Vom Umtausch ausgeschlossen
»Ein T-Shirt, eine Hose...«
»Nein. Ich habe alles.«
»Willst du noch nicht mal eins von den tollen Tops anprobieren?« Ich halte eines davon aufmunternd hoch. »Nur, um zu sehen, wie es aussieht?«
»Ich werde keins davon kaufen.« Jess zuckt mit den Schultern. »Wozu also anprobieren?«
»Ich bezahle!«, sage ich, als mir plötzlich ein Licht aufgeht. »Habe ich doch gesagt, dass ich dich einlade!«
»Ich möchte dein Geld nicht verschwenden. Aber lass dich von mir nicht aufhalten«, sagt sie. »Nur zu.«
Ich weiß nicht recht, was ich machen soll. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Jess nichts anprobieren würde.
»Die Sachen liegen alle für dich bereit, Becky«, meldet Sandra sich zu Wort.
»Na, los.« Jess nickt.
»Hm ... na gut«, sage ich schließlich. »Dauert nicht lange. Ich gehe in die Umkleidekabine und schlüpfe in die meisten Teile hinein - jedoch nur halbherzig. Meine kribbelige Aufregung ist verpufft. Allein macht das keinen Spaß. Ich wollte, dass wir zusammen Klamotten anprobieren. Ich wollte mit Jess Spaß haben. Ich hatte mir vorgestellt, dass wir in immer neuen Outfits aus den Kabinen heraustänzeln, Sachen austauschen, lachen...
Ich verstehe das nicht. Wieso probiert sie kein einziges Teil an?
Da fällt mir in einem Anfall von Verzweiflung ein, dass es daran liegen muss, dass sie meinen Geschmack zum Kotzen findet. Und sie hat nur deswegen nichts gesagt, weil sie höflich sein möchte.
»Und, wie sieht‘s aus?«, fragt Georgina, als ich schließlich wieder aus der Kabine komme.
»Äh... gut.« Ich bemühe mich, beschwingt zu klingen. »Ich nehme zwei von den Tops und den rosa Rock. Angezogen sieht der wirklich total Klasse aus.«
Ich werfe einen Blick hinüber zu Jess, doch die starrt Löcher in die Luft. Als hätte sie mich gerade erst bemerkt, kommt sie dann wieder zu sich. »Fertig?«, fragt sie. Ah... ja. Ich muss nur noch eben bezahlen.«
Wir gehen zur Kasse, wo Sandra meine Einkäufe einscannt. Georgina beäugt Jess mit kaum verhohlener Neugier.
» Wenn Sie nicht in Stimmung sind für Bekleidung«, sagt sie unvermittelt, »wie wäre es dann vielleicht mit ein wenig Schmuck« Sie zieht eine Schublade aus dem Kassentresen. »W ir haben gerade ein paar ganz tolle Armbänder hereinbekommen. Nur zehn Pfund. Das hier konnte Ihnen stehen.« Sie hebt ein wunderschönes Armband hoch, das aus schlichten, aneinander gereihten Silberovalen besteht. Ich halte die Luft an.
»Hübsch«, bestätigt Jess und nickt. Mann, bin ich erleichtert!
»Für Beckys Schwester...«, sagt Georgina, und ich sehe ihr förmlich an, wie sie den Preis schnell im Kopf überschlägt, »... für drei Pfund.«
»Wow!« Ich strahle sie an. »Das ist ja toll! Danke, Georgina!«
»Nein, danke«, sagt Jess. »Ich brauche kein Armband.«
Was?
Entsetzt drehe ich mich zu ihr um. Hat sie vielleicht nicht richtig verstanden?
»Aber... es kostet nur drei Pfund«, sage ich. »Das ist das totale Schnäppchen!«
»Ich brauche es nicht.« Jess zuckt mit den Schultern.
»Aber...«
Mir fehlen die Worte. Wie kann man ein Armband für drei Pfund nicht kaufen? Wie?
Ich meine, das verstößt doch gegen die Gesetze der Physik oder so.
»Hier, bitte, Becky.« Sandra reicht mir die Kordelgriffe meiner Einkaufstüten. Zwei Stück, beide hellrosa glänzend und einfach zum Anbeißen - aber in dem Moment, in dem sich meine Finger um die Griffe schließen, empfinde ich nicht den üblichen Freudentaumel. Offen gestanden, empfinde ich so gut wie gar nichts. Ich bin viel zu verwirrt.
»Na dann... Wiedersehen!«, sage ich. »Und danke! Bis bald!«
»Wiedersehen, Becky!«, sagt Georgina. »Und Jess«, fugt sie etwas weniger herzlich hinzu. »Bis hoffentlich bald.«
»Becky! « ruft Sandra. »Warte, ich wollte dir noch den Flyer zu unserem Ausverkauf geben!«
Sie eilt auf mich zu, drückt mir ein glänzendes Papier in die Hand und raunt mir zu: »Ich will ja nicht unverschämt sein oder so... Aber bist du dir wirklich sicher, dass sie deine Schwester ist?«
Als wir wieder auf der Straße stehen, bin ich irgendwie benommen. Das lief ja nicht so ganz, wie ich es mir vorgestellt hatte.
»Na!«, sage ich etwas verunsichert. »Das hat ja Spaß gemacht!« Ich sehe zu Jess, die ein so unbeteiligtes und emotionsloses Gesicht macht, dass ich absolut nicht ablesen kann, was sie denkt. Ach, wenn sie doch nur einmal lächeln würde! Oder sagen: »Ja, war klasse!«
»Echt schade, dass du bei Georgina‘s nichts gefunden hast. Haben dir
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