Vom Umtausch ausgeschlossen
hinteren Teil des Ladens. »Georgina, du musst unbedingt herkommen! Das glaubst du nicht! Becky Bloomwood ist hier - zusammen mit ihrer Schwester! Es gibt zwei von der Sorte!«
Erst tut sich gar nichts - doch dann wird ein Vorhang zur Seite gerissen, und Georgina, die Besitzerin des Ladens, kommt heraus. Sie ist Mitte fünfzig, hat schiefergraues Haar und umwerfende türkisfarbene Augen. Sie trägt ein Tunika-Oberteil aus Samt und hat einen Füllfederhalter in der Hand. Als sie Jess und mich erblickt, fangen ihre Augen an zu glänzen.
»Zwei Bloomwood-Schwestern«, sagt sie leise. »Ist die Welt nicht schön?«
Sie wechselt Blicke mit den Verkäuferinnen.
»Wir machen zwei Umkleidekabinen frei«, verkündet Sandra prompt.
»Zur Not können wir uns auch eine teilen!«, gebe ich großzügig zurück. »Stimmt‘s nicht, Jess?«
»Wie bitte?« Jess sieht mich verwirrt an.
»Wir sind doch Schwestern!« Ich drücke sie kurz an mich. »Wir haben doch nichts voreinander zu verbergen!«
»Kein Problem«, sagt Sandra zu Jess. »Wir haben ausreichend Umkleidekabinen. Lasst euch Zeit. Guckt euch um, und lasst es euch gut gehen!«
»Ich habe dir doch gesagt, dass das hier ein netter Laden ist!«, strahle ich Jess an. »Also... dann fangen wir mal hier an!«
Ich gehe auf einen Ständer mit richtig coolen Oberteilen zu und gehe sie Bügel für Bügel durch. »Ist das hier nicht klasse?« Ich ziehe ein rosa T-Shirt mit einem kleinen Schmetterlingsmotiv heraus. »Und das mit dem Gänseblümchen drauf würde dir bestimmt ganz toll stehen!«
»Möchtet ihr sie anprobieren?«, fragt Sandra. »Dann hänge ich sie schon in eure Kabinen.«
»Sehr gerne!« Ich reiche Sandra die beiden Teile und strahle Jess an.
Doch Jess erwidert mein Lächeln nicht. Sie hat sich noch nicht einmal von der Stelle bewegt. Sie steht einfach nur da, mit den Händen in den Hosentaschen.
Na gut, ist wahrscheinlich merkwürdig für sie, zum ersten Mal mit jemand ganz Neuem einkaufen zu gehen. Manchmal macht es einfach gleich von Anfang klick, so wie damals, als ich das erste Mal mit Suze shoppen war und wir beide gleichzeitig nach derselben Lulu-Guinness-Schminktasche grillen.
Und manchmal ist es anfangs irgendwie verkrampft. Wenn man noch nicht weiß, was der andere für einen Geschmack hat... und man ständig alle möglichen Sachen anprobiert und fragt: »Wie findest du das? Und das?«.
Ich glaube, ich muss Jess ein bisschen gut zureden.
»Guck dir doch mal diese tollen Röcke an!«, sage ich und marschiere auf einen anderen Ständer mit Abendgarderobe zu. »Der schwarze da mit dem Netzeinsatz würde dir bestimmt super stehen!« Ich nehme ihn von der Stange und halte ihn Jess an. Sie greift nach dem Preisschild, wirft einen Blick darauf und wird blass.
»Die Preise sind ja wohl unglaublich«, murmelt sie.
»Finde ich auch - hier bekommt man wenigstens was fürs Geld!«, murmele ich zurück.
»Den Rock auch?«, fragt Sandra, die wieder hinter uns aufgetaucht ist.
»Ja, bitte. Und ich möchte ihn gern in Grau anprobieren ... oooh! Und in Rosa!«, füge ich hinzu, als ich den gleichen Rock in Rosa ganz hinten hängen sehe.
Zwanzig Minuten später habe ich jeden Quadratzentimeter des Ladens gesehen, und in den Umkleidekabinen warten zwei große Stapel Klamotten darauf, von uns anprobiert zu werden. Jess war die ganze Zeit etwas wortkarg. Genau genommen hat sie keinen Ton gesagt. Aber das habe ich nach Kräften ausgeglichen - ich habe alles rausgesucht, von dem ich glaube, dass es ihr stehen würde, und es Sandra auf den Haufen legen lassen.
» Okay!«, sage ich und bin jetzt wieder ganz kribbelig vor Aufregung. » Dann wollen wir mal anprobieren! Ich wette, der Rock sieht an dir einsame Spitze aus! Vor allem zusammen mit dem schulterfreien Oberteil und vielleicht -«
»Ich werde überhaupt nichts anprobieren«, sagt Jess. Sie vergräbt die Hände noch tiefer in den Hosentaschen und lehnt sich gegen eine freie Wand.
Ratlos sehe ich sie an.
»Was hast du gesagt?«
»Ich werde überhaupt nichts anprobieren.« Sie nickt in Richtung Umkleidekabinen. »Aber lass dich von mir nicht aufhalten. Ich warte hier auf dich.«
Der ganze Laden schweigt fassungslos.
»Aber... warum willst du nichts anprobieren?«, frage ich.
»Weil ich keine neuen Klamotten brauche«, antwortet Jess.
Verdutzt sehe ich sie an. Ich bemerke, wie die Verkäuferinnen sich quer durch den Laden fragende Blicke zuwerfen.
»Du musst doch irgendetwas brauchen!«, sage ich.
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