Vom Umtausch ausgeschlossen
zeigt auf einen handgeschriebenen Zettel im Schaufenster. »Die verschenken gebrauchte wattierte Umschläge.«
Sie hält die Tüten auf und zeigt mir ein Sammelsurium aus zerknitterten, großen Umschlägen und ein Bündel zusammengeknäuelte Blasenfolie. Meine Aufregung verpufft schlagartig.
»Ich habe mindestens zehn Pfund gespart!«, fügt sie befriedigt hinzu. »Solche Sachen kann man immer mal gebrauchen.«
Ich bin sprachlos.
Wie bringe ich auch nur ansatzweise Begeisterung auf für einen Haufen oller Umschläge und Blasenfolie?
»Äh... super!«, ringe ich mir schließlich ab. »Wirklich toll. Besonders die... äh... Etiketten. Na, dann... waren wir ja beide richtig erfolgreich! Dann könne wir uns ja jetzt mit einem Cappuccino belohnen!«
Gleich um die Ecke liegt ein Cafe, und als wir uns ihm nähern, geht es mir schon gleich etwas besser. Gut, dann war die Einkauferei eben nicht ganz so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Aber egal. Jetzt setzen wir beiden Schwestern uns erst mal an einem schicken Marmortischchen bei einem Cappuccino zusammen und quatschen uns mal so richtig aus. Erzählen uns alles voneinander...
»Ich habe eine Thermosflasche mit«, höre ich da Jess hinter mir sagen.
Da ich mir auf diese Worte keinen Reim machen kann, drehe ich mich zu ihr um. Jess ist gerade dabei, eine weiße Thermosflasche aus ihrem Rucksack zu ziehen.
»Was?«, frage ich schwach.
»Wir trinken doch nicht deren völlig überteuerten Kaffee!« Mit dem Daumen zeigt sie in Richtung Cafe. »Die verdienen sich ja dumm und dämlich!«
»Aber...«
»Wir können uns hier auf die Bank setzen. Ich wische sie eben schnell ab.«
Mit wachsender Bestürzung sehe ich sie an. Ich kann doch nicht den ersten Kaffee, den ich mit meiner gerade frisch entdeckten Schwester trinke, auf einer versifften alten Bank aus einer Thermosflasche schlürfen!
»Ich möchte mich aber gerne in ein gemütliches Cafe setzen!«, sprudelt es aus mir hervor. »Ich will mich mit dir an einen Marmortisch setzen und einen richtigen Cappuccino trinken!«
Schweigen.
»Bitte!« füge ich nahezu wimmernd hinzu.
»Hm«, macht Jess. »Na gut.« Sie schraubt ihre Thermosflasche wieder zu. »Aber du solltest dir wirklich angewöhnen, deinen eigenen Kaffee mitzunehmen. Damit kannst du mehrere hundert Pfund im Jahr sparen. Brauchst dir bloß eine gebrauchte Thermosflasche zu kaufen. Das Kaffeepulver kannst du mindestens zweimal aufbrühen. Schmeckt immer noch genauso gut.«
»Ich... werd‘s mir merken.« Ich höre gar nicht richtig zu. »Na, komm!«
Im Cafe ist es herrlich warm, und es duftet so toll nach Kaffee. Auf den marmornen Tischplatten spiegeln sich die Deckenspots, es läuft Musik im Hintergrund, und es herrscht eine angenehme, fröhliche Geschäftigkeit.
»Siehst du?«, strahle ich Jess an. »Ist das nicht nett hier?«
»Einen Tisch für meine Schwester und mich, bitte«, teile ich dem an der Tür postierten Kellner mit.
Hach, hört sich das toll an! Meine Schwester.
Wir setzen uns, ich stelle alle meine Einkaufstüten auf dem Boden ab, und langsam fange ich an, mich zu entspannen. Schon viel besser. Hier können wir uns richtig nett und intim unterhalten und endlich zueinander finden. Ich glaube sogar, wir hätten mit dem Kaffeetrinken anfangen sollen.
Da kommt eine nicht älter als zwölf aussehende Kellnerin mit einem »Heute ist mein erster Tag hier! «-Button am Revers an unseren Tisch.
»Hi!«, strahle ich sie an. »Ich hätte gerne einen Cappuccino... und was meine Schwester will, weiß ich noch gar nicht.«
Meine Schwester. Mir wird jedes Mal ganz warm ums Herz!
»Obwohl, eigentlich sollten wir uns ja eine Flasche Sekt gönnen.« Ich kann es mir nicht verkneifen. »Wir sind nämlich Schwestern, aber wir wussten nichts voneinander, und heute sind wir uns zum ersten Mal begegnet!«
»Wow«, sagt die Kellnerin. »Cool.«
»Ich möchte einfach nur ein Glas Leitungswasser, danke.« Jess klappt die Karte zu.
»Möchtest du denn keinen leckeren Kaffee mit Schaumkrone?«, frage ich erstaunt.
»Ich habe keine Lust, hoffnungslos überteuerte Preise zu bezahlen, von denen niemand anders als eine globale Ausbeuterfirma profitiert.« Sie sieht die Kellnerin streng an. »Oder finden Sie etwa, dass eine Gewinnmarge von 400 Prozent moralisch vertretbar ist?«
»Ahm...« Da ist die Kellnerin sichtlich überfragt. »Möchten Sie Ihr Wasser mit Eis?«, erkundigt sie sich schließlich.
»Ach, komm, trink doch einen Kaffee«, versuche ich
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