Von den Sternen gekuesst
Großeltern sicher nicht begeistert von der Idee, dass ich Soldatin werden will. Jetzt ist es aber nun mal so und ich weiß einfach, dass sie für jedes Opfer Verständnis zeigen werden, das ich erbringe.«
»Und ich?«, fragt Vincent. »Zählen meine Gefühle denn gar nicht? Das Mädchen, das ich liebe, opfert sich wie …« Er seufzt und sieht schrecklich bekümmert aus, während er nach den richtigen Worten sucht. »… die Jungfrau dem Drachen.«
»Nein, das Mädchen, das du liebst, opfert sich keinem Drachen. Diese Jungfrau «, mein Mund verzieht sich zu einem breiten Grinsen, als ich das Wort ausspreche, »zieht los, um dem Drachen gehörig den Hintern zu versohlen, nicht um sich hinzulegen und auf den Tod zu warten.«
Mit einem schnellen Schritt ist Vincent bei mir und umklammert mich fest. »Kein Opfer«, atmet er mir ins Haar. »Du wirst nicht für uns sterben.«
»Zumindest habe ich das nicht vor«, verspreche ich. »Außerdem gehe ich ja nicht ohne dich dorthin. Das heißt, wenn wir fallen, fallen wir zusammen.« Ich löse mich ein Stück von ihm und versuche, ihm ein Lächeln zu schenken.
Seine Augen sind rot und glänzen. »Zusammen«, stimmt er zu und dann küsst er mich.
» Du gehst nirgendwohin«, sagt Vincent streng, als Ambrose sich mit Mühe aus dem Bett kämpfen will.
»Aber ich habe doch noch einen guten Arm«, erwidert er und stöhnt dann vor Schmerzen auf, weshalb Charlotte ihn wieder zurück aufs Bett drückt.
»Siehst du? Du kannst dich fast nicht bewegen«, sagt sie. »So bist du nur eine Belastung für uns.«
»Die Schlacht des Jahrzehnts, vielleicht sogar des Jahrhunderts, und ich darf nicht mit? Ihr macht doch Witze, oder?«, protestiert er.
Der Arzt tritt an ihn heran und setzt eine Betäubungsspritze in seinen Arm. »Warten wir ein paar Minuten, bis das Mittel wirkt«, sagt er und schreitet durchs Zimmer zu seinem Arztkoffer, um die Instrumente vorzubereiten.
»Ich bin der Chef, also entscheide das immer noch ich. Und ich sage, du bleibst hier.« Damit ist die Diskussion für Vincent beendet und er verlässt das Zimmer.
Charlotte steht auf, doch Ambrose greift nach ihrer Hand, bevor sie Vincent folgen kann. »Warte«, bittet er.
»Mich wirst du auch nicht umstimmen«, sagt sie und schaut ihn warnend an.
Er schielt zu mir. »Katie-Lou, du wirst mich nicht anschwindeln. Das, was da jetzt kommt, ist die Schlacht, oder? Die Nummer, auf die Violette hingearbeitet hat, stimmt’s?«
Charlotte und ich wechseln einen Blick, sie schüttelt kaum merklich den Kopf. Ich atme aus. »Ja.«
»Oh Mann!«, jammert er, schließt die Augen und legt den Kopf auf dem Kissen ab.
»Hör zu, Ambrose«, sagt Charlotte, »wir werden alles daransetzen, Genevièves Leiche zurückzubekommen, wenn es das ist, worum es dir geht. Aber wenn du mitkommst, bist du keine Hilfe. Eher eine Last. Reicht es dir, wenn ich dir hoch und heilig verspreche, dass wir alles tun werden, was in unserer Macht steht?«
Ambroses Augen werden schmal. »Du glaubst, deshalb will ich mitkommen?«, fragt er. »Um Geneviève zurückzuholen?«
Charlotte sieht ihn verwirrt an.
»Pass mal auf, Süße.« Nervös fährt er mit dem Daumen über ihren Handrücken. »Ihr rückt da zu einer der gefährlichsten Schlachten aus, die wir vermutlich je erleben werden. Das könnte sogar die Schlacht der Schlachten sein. Und mal ganz davon abgesehen, dass mich allein der Gedanke total ankotzt, nicht mitkämpfen zu können, wird mich noch eine andere Vorstellung in den Wahnsinn treiben. Denn schließlich springst du da rum und wirst vielleicht verletzt, vielleicht getötet und vielleicht sogar zerstört.«
»Vincent und ich werden …«, setzt Charlotte an.
»Um Vincent mache ich mir keine Sorgen«, fällt Ambrose ihr ins Wort. »Sondern um dich.«
Jetzt ist es so weit , denke ich. Lächelnd trete ich leise den Rückzug an. Dabei wäre das gar nicht nötig, die beiden sind völlig ineinander vertieft.
»Ich kann genauso gut kämpfen wie alle anderen auch«, sagt Charlotte, zieht ihre Hand zurück und stemmt dann beide Fäuste in die Hüften.
»Ich habe nie etwas anderes behauptet.«
»Warum …«
Er unterbricht sie erneut. »Ich bleibe ohne weiteren Widerspruch …«
»Du hast doch keine Wahl!«
»… wenn du zwei Dinge für mich machst.« Sein ironischer Unterton ist verstummt. Er meint das todernst.
Ich sollte gehen, aber ich kann nicht. Ich kann doch dieses historische Ereignis nicht verpassen. An der Tür verharre ich,
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