Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

ineinander verkeiltem Zement und Metall befreien.
    Man bedenke, dass Blau wie Rot ihre Energie umsonst vergeuden ‒ es läuft mit Sicherheit auf eine Katastrophe hinaus. Womit klar wird, dass das ganze Gerede von der Dynamik Blau–Rot totaler Unsinn ist. Diese Feststellung hat etwas Beruhigendes, wir atmen gleich leichter. Ein Rat nebenbei, versucht aus der Geschichte herauszukommen, bevor die Feindseligkeitenihren Höhepunkt erreichen, ihr könnt dabei nur gewinnen. Und wie? Ihr fragt mich, wie? Bringt mir bitte nicht meinen Plan durcheinander, wir passieren gerade eine sehr schwierige Fahrrinne, noch sind wir nicht so weit, die Fluchtmöglichkeiten zu erkunden, sondern, stromaufwärts sozusagen, das Verhängnis der Dynamik Blau– Rot in den Griff zu kriegen. Wenn ihr euer Stromab vor euer Stromauf setzt, wird es uns nie gelingen, unsere Nadel geschickt aus diesem Heuhaufen zu ziehen.
    Was also sollen wir tun?, fragt ihr. Da der Mensch nun mal so gestrickt ist und von Natur aus so handelt? Ich höre die besagten starken Geister in ihre Mikros grölen, dann solle man doch die Blauen mit den Blauen paaren und die Roten mit den Roten, um solche Kriege von vornherein auszuschließen. Ich werde euch gleich den Wind aus den Segeln nehmen, werft eure Mikros weg, ihr wisst ja nicht mehr, was ihr sagt. Denn die Paarung von Gleichen führt nicht zum Crash, sondern zur Häufung . Ja, genau. Gießt ein wenig Wasser ins Wasser und stellt fest: Die Tonne fließt über . Die Verbindung Blau + Blau führt durch die Anhäufung von Masse zu völliger Unbeweglichkeit, so dass am Ende ein formloses, undynamisches Bauwerk mit dämmenden Eigenschaften dabei herauskommt.Ah, das wusstet ihr schon, jetzt fällt es euch wieder ein. Die Verbindung Rot + Rot hingegen führt an einem Spätnachmittag zu einer feurigen Paarung mit brutaler Trennung der Partner schon am frühen Abend. Ich sehe, auch das kommt euch bekannt vor. Ich habe weder etwas gegen dämmende Tugenden noch gegen feurige Paarungen, doch ich erinnere daran, dass wir beim Thema Liebe waren. Ja, das hattet ihr bedauerlicherweise vergessen, versucht doch bitte mal, den Plan im Auge zu behalten, anstatt euch immer wieder begeistert auf eure Mikros zu stürzen. Diese Kumulationsmodelle sind sicher spannend, aber vollkommen ungeeignet, da im Fall Blau + Blau die Liebe unter dem Gewicht der schieren Masse zusammenbricht und im Fall Rot + Rot, bevor sie überhaupt zu Liebe wird, zu Staub zermahlen ist. Woraus ihr richtig schlussfolgert, dass man Liebe ausschließlich in der dynamischen Verbindung von Blau und Rot begreifen kann. Eine vertrackte Situation, denn wir sahen ja, wohin uns diese verdammte Dynamik führt: geradewegs in den Schlamassel. Sie ist sogar mehr als vertrackt: sie ist dramatisch.
    Was also sollen wir tun?, fragt ihr. Da der Mensch nun mal so gestrickt ist und von Natur aus so handelt? Ich erinnere euch daran, dass der Mensch ein Tier ist,keineswegs eine Pflanze. Und genau darin liegt unsere Chance, denn die Viecher zeigen uns den Weg, machen wir’s ihnen nach. Machen wir’s wie die Ratten, unsere nächsthöheren Säugetiere, die, weit davon entfernt, ihren Bau durch kategorische Sicherungsanlagen ‒ gehärteten Stahl, Stacheldraht, Panzertüren ‒ nach außen hin zu verbarrikadieren, zu ihrer Seelenruhe sogar zwölf Ausgänge darin vorsehen. Gleiches gilt für die Rennmäuse, aber ich will euch nicht mit zu vielen Beispielen überfordern. Die unerschütterliche Gelassenheit der Ratten (wie der Rennmäuse) beruht eben nicht auf einer gepanzerten Tür, sondern auf den zwölf Ausgängen zur Freiheit, es tut mir leid, wenn ich euch solche banalen Weisheiten mit dem Vorschlaghammer einbläuen muss. Diese Frage der Tür ist fundamental, bitte konzentriert euch. Die Ratte verabscheut den Zwang sogar dermaßen, dass sie Zink und Beton durchnagt, um an die freie Luft zu gelangen. Diese Baustoffe, in die wir solche Hoffnungen setzen, sind also kompletter Blödsinn, jeder Zahn eines Nagetiers zerbröselt sie euch, vergesst sie auf der Stelle. Verwandelt dagegen euren Bunker in ein luftiges Baumwollzelt, und schon kann die Liebe sich frei darin bewegen. Keine Tür, niemals, schreibt es euch auf eine Ecke des Tischs, wenn ihrfürchtet, es zu vergessen. Diese simple Erfahrung, die wir von den Langschwanzmäusen übernommen haben (Ratten sind Langschwanzmäuse, keine Amphibien, merkt euch das), mindert partiell Panikattacken, spart Lebensenergie und Rohstoffe, alles Gewinne,