Von den Sternen gekuesst
in Ihrem Sinne ist, wenn Ihre Enkelinnen sich hier bei uns aufhalten, wo wir sie schützen können, statt sich selbst überlassen und schutzlos in der Öffentlichkeit.«
»Schutzlos!« Mamies Gesicht wurde puterrot. Sie schaute zu Gaspard, der mit ernster Miene nickte, um JBs Aussage zu bekräftigen. Dann wandte sie sich mir zu, warf mir ihren mahnendsten Blick zu und atmete schließlich mit geschürzten Lippen aus, in dem Versuch, sich zu sammeln.
»Monsieur Grimod, versetzen Sie sich doch bitte einmal in meine Lage. Vergangene Nacht kamen meine Enkelinnen nach einer brutalen Auseinandersetzung nach Hause, die sie beide das Leben hätte kosten können. Kates Freund hat sie sogar das Leben gekostet, selbst wenn mir zu verstehen gegeben wurde, dass das für jemanden von Ihrem Schlag weniger schlimme Folgen hat, da Ihre Tode nicht endgültig sind«, sagte sie klar.
»Doch nun existiert er nur noch als Geist, weil sein Körper von einer Verrückten vernichtet wurde. Von derselben Verrückten, der meine eine Enkelin eine Gehirnerschütterung zu verdanken hat und die meiner anderen Enkelin in den vergangenen Monaten wiederholt Blumen geschickt hat. Zu uns nach Hause. Denn sie weiß, WO WIR WOHNEN.« Weil es sie so viel Mühe kostete, höflich zu bleiben, während ihr doch ganz anders zumute war, war Mamies Gesicht mittlerweile lila angelaufen.
»Und jetzt soll ich allen Ernstes erlauben, dass meine Enkelinnen sich bei Ihnen aufhalten? Hier, im Zentrum allen Übels? Jeder mit einem gesunden Menschenverstand würde Ihren Vorschlag zweifelsfrei ablehnen.«
»Aber, meine verehrte Dame, das ist ja genau der Grund, aus dem Sie Ihre Enkelinnen in unsere Obhut übergeben sollten. Denn es ist leider genau, wie Sie sagen: Die Numa wissen, wo Sie wohnen. Violette weiß, wo Sie wohnen. Ich hatte vor, Ihnen anzubieten, Ihnen und Ihren Enkelinnen hier bei uns Zuflucht und Schutz zu bieten. Deshalb bin ich sehr froh, dass Sie jetzt hier sind und wir darüber sprechen können.«
Mamie zögerte und sagte dann: »Vor anderthalb Jahren habe ich meinen Sohn durch eine alkoholisierte Autofahrerin verloren. Ich weigere mich, ein – oder sogar zwei – weitere Familienmitglieder wegen etwas ähnlich Sinnlosem zu verlieren.«
»Eine Schlacht zwischen Gut und Böse ist sicherlich nichts Sinnloses, ma chère dame «, erwiderte Jean-Baptiste leise. »Und als nichts anderes lässt sich unsere derzeitige Lage beschreiben. Bitte, kommen Sie doch mit.« Er bot ihr seinen Arm, wartete und sah darüber hinweg, dass Mamie ein wenig zusammenzuckte, als sie seiner Geste endlich nachkam und ihn leicht mit den Fingern berührte.
»Lassen Sie uns alle ins Wohnzimmer gehen, wo Jeanne mit Kaffee aufwarten wird. Oder wäre Ihnen Tee lieber? Wenn Sie bereit sind, schicken wir Kate in die Küche zu ihrer Schwester, damit wir die Lage ungestört und offen besprechen können.«
Ich folgte ihnen, genauso Gaspard, der hinter uns allen leise die Zimmertür schloss, damit der schon komatös wirkende Bran sich endlich ausruhen konnte. »Wie ich sehe, haben Sie sich schon mit Gaspard bekannt gemacht, meinem langjährigen Lebensgefährten«, fuhr JB mit einem schiefen Lächeln fort. »Seiner Meinung nach bin ich der Letzte, dem man die wichtigen Erklärungen überlassen sollte, insofern werde ich ihn bitten, sich uns anzuschließen.«
Überrascht hob ich die Augenbrauen. Jean-Baptiste hatte sich gerade meiner Großmutter gegenüber geoutet, während er in meiner Anwesenheit seine Beziehung zu Gaspard bisher nicht ein einziges Mal erwähnt hatte. Es war ja kein Geheimnis, doch da sie aus anderen Zeiten stammten, waren öffentliche Liebesbekundungen der beiden nicht gerade an der Tagesordnung und man konnte leicht vergessen, dass sie zusammen waren. Dass er nun so offen sprach, war ein klares Signal an meine Großmutter. Er teilte alles mit ihr – selbst so Persönliches wie seinen Beziehungsstatus –, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
Als mir dies alles durch den Kopf ging, warf JB mir einen Blick zu.
Merci , formte ich mit den Lippen.
Er nickte nur düster.
»Verehrteste Madame Mercier, es ist uns eine große Ehre, Sie in unserem Heim begrüßen zu dürfen«, sagte Gaspard. Er zitterte nur leicht auf seine ganz eigene nervöse Art, während er sich verbeugte und ihr dann einen Handkuss gab. Eine Geste, die Mamies Herz erweichen würde, da war ich mir sicher.
»Katya, du verlässt dieses Haus nicht«, sagte sie an mich gewandt. »Ich werde zu dir und deiner
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