Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
Stück kann ich nicht reden. Ich hoffe, ihr habt das Thema nicht vergessen, das wäre entsetzlich.
Ich hoffe.
Ihr macht mir plötzlich Angst.
Das Thema, ich wiederhole es noch mal, aber damit mag es nun genug sein: Das Weltknäuel und eure Glückseligkeit oder Wie man das eine abwickelt und gleichzeitig das »Sesam, öffne dich« zum anderen findet . Ihr seht, man sollte sich besser auf die Fachleute verlassen.
Die Liebe.
Wir waren bei der Liebe. Gehen wir die Sache ganz einfach an, indem wir uns unsere Einkaufskörbe vornehmen.Beobachtet doch mal, in sexueller Hinsicht, meine ich, wenn ihr an der Kasse Schlange steht, was sich in den Einkaufskörben vor und hinter euch befindet. Darüber vergesst ihr erstens eure Ungeduld und zweitens das Verlangen, dem Vordermann ein Fleischmesser in den Rücken zu jagen, und obendrein lernt ihr etwas dabei. Wenn ich sage, in sexueller Hinsicht, dann meine ich das wissenschaftlich, ich spreche vom Geschlechtsdimorphismus , konkret vom Einkaufskorb des Mannes beziehungsweise dem der Frau. Nun kommt mir bloß nicht und sagt, es sei schwierig, die Körbe von Frauen und Männern auseinanderzuhalten, sonst verzweifle ich an euch und springe über die Reling. Seht euch diese Warteschlange ein gutes Weilchen an. Acht Frauen, ein Mann. Richtet eure Aufmerksamkeit auf den Inhalt des männlichen Einkaufskorbs: eine Portion Napfschnecken, zwei Sixpacks Bier und ein paar Tuben Gouachefarbe. Ich werfe auf niemanden einen Stein, gottbewahre!, bei uns zu Hause wurde oft und viel getrunken und wurden Unmengen von Stockenten gemalt. Aber ich sage mir, wenn einer schon in diesen verdammten Supermarkt geht, warum nimmt er dann nicht gleich was fürs Abendessen mit? Weil das schon die Frau erledigt hat, aber sie hat das Bier vergessen. Der Typ sieht sichalso gezwungen, diese Vergesslichkeit auszubügeln, Frauen sind halt schusselig. Was soll auf einmal, wendet ihr ein, diese Aufwallung von einfältigem Feminismus seitens einer Person, die man für erfahren hielt in allen Feinheiten simultanen Denkens?
Einverstanden, aber ein kleiner Abstecher in die Einfalt kann nie schaden, vorausgesetzt, man tut es in Maßen. Zumal der Mann meines Lebens ohnehin alles macht: einkaufen, Geschirr spülen, Wäsche waschen, putzen und so weiter . Logisch, denn er lebt allein dort in Südpatagonien, irgendwie muss er ja klarkommen.
Ich habe den Bogen bewusst überspannt mit dieser Einkaufskorbgeschichte, ich wollte eure Aufmerksamkeit testen. Glückwunsch, ihr habt euch nicht täuschen lassen. Denn in unserer Dimorphismusfrage am Beispiel des Einkaufskorbes ist das Problem kein qualitatives, sondern ein quantitatives. Wir fahren fort, jetzt ohne Abschweifung: Im männlichen Einkaufskorb zählt man im Schnitt 5 Artikel (variierend zwischen 1 und 9), im weiblichen dagegen 42,6 Produkte (variierend zwischen 28 und 53,7). Ich möchte euren prompten Einwand gleich parieren: Wir forschen im Supermarkt , nicht auf einem malerischen kleinen Marktplatz mit buntem Angebot, wo derMann in der Tat mit Leidenschaft, ja heroischer Inbrunst stöbert auf der Suche nach verführerischen und poetischen Raritäten wie zarten Frühlingskräutern, kandierten Tomaten, Grünkohl aus dem Libanon ‒ während Frauen dabei eher selten gesichtet werden. Ich spreche also von den Grundnahrungsmitteln, auf denen die gesamte Logistik eines Haushalts ruht und die man nicht in pittoresken kleinen Lädchen erwirbt, bitte merkt euch den Unterschied.
Nun tuschelt nicht hinter vorgehaltener Hand, ich würde haarspalterische Theorien über geschlechtsspezifische Einkaufskörbe in die Welt setzen. Dabei reicht die Sache ja viel weiter, macht die Augen auf, es geht bei dieser Haarspalterei nämlich um die Liebe. Bei der Frau beobachten wir eine dramatische Neigung, möglicherweise eintretende Ereignisse vorwegzunehmen, beim Mann dagegen einen gefährlichen Hang zur Sorglosigkeit. Die in ihrem Wesen negative Vorausschau der Frau verleiht ihr mächtige Phantasie im Ausdenken von Katastrophen und einer Leere, in der ein ganzes Spektrum von Bildern wie Unterbrechung der Lebensmittelversorgung, Rohstoffknappheit, Explosion des Heizkessels, Einsturz des Hauses, Invasion von Insekten, Überschwemmung der Fundamente, Generalstreik, Krieg, Apokalypse herumgeistert . Undgegen solche mannigfaltigen Gefahren bringt die Frau ein beeindruckendes System von Gegenmaßnahmen in Stellung, mit Vorratshaltung und Einsatz von Überlebensstrategien wie Anlage von
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