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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die ganz nach Belieben in Liebe konvertierbar sind. Man schenkt den Ratten eben nie genügend Beachtung, nie. Und dann bereut man es. (Nein, Rennmäuse sind keine Langschwanzmäuse, sie gehören zur Familie der Wühler, ihr seid aber auch unersättlich. Genau, die Wühler haben keinen postorbitalen Knochenfortsatz am Stirnbein.)
    Sicher, wenn wir gewollt hätten, aber nur wenn wir gewollt hätten, hätten wir die Sache auch etwas subtiler darstellen können. Unsere Theorien sind mit der Axt behauen, unsere Konzepte etwas grobschlächtig geraten, stellt euch vor, ich habe es auch bemerkt. Doch es geschah absichtlich, es war sogar unvermeidlich: Glaubt ihr, man könnte zum winzigen Herzen der Schnecke vordringen, ohne dass man zuvor ihr Operculum sprengt? Mitnichten. Das hat sich die Natur so ausgedacht, um uns zu ärgern. Wenn ihr wollt und da wir nun schon mal dabei sind, könnten wir uns vielleicht zwei, drei Minuten Zeit nehmen und dieseSache mit der Liebe etwas verfeinern. Zumal ihr mir auch keinen sonderlich glücklichen Eindruck macht, das Leben der Langschwanzmäuse euch kaum interessiert und die Aussicht auf einen partiellen Rückgang von Panikattacken euch noch weniger bedeutet. Also gut, machen wir uns auf ins Schneckenhaus, aber beeilen wir uns. Und gebt acht, der Weg ist mühsam, schmal, gesät mit ein paar nackten Wahrheiten, die euch schockieren könnten. Wappnet euch mit Mut, ihr werdet ihn brauchen. Sich ins Spiralgehäuse einer Schnecke zu begeben ist nicht jedermanns Sache, aber ihr seid mutig, ehrlich gesagt, sogar etwas großmäulig, also los. Gebt mir mal eine Ameise. Ja, eine Ameise ‒ wie, bitte, hätte Dädalus sonst seinen Faden bis ins Innere eines Schneckenhauses gekriegt? Indem er ihn einer Ameise an den Hintern band, die Griechen waren nicht auf den Kopf gefallen. Ich bin ja weiß Gott kein Feigling, aber ohne Führer geh ich da nicht rein. Wer noch nie eine Schnecke von innen gesehen hat, möge sich die Abbildung im Lexikon anschauen, damit er die Kühnheit unseres Vorhabens begreift. Gebt mir mal die kleine Ameise da, und dann stürzen wir uns rein. Halt, Kommando zurück: Wir stürzen nicht, bloß nicht. Wir schleichen uns im Gänsemarsch hinein, vorsichtig, als würden wir auf Eiern laufen.
    Ihr begreift das Verwirrende der Situation: Wenn Blau akzeptieren soll, auf diese leidige Tür zu verzichten, und Rot, einmal friedlich unter dem Zelt zu verweilen, dann läuft das für beide mehr oder weniger darauf hinaus, sein Blau mit etwas Rot zu mischen und sein Rot mit etwas Blau. Genauso ist es, machen wir uns nichts vor. Im Klartext heißt das, unsere Grundfarbe nach Violett hin zu verändern (vorausgesetzt, man will die Liebe erhalten, und nur in dem Fall, niemand ist dazu gezwungen, darüber sind wir uns einig). Mit anderen Worten, es würde sich um einen Kompromiss handeln, nicht mehr und nicht weniger. Nein, rennt nicht schon wieder zu euren Mikros, gestattet, dass ich euch zuvorkomme. Ich sehe genau, wie ihr mit den Zähnen knirscht. Versucht euch zu beherrschen, wir kriechen durch die Windungen eines Schneckenhauses, jetzt vor allem keine falsche Bewegung. Nach Violett hin zu verändern, anders gesagt, Wasser in seinen Wein zu gießen (der auch violett wird, wie passend), wieder anders, sich mit seinem Gegenüber zu einigen, einen Vergleich zu schließen, nachzugeben, zuzugestehen, mithin das Haupt zu senken, den Rücken krumm zu machen, sein eigenes Ich, sei es blau oder rot, aufzugeben, um am Ende schmählich zu kapitulieren.
    Und schon stürzt alles zu den Mikrofonen, ich habe die Situation kaum unter Kontrolle. Aber wen wundert’s, ihr seid nun mal stolz, ja sogar ein wenig großmäulig, trotzdem muss ich euch daran erinnern, dass wir dicht an dicht durch ein Schneckenhaus schleichen, macht also nicht solchen Krach. Ihr habt euren Stolz, ja, ihr protestiert lauthals, ihr wärt keine Feiglinge, keine Sklaven, keine Schlappschwänze, ein Kompromiss käme nicht in Frage, zum Teufel mit der Liebe und ihrem elenden Lavieren. Ihr reckt die Fäuste, die reinste Meuterei und allmählich schon eine Manie, passt bloß auf, dass ihr die Wände des Schneckenhauses nicht zertrümmert, noch sind wir nicht am Ende der Spirale.
    Nun beruhigt euch schon! Dachtet ihr wirklich, ich lasse euch auf so faulen Kompromissen sitzen? Man könnte meinen, ihr kennt mich nicht. Wir kommt ihr darauf, dass ich euch empfehlen würde, den Rücken zu krümmen? Habt ihr den Verstand verloren? Ich, die ich euch

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