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Vom Wahn zur Tat

Vom Wahn zur Tat

Titel: Vom Wahn zur Tat
Autoren: Thomas Stompe
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– die Mutter: eine spartanisch lebende, erfolgreiche Geschäftsfrau; der Vater: ein Bonvivant, interessiert an der Jagd – führte schließlich 1969 zur Scheidung. F. wuchs in einem Haushalt mit der Mutter und der Großmutter mütterlicherseits auf. Gelegentlich kamen der Großvater mütterlicherseits sowie ein Onkel auf Besuch. Während die Mutter für den Unterhalt sorgte, wurde die Großmutter vom Patienten als eigentliche Mutter erlebt. Bei ihr lernte er Wärme, Schutz und Geborgenheit kennen. Zu seinem Vater, für den Patienten eine Autorität, blickte er auf. F. verbrachte seine gesamte Schulzeit in katholischen Schulen und Internaten in Wien. Danach begann er ein Informatik-Studium und absolvierte das Bundesheer als Einjährig-Freiwilliger. Mit einem Freund gründete er 1990 ein Computergraphikunternehmen. Das Geld zur Unternehmensgründung, rund 500.000 Schilling, erhielt er von seiner Mutter. Bald kam es zu Meinungsverschiedenheiten und Streitereien mit seinem Geschäftspartner, F. verließ die Firma. Ab dem 20. Lebensjahr entwickelte Franz F. nach den Angaben seiner älteren Schwester „Wahnideen“. Er meinte alles zu können, der Beste und der Gescheiteste zu sein. In der Folge wurden immer wieder Verhaltensauffälligkeiten beobachtet. Ein Jahr vor dem Anlassdelikt wollte die Mutter F. veranlassen, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Sie empfand Unbehagen, meinte: „Ich habe Angst, er tut mir was.“ Franz F. selbst datiert den Beginn der ersten psychischen Veränderung ins Jahr 1992, als ihn seine damalige Freundin verließ. In der Folge sei er „depressiv“ geworden. Der Tod seines Vaters Anfang 1993 sei ein zusätzlicher „schwerer Schlag“ für ihn gewesen. Die Mutter, die er immer als sehr tyrannisch („Hausdrache“) erlebt habe, habe kein gutes Haar an seinem Vater gelassen. Dies habe ihn gekränkt und wütend gemacht.
    In der Zeit vor dem Delikt habe die Mutter des Öfteren bei ihm angerufen, berichtet er, um ihn zum Essen nach Hause einzuladen. Er habe abgelehnt. Seine Mutter habe zu viele Bedürfnisse gehabt und die seinen nicht berücksichtigt. Die Tage vor dem Delikt habe er sehr wenig geschlafen, unangenehme körperliche Empfindungen gehabt, Hitze, Kälte, Schwitzen verspürt, keinen Appetit gehabt, nur von Zigaretten und Kaffee gelebt. In seinem Kopf habe ein „Tornado gewütet“. Schließlich habe er doch eine Einladung am Abend vor dem Delikt angenommen.
    An diesem Abend sei es zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen gekommen, er habe die Nacht vor dem Fernseher verbracht. Am Morgen des nächsten Tages sei die Mutter zu ihm gekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er die ganze Nacht nicht geschlafen habe, worauf sich wieder ein Streit ergeben habe, erzählt Franz F. Er habe ihr in der Folge ein Bild der ungarischen Stephanskrone gezeigt und gesagt: „Ich repräsentiere die Krone, knie nieder und schwöre, dass du mit solchen Schweinereien nichts zu tun hast.“ Sie habe sich geweigert zu schwören. Je heftiger der Streit zwischen ihm und seiner Mutter geworden sei, desto „dämonischer“ seine Stimmung. Er habe massive Angst, geradezu Todesangst gehabt, meint er. Diese sei durch die Befürchtung genährt worden, seine Mutter könne mit den Mitteln der schwarzen Magie seinen Tod erwirken. Gleichzeitig habe er „eine massive Wut“ entwickelt.
    Im Laufe eines Gesprächs erklärt Franz F. sein Denken und Empfinden während der Tat: „Ich hatte die gesamte Nacht in die Bibel geschaut, ich fühlte mich hervorragend, bis meine Mutter gegen acht Uhr morgens zu mir in den Salon kam. Sie fing mit ihrer üblichen Aggressivität an und nörgelte an mir herum und bemängelte meine Lebensgewohnheiten. Ich solle doch dies und solle doch jenes, nur nicht das, was ich gerade machte. Jetzt kam klarerweise das zur Auswirkung, was schon lange in mir aktiv war. Es kam ganz klar in mir der Wille zum Ausdruck, dass diese Situation, die ich wie ‚Flamme und Flamme‘ (Mutter – Ich) empfand, endgültig einer positiven Erledigung im Sinne meiner gedanklichen Vorgänge zugeführt wird.“ Er habe seiner Mutter bewusst machen wollen, dass sie nur frei sein könne, wenn sie sich von ihren Schutzhüllen befreien würde. Konkret habe er damit ihr rot gefärbtes Haar, ihre rot lackierten Finger- und Zehennägel gemeint: „Sie sind Zeichen des Feuers. Ich zwang sie immer heftiger, die Farbe aus dem Haar zu waschen, was sie jedoch verweigerte. Ich wurde in dieser Forderung immer sicherer
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