Von allen guten Geistern geküsst: Roman (German Edition)
sind ja die Studenten-Aushilfen da. Und du siehst aus, als wäre dein Hund gestorben.«
»Ist er auch«, erwiderte Mab mit zitternder Unterlippe. »Der elende Hundesohn.«
Cindy setzte sich neben sie. »Komm, spuck’s schon aus.«
»Ich habe gerade herausgefunden, dass Joe in Wirklichkeit Dave ist, der von einem Dämon besessen ist. Ich habe also die ganze Woche über mit einem Suffkopf geschlafen. Joe, der in Wirklichkeit ein Dämon namens Fufluns ist, hat die ganze Zeit andere Leute besessen und mit anderen Frauen geschlafen, und damit ist meine wunderbare Liebesaffäre dahin. Zweitens hat Delpha mir zusammen mit ihrem Vogel ihr zweites Gesicht vererbt, ganz echt, nur hab ich’s nicht unter Kontrolle – das Gesicht meine ich, nicht den Vogel –, und dadurch sehe ich Dinge, die ich nicht sehen sollte und nicht sehen will. Meistens sind das scheußliche Dinge, die ich sehe und die ich den Leuten sagen muss. Und so habe ich auch alles über Joe rausgefunden. Er wollte mich zum Abendessen abholen, und ich nahm seine Hand und sah … alles. Und ich liebe diesen verdammten Mistkerl immer noch, also wie blöd bin ich eigentlich?« Sie unterdrückte ein Schluchzen. »Ach ja, drittens glaube ich, mein Onkel hat heute versucht, mich zu vergiften, außer du hast mir durch ihn Kräutertee bringen lassen.«
»Nein, hab ich nicht«, erwiderte Cindy.
Mab nickte. »Wirklich nicht mein Tag heute.«
»Wow.«
»Tja. Ich glaub’s ja selbst nicht.«
»Also, ich glaube es schon.«
Mab wandte sich ihr zu und sah sie im Dämmerlicht scharf an. »Was?«
»Na ja, Joe hat Dave wirklich sehr ähnlich gesehen, aber es war nicht Suffkopf Dave, also ist die Dämonenbesessenheit eine gute Erklärung. Ja, und Delpha hatte wirklich das zweite Gesicht, und sie hat dir alles hinterlassen, also macht es Sinn, dass auch dieses zweite Gesicht auf dich übergehen würde. Dass Joe dich betrügt, ist zum Kotzen. Ich dachte, er wäre anders und besser, aber wenn er ein Dämon ist, dann kann man wohl nichts machen. Was noch? Ach ja, Ray. Also, der war mir immer schon irgendwie unheimlich, aber ich hätte ihn nie für einen Mörder gehalten.«
»Ray will meinen Anteil am Park erben«, erklärte Mab. »Allerdings, um fair zu sein, er hat zuerst versucht, ihn mir abzukaufen. Weißt du, er hat recht. Ich sollte ein Testament machen. Ich werde alles dir vermachen. Dann hört er vielleicht auf, mir nach dem Leben zu trachten. Wusstest du, dass der Park ein Dämonengefängnis ist?«
»Ein was?«
»Ein Gefängnis für Dämonen. Es werden fünf Dämonen hier gefangen gehalten. Wurden gefangen gehalten. Zwei sind rausgekommen.«
»Nein, das wusste ich nicht«, antwortete Cindy verblüfft. »Wieso ist mir das nicht aufgefallen?«
»Sie waren in den letzten vierzig Jahren nicht frei. Da konnte dir nichts auffallen.« Sie runzelte die Stirn. »Obwohl ich glaube, dass Fufluns hin und wieder freikommt. Das sähe ihm ähnlich.« Und kopfschüttelnd: »Und jetzt ist auch noch Tura draußen. Und dazu wimmelt es im Park von diesen widerlichen kleinen Minion -Dämonen. Weißt du, wie man die fünf großen Dämonen nennt? Die Unberührbaren. Und ich habe einen berührt .«
Frankie krächzte und trippelte hin und her, wobei er sich leicht in ihre Schulter krallte.
»Okay, also beruhigen wir uns erst mal wieder«, meinte Cindy. »Du fängst langsam an, wie diese durchgedrehte Frau zu klingen, die früher am Eingang immer Streikposten stand.«
»Das war meine Mutter.«
»Aha, dann lass uns mal weitersehen.« Cindy wiegte den Kopf. »Delpha ist tot. Das heißt: ein Dämonenwächter zu wenig, stimmt’s?«
»Ja. Das heißt, ich soll an ihre Stelle treten.«
»Und das willst du nicht?«
Mab wollte sagen: Ich will einfach nur normal sein , aber dann zögerte sie. Vielleicht wollte sie das gar nicht. Der heutige Tag war schrecklich, die ganze Woche war schrecklich gewesen, aber wenn jemand zu ihr sagen würde: »Na gut, du kannst das Ganze jetzt jemand anderem übergeben«, würde sie dann wirklich Frankie und das zweite Gesicht aufgeben?
Dreamland aufgeben?
»Ich weiß nicht.«
»Doch, du weißt es.« Cindy legte einen Arm um sie. »Wenn du’s nicht weißt, dann weißt du’s. Denn: Wenn du es nicht wolltest, dann würdest du sagen ›Ich will das nicht‹. Du bist dir sonst immer so sicher. Also, wenn du jetzt nicht sicher bist …«
»Ach, verdammt.« Mab barg ihr Gesicht in den Händen. »Da draußen ist noch mehr im Argen. Joe weiß etwas, was er mir
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