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Vom Wahn zur Tat

Vom Wahn zur Tat

Titel: Vom Wahn zur Tat
Autoren: Thomas Stompe
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und zielbewusster und hielt meine Mutter mit einem Griff in ihrem Haar fest, mit der anderen Hand ergriff ich eine Schere, welche wie zufällig in der Küche in einer Holzschale auf einem Küchenkästchen lag.“ Er habe ihr einen Haarschopf abgeschnitten, die Mutter habe sich gleichsam entblößen müssen – „stellvertretend war gemeint, entblößen von ihrer derzeitigen Lebenshaltung“. Sie habe sich gewehrt, dabei jedoch weder geweint noch gezittert noch ihren Sohn angefleht, obwohl sie geahnt haben musste, was passieren werde.
    Franz F. beschreibt die Eskalation der Situation: „Sie war wie immer felsenfest von sich überzeugt und ging keinen Millimeter von ihrer Haltung zurück. Dies bewunderte ich einerseits an ihr, andererseits war mir dadurch der Weg zu meinem Tun umso mehr geöffnet. Ich schnitt ihr letztendlich sämtliche Haare ab. Ich muss noch einfügen, dass meine Aggression erst so richtig zum Ausdruck kam, als mich meine Mutter während meiner Fragen geohrfeigt hatte. Ich schlug nicht zurück, sondern sagte ihr: ‚Du wirst nie wieder deine Hand gegen mich erheben‘, mit dem Hintergedanken, dass das, was für mich zwingenderweise kommen musste, auch tatsächlich kommt, nämlich ihr Tod.“ Ab diesem Zeitpunkt habe er seiner Mutter nur mehr befohlen: „Ich zwang sie gewissermaßen mit Worten.“ Im Laufe dieser Auseinandersetzung habe die Mutter gesagt, dass er sie nicht herumkommandieren könne, da dies hier nicht sein Zuhause sei, weil er dafür nicht bezahle. In der Folge habe er seine Mutter gezwungen, sich ganz auszuziehen: „Als sie endlich völlig nackt war, habe ich sie aufgefordert, die Haare zu waschen, das heißt zu entfärben bzw. sich die Finger- und Zehennägel vom Nagellack zu reinigen. Der Hintergrund dazu war, dass sie vollkommen rein in den Tod gehen sollte, wie ein Kind, das nackt und unbeholfen geboren wird. Ich bin überzeugt, dass sie ihren bevorstehenden Tod erahnt hat.“
    F. tötete seine Mutter mit dem Jagdmesser und brach sie wie ein Wild auf, bevor er den Leichnam schließlich köpfte: „Ich wollte systematisch alle Bezugspunkte zu meiner Mutter auslöschen. Mein weiteres Vorgehen ist für den Interessierten aus meiner Familiengeschichte erkennbar. Jedenfalls musste der Kopf vom Rumpf getrennt werden. Wie auf ihrem Familienwappen ersichtlich, ist dort das abgetrennte Haupt eines Türken auf dem Krummsäbel eines Husaren aufgespießt. Dieser Bestimmung musste auch sie zugeführt werden.“ In der Folge ging Franz F. zur Boutique seiner Mutter: „Es handelt sich jedenfalls um den Ort des Verbrechens, begangen durch meine Mutter (Geld scheffeln, Leute kontrollieren, mind-control). Ich sperrte mit dem Geschäftsschlüssel auf, legte den Kopf verkehrt auf den Ladentisch und verständigte die Polizei. Ich nahm den Hörer ab und drückte den Rufknopf, alles Weitere war vorherbestimmt. Es war mir klar, dass die Polizei erscheinen würde. In der Zwischenzeit legte ich von Postern abgerissene Papierstücke um den Kopf auf einen Haufen, um diesen und den Ort des Verbrechens in Flammen aufgehen zu lassen. Ich zündete das Papier mit einem mitgebrachten Gasfeuerzeug an und bemerkte plötzlich die peinliche Ordnung in dem Geschäft, welche mich wieder an meine Mutter erinnerte. Auch diese Ordnung musste von mir durchbrochen werden. Ich warf aus den diversen Regalen die Konfektionswaren auf den Boden, riss einige Regale um, zerstörte alle Spiegel, die für mich Selbstgefälligkeit bedeuten.“
    In späteren Gesprächen mit dem Psychiater schilderte Herr F., dass er während des Streits mit seiner Mutter zunehmend das Gefühl bekommen habe, er sei König Attila. Gemäß einer inoffiziellen Version der Legende des Hunnenkönigs sei der Name der Gattin von König Attila Ildiko. Er habe seine Mutter auch mit dem Teufel identifiziert. Seine Mutter habe ihm nach dem Leben getrachtet. „Ich habe meine Mutter immer als Feind gesehen und zum Tatzeitpunkt der Konspiration überführt. Es geht dabei um Chemie, Waffenindustrie, Computertechnologie. Sie hat viele Leute um viel Geld gekauft. Die Drahtzieher kenne ich aber noch nicht, intuitiv habe ich das schon immer gewusst und gestern war der Kulminationspunkt. Irgendeine Generation war an dem Verrat beteiligt. Für meine Person sehe ich dabei die Rolle eines Soldaten, der das Vaterland zu verteidigen und für Recht und Ordnung einzutreten hat. Meine Mutter ist die Letzte, die übrig geblieben ist, wo der Kreis geschlossen wird, das
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