupt-
Ich bin wie gelähmt. Ich stehe mitten auf der Straße, wie ein Esel, der sich nicht entscheiden kann, von welchem Heuballen er nun lieber fressen soll, und kann mich nicht rühren. In einigen Jahren wird man mich hier so finden, wie zur Salzsäule erstarrt, mit der Kreditkarte in der Hand.
Und dann erblicke ich in der Auslage eines Schaufensters ganz in meiner Nähe diverse Ledergürtel und -geldbörsen.
Leder. Lukes Gürtel. Darum bin ich hier. Konzentration, Becky!
Ich taumele halb benommen auf den Laden zu und drücke die Tür auf. Kaum betrete ich den Laden, erschlägt mich auch schon fast der Duft nach teurem Leder. Der Geruch ist so intensiv, dass er auf mich ernüchternd wirkt.
Der Laden ist der Wahnsinn. Auf dem blass taupefarbenen Teppich stehen hier und da dezent beleuchtete Schaukästen. Ich sehe Brieftaschen, Gürtel, Taschen, Jacken... Neben einer Schaufensterpuppe bleibe ich stehen und bewundere ihren exquisiten, ganz aus Leder und Satin gearbeiteten schokoladenbraunen Mantel. Verträumt streiche ich über den Ärmel, drehe dann das Preisschild um - und falle fast in Ohnmacht.
Ach, ich Dummerchen, das sind ja natürlich Lire! Ich lächele über meine eigene Dummheit. Kein Wunder, dass der Preis so-
Ach nein. Hier haben sie jetzt ja den Euro.
Verdammte Hacke.
Ich schlucke und entferne mich unauffällig von der Puppe.
Und da hätten wir dann mal wieder den Beweis dafür, dass die Gemeinschaftswährung ein einziger riesiger Fehler war - das hat Dad ja schon die ganze Zeit gesagt. Als ich dreizehn war, war ich mit meinen Eltern in den Ferien in Rom - und der Witz mit den Lire war, dass die Preise immer horrend hoch aussahen, ohne es in Wirklichkeit zu sein. Man hat Sachen für zirka dreihundert Millionen Lire gekauft - und in Wirklichkeit haben sie nur knapp drei Pfund gekostet! Das war doch total irre!
Und wenn man dann mal aus Versehen eine wirklich teure Flasche Parfüm kaufte, konnten einem ja niemand (das heißt meine Eltern) einen echten Vorwurf machen, denn wie Mum selbst so messerscharf erkannt hatte: Wer zum Teufel kann denn schon mit so hohen Zahlen kopfrechnen und richtig dividieren?
Unsere Regierungen sind ja wohl mal solche Spielverderber.
Während ich mich für die Gürtelauslage interessiere, kommt ein stämmiger Mann
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