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Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten

Titel: Von Alkohol bis Zucker - 12 Substanzen die die Welt veränderten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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bei den Mayas eine Art Vulkanisation herbeigeführt worden sein, die den Kautschuk erst voll elastisch macht: Gummi. Irgendwie haben sie es jedenfalls geschafft, aus einer Kautschukmasse einen Gummiball herzustellen, ein wichtiges Requisit für das in ganz Mittelamerika verbreitete ritualisierte Ballspiel – Ritual meint hier nicht dasselbe wie das Anschauen der Bundesliga im Fernsehen, für viele Bundesbürger ein »Ritual«, sondern dass die Verlierermannschaft den Göttern geopfert wurde. Oder auch die Gewinnermannschaft – geopfert zu werden galt als große Ehre. Die Größe der Bälle variierte bei den einzelnen Kulturen vom Tennisball bis zur Fußballgröße von über drei Kilo Gewicht, entsprechend gab es unterschiedliche Spielregeln. Aufgepumpt werden musste keiner dieser Bälle, sie waren alle aus Vollgummi.
    Nichtreligiöse Verwendungen gab es auch: Kautschukgefäße, hergestellt durch das Aufbringen der Masse auf einen »verlorenen« Kern aus Ton, der später zerschlagen und in Stücken aus dem Kautschukgefäß herausgeholt wurde. Oder besonders praktisch: Man tauchte die Füße in Kautschukmasse und ließ das Ganze trocknen; eine Art garantiert sitzender Gummistiefel, im feuchten Regenwald eine willkommene Innovation. Ausziehen ging nicht, war aber auch nicht nötig, denn besonders haltbar war die unbehandelte Kautschukmasse nicht. Sie alterte rasch und wurde brüchig. In der Wärme war sie klebrig, in der Kälte hart und steif. Letzteres festzustellen hatten die Maya wohl wenig Gelegenheit, dafür aber die Europäer, die nach der Eroberung der neuen Welt mit dem Kautschuk in Kontakt kamen. Schon Karl V., der Kaiser, in dessen Reich »die Sonne nicht unterging«, hatte Gelegenheit, einer aztekischen Ballspielmannschaft zuzuschauen, herbeigeschafft von Hernán Cortés. Das Interesse an Kautschuk hielt sich die nächsten Jahrhunderte allerdings ebenso in Grenzen wie das an den anderen Produkten der Neuen Welt, wie Kartoffeln oder Tabak, nur nach Gold und Silber waren alle verrückt. Der Spanier Gonzalo Fernandez de Oviedo y Valdes beschreibt 1540 wieder das Ballspiel der Eingeborenen und außerdem die Verwendung von Kautschuk, um Stoffe wasserdicht zu machen. Es dauert aber zweihundert Jahre, bis der erste Wissenschaftler sich mit dem Kautschuk befasst. Das war Charles-Marie de La Condamine, französischer Offizier und »Adjunkt« für Chemie an der Akademie der Wissenschaften. Im Auftrag dieser Institution unternahm er 1735 eine Reise nach Peru, um einen Meridiangrad unter dem Äquator (also auf der südlichen Hemisphäre) zu vermessen, das heißt, die Distanz zwischen zwei Breitenkreisen, die genau ein Grad auseinanderliegen, festzustellen. Daraus erhoffte man sich Erkenntnisse über die wahre Gestalt der Erde, die bekanntlich keine vollkommene Kugel ist, sondern an den Polen abgeflacht und an anderen Stellen ausgebeult. Nun unternahm man im 18. Jahrhundert solche Reisen nicht einfach zwischendurch – man hatte schon Monate auf See verbracht, bevor man den fremden Kontinent überhaupt erreichte. Nach erfolgreicher Durchführung der schwierigen Messungen in großer Höhe zwischen den beiden Hauptkämmen der Anden fuhr La Condamine nicht gleich wieder heim, sondern reiste den Amazonas flussabwärts und erstellte die erste Karte des Stromes, die auf astronomischen Messungen beruhte (GPS des 18. Jahrhunderts …) Dabei hat er sich für Land und Leute interessiert, die bei den indigenen Völkern übliche Blatternimpfung kennengelernt und das Pfeilgift Curare mitgebracht. Er kehrte erst zehn Jahre später wieder nach Paris zurück. In seinen Schriften findet sich die erste fundierte Beschreibung der Kautschukgewinnung und -verwendung, die über rein Anekdotisches hinausgeht.

    Die Bezeichnung ca-hu-chu hat er überliefert, ebenso den Namen des Baumes, aus dem der Saft gewonnen wird: hevé . Danach heißt die Pflanze heute Hevea brasiliensis. Schließlich stammt von ihm auch die Bezeichnung Latex für den austretenden Saft. Ein Franzose, Francois Fresneau, war von Kautschuk regelrecht fasziniert, er erforschte die Eigenschaften des Materials jahrelang vor Ort und entdeckte, dass die Latexmilch in Terpentin gelöst und über weite Strecken transportiert werden konnte. Das konnte sie in der Naturform nämlich nicht: Die Bezeichnung Milch ist glücklich gewählt, auch wenn La Condamine noch keine modernen Kenntnisse über den molekularen Aufbau haben konnte. Wie das Fett in der Milch ist der eigentliche

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