Vom Umtausch ausgeschlossen
mittleren Alters aus einem der Umkleideräume. Er trägt einen Traum von einem schwarzen Mantel mit Ledersäumen und kaut auf einer Zigarre herum. Ich schätze ihn auf fünfzig. Er ist braun gebrannt, hat graue, sehr kurze, dichte Haare und stahlblaue Augen. Das Einzige an ihm, was nicht besonders gut aussieht, ist seine Nase, die offen gestanden nichts Markantes hat.
»He, Roberto«, krächzt er mit heiserer Stimme, und die zwei Wörter reichen mir, um zu bemerken, dass er englisch spricht. Sein Akzent ist allerdings etwas merkwürdig. Wie eine Mischung aus Amerikanisch und Cockney.
Ein Verkäufer in einem schwarzen Anzug und mit eckiger Brille kommt mit einem Maßband in der Hand aus dem Umkleideraum geeilt.
»Ja, bitte, Signore Temple?«
»Wie viel Prozent Kaschmir sind hier drin?« Der stämmige Mann streicht kritisch über den Ärmel des Mantels und pustet eine Rauchwolke aus. Der Verkäufer zuckt zusammen, als die Wolke sein Gesicht erreicht, erträgt dies jedoch wortlos.
»Signore, das ist hundert Prozent Kaschmir.«
»Der beste Kaschmir?« Der stämmige Mann hebt warnend den Zeigefinger. »Ich habe keine Lust, mir hier irgendetwas andrehen zu lassen. Du kennst mein Motto: Nur vom Feinsten.«
Der Typ mit der eckigen Brille wirkt bestürzt.
»Signore, wir würden Ihnen doch niemals... äh, irgendetwas andrehen.«
Der Mann betrachtet sich eine Weile im Spiegel - dann nickt er.
»In Ordnung. Ich nehme drei davon. Einen nach London. Einen in die Schweiz. Einen nach New York.« Er zählt das an seinen Stummelfingern ab. »Alles notiert? Gut. Und jetzt - Aktenkoffer.«
Der Verkäufer mit der eckigen Brille wirft mir einen Blick zu, und mir wird bewusst, wie auffällig ich die ganze Zeit zugehört habe.
»Ach, hallo!«, beeile ich mich, ihn zu grüßen. »Ich hätte gerne diesen hier«, verkünde ich und halte den Gürtel hoch, den ich ausgesucht habe. »Wenn Sie mir ihn wohl als Geschenk einpacken könnten?«
»Silvia wird Ihnen behilflich sein«, verweist er mich ziemlich kühl an die Dame an der Kasse, bevor er sich wieder seinem Kunden zuwendet.
Ich reiche Silvia den Gürtel und sehe ihr interessiert dabei zu, wie sie ihn in schimmerndes, bronzefarbenes Papier einpackt. Ich bewundere ihre geschickten Finger, höre aber gleichzeitig immer noch bei dem zu, was der stämmige Mann zu sagen hat, der sich jetzt Aktenkoffer ansieht.
»Mir gefällt das Material nicht«, stellt er fest. »Fühlt sich so anders an. Irgendwas stimmt damit nicht.«
»Wir haben vor nicht allzu langer Zeit den Lieferanten gewechselt...« Der Typ mit der eckigen Brille verknotet sich fast die Finger. »Aber es ist ein sehr feines, edles Leder, Signore...«
Er verstummt, als der stämmige Mann die Zigarre aus dem Mund nimmt und ihn durchdringend ansieht.
»Du willst mir doch was andrehen, Roberto«, sagt er.
»Ich bezahle gutes Geld, aber dafür will ich auch Qualität. Du sorgst dafür, dass mir ein Koffer mit dem Leder von eurem alten Lieferanten angefertigt wird. Verstanden?«
Er sieht zu mir herüber, bemerkt, dass ich das Gespräch verfolge, und zwinkert mir zu.
»Hier bekommt man wirklich das beste Leder der Welt. Aber lassen Sie sich bloß keinen Schrott andrehen!«
»Bestimmt nicht!« Ich strahle ihn an. »Und der Mantel da, der ist übrigens ein Traum!«
»Vielen Dank, sehr nett von Ihnen.« Er nickt zufrieden. »Sind Sie Schauspielerin? Model?«
»Äh... nein. Weder noch.«
»Macht nichts.« Er winkt mit seiner Zigarre.
»Wie möchten Sie bezahlen, Signorina?«, unterbricht Silvia uns.
»Oh! Ach... hier, bitte.«
Als ich ihr meine Visa-Karte reiche, wird mir ganz warm ums Herz vor lauter Güte. Geschenke für andere zu kaufen ist doch eine viel größere Befriedigung als Sachen für sich selbst zu kaufen! Und damit ist das Limit für meine Visa-Karte erreicht, was bedeutet, dass ich für heute mit Einkaufen fertig bin.
Was mache ich dann jetzt? Hm, vielleicht ein bisschen Kultur. Ich könnte mir das berühmte Gemälde ansehen, von dem der Concierge gesprochen hat.
Dann höre ich von hinten aus dem Laden staunendes Gemurmel und drehe mich langsam um, um zu sehen, was da los ist. Eine Spiegeltür steht offen und gibt den Blick auf einen Lagerraum frei. Eine Frau in einem schwarzen Kostüm kommt heraus, umlagert von einem ganzen Hau:n aufgeregter Verkäuferinnen. Was zum Teufel hat sie in der Hand? Warum sind die alle so Und dann erhasche ich einen kurzen Blick auf das, was sie in der Hand hat. Mir bleibt das
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